Als mein Grossvater Johann 1948 an Krebs starb, blieb die Uhr stehen. Grossmutter brachte sie im Laufe der Jahre mehrmals zum Uhrenmacher – vergebens: „Ds Zyt isch bliibe staa“. So hing die Uhr, inzwischen des krönenden Adlers beraubt, einfach stumm vor sich hin. Oft wurde sie gezügelt, an andere Wände gehängt und verlor dabei auch die gedrechselten Tropfen am Gehäuseboden.
Zweiundzwanzig Jahre später holte ich „ds Zyt“ in meine erste Stadtwohnung, gab dem Pendel einen sanften Schubs und – tick, tack … Der fehlende Adler wurde durch eine Hühnerfamilie aus Keramik ersetzt.
Seit über dreissig Jahren tickt die Uhr zuverlässig, wenn sie jede Woche aufgezogen wird. Zahlreiche Kinder haben an ihrem Zifferblatt nicht nur Zeit ablesen, sondern auch die römischen Zahlen gelernt.
Über Grossvaters Herkunft wissen wir nicht viel. Unehelich sei er gewesen, der Sohn einer Magd, die sich wahrscheinlich mit einem Wanderarbeiter aus dem Süden eingelassen habe. Woher kämen sonst die Hitzköpfe in unserer Familie?