Weiler gespiegelt

Letzthin war wieder einmal eine „Wohnungskontrolle“ angesagt. Die Verwalterin, eine energische Blondine in schwarzer Lederkluft, zusammen mit dem ihr untertänigst ergebenen Hauswart (nicht der aus unserer Familie!!) machten einen Gang durch die Blockwohnungen, prüften den Zustand von Tapeten, Bodenbelägen, Kühlschränken, Backöfen und besonders den der Anschlüsse von Wasch- und Geschirrspülmaschinen, welche eigentlich nicht erlaubt, aber inzwischen von der Vermieterin geduldet sind
– „aber auf eigene Verantwortung!!“
In diesem Jahr soll in jeder Wohnung neben dem Dringenden auch etwas erneuert werden, was sich die MieterInnen wünschen
– „natürlich in vernünftigem Rahmen!!“
Da alles Dringende sowieso repariert wird, habe ich keinen Wunsch parat.
„Möchten Sie die Wand in der Küche geplättelt haben?“ schlägt mir Frau Kühne vor und zückt den Notizblock.
„Ja, warum nicht,“ stimme ich zu, obwohl ich mich an die Eternitplatte aus den Sechzigern gewöhnt hatte, welche mit einem Wisch zu reinigen war und nie Anspruch auf strahlenden Glanz hatte.
Ganz anders ist es mit den neunen schneeweissen Kacheln. Sie schreien geradezu nach einem dieser Super-Proper-Sprays, die ich bis jetzt in keiner Reklame beachtete.
Ich sprühe, wische mit weichem Tuch, kontrolliere, indem ich mich seitwärts über den Kochherd beuge, ob irgendwelche Streifen … Nein, spielgelblank und strahlend sauber.
Ohne Kacheln hätte ich einige Seiten lesen können.
Ein Vorteil: Ohne mich umzudrehen, habe ich nun einen malerischen Blick auf den Weiler am Hügel.