Es schneit aus grauem Himmel. Ich begleite die Enkelkinder vor die Haustür. Obwohl es um 07:10 Uhr noch finster ist, joggeln die beiden aufgeräumt zur Schule. Der Hausmeister schiebt den Schnee von den Gehwegen.
Gerade kommt mir in den Sinn, dass wir dieser Tätigkeit früher je nach Gegend „treibe“ oder „triibe“ (mit offenem i) sagten. Wahrscheinlich von „Treibi“ (Spur) abgeleitet. Ich nehme die Zeitung aus dem Briefkasten.
Während ich in den 16. Stock fahre, erinnere ich mich an die Winter meiner Kindheit. Oft lag morgens Schnee bis über die unteren Fensterscheiben. Die Eltern standen dann noch früher auf als gewöhnlich, um den steilen Weg bis zur Gemeindestrasse frei zu schaufeln, damit wir zur Schule gehen konnten. Dass man im warmen Klassenzimmer auftaute und sich unter dem Stuhl eine Schneewasserpfütze bildete, war unangenehm, aber für die auswärtigen Schülerinnen und Schüler normal. Wollstrümpfe und Schihosen aus dickem Loden sogen unendlich viel Nässe auf. Wer im Dorf wohnte, sass trocken auf dem Stuhl. Auf dem langen Heimweg gefroren die feuchten Kleider dann wieder, und ihr Auftauen, diesmal ohne Kind, fand über dem Sitzofen aus Sandstein statt. So ging es den ganzen, langen Winter über.

Wenn ich jetzt die Arbeitsblätter über Höhlen-, Steinzeitmenschen, Pfahlbauer und Kelten anschaue, welche die Kleinkrähen als Hausaufgaben mitbringen, sind mir diese Jäger und Sammlerinnen (die Archäologin unseres Historischen Museums kann wissenschaftlich hinter der weiblichen Form von „Sammler“ stehen, allerdings nicht zu matrizentrischen Hochkulturen) sehr vertraut.
Wir sammelten Beeren und Pilze, trieben einfachen Ackerbau, hackten Holz, backten Brot, holten Wasser am Brunnen und feuerten sommers wie winters in ein russiges Ofenloch.
Unterdessen bin ich im 14. Stock und schweife immer mehr ab, so, wie man eben in einem Lift abschweifen kann. Irgendwie ging es stets darum, die Familie, die Tiere, „den Geranium“ und besonders unser Essen warm zu halten.

Als ich dann selber eine berufstätige Mutter war, mit Gasherd, aber wenig Zeit, schenkte mir meine Mutter diesen Topf, ein Nachfahre der Kochkiste.

Kochtopf

Ich konnte nun, bevor ich zur Arbeit ging, Gemüse und Fleisch in jeder Form in den Topf geben, würzen, einen Gutsch Wasser (nur wenig) rein, zudecken und 5-10 Minuten kochen. Danach in die Styroporhülle stellen. Alles blieb in Form, schmeckte lecker und war am Abend noch warm.

Unzählige Reisgerichte, Suppen, Kartoffeln und Gemüsehäupter und -stangen habe ich in den vergangenen vierzig Jahren in dieser Pfanne gekocht. Die Wärmehülle aus Styropor wurde einmal von einem hilfsbereiten, aber ahnungslosen Küchenburschen auf die Gasflamme gestellt. Sie sieht übel aus, tut ihren Dienst aber trotzdem noch bestens. Der Topf, Mutter hat damals ihre Haushaltkasse geleert, strahlt in altem Glanz.

Inzwischen bin ich im 16. Stock angekommen. Heute werde ich diese gelben Ditta-Kartoffeln kochen, welche die Kleinkrähen so lieben und die mit Kräuterquark köstlich schmecken.