Meine Freundin mit bolivianischen Wurzeln weist mich jedes Jahr auf den Día de los Muertos hin. Obwohl wir in dieser protestantischen Gegend mit dem Brauchtum zu Allerheiligen und Allerseelen nicht vertraut sind, nehme ich mir vor, die Gräber der Eltern rechtzeitig von Verblühtem zu befreien, zu jäten und die mehrjährigen Stauden zurückzuschneiden. Mit meinem Schwiegersohn N. fahre ich durchs sattgrüne Köniztäli, wo die Fenster der properen Häuser mit Vorhängen und traditionellem Blumenschmuck umrahmt sind. Schwaze Büffel, Lamas, Schafe und Pferde weiden und allergattig Katzen lauern vor Mauselöchern. Auf der Höhe angekommen, liegt einem eine Bilderbuchlandschaft zu Füssen: strahlend weisse Alpen bis hinein ins Luzerische, die vom ersten Schnee gepuderten Voralpen mit Niesen, Stockhorn, Nünenen und Gantrisch, bewaldete Hügel, der Thunersee, das Gürbetal, durch den Belpberg getrennt vom Tal der Aare.

Dann fahren wir durchs Dorf mit seinen währschaften, zum Teil umfunktionierten Bauernhäusern. Auch hier blüht „dr Granium“ prächtig, drängt üppig farbenfroh aus Kisten und Töpfen. Nicht der heisse Sommer, der milde Herbst scheint seine beste Zeit zu sein. Im Dorf ist nichts los, bis ein älteres Wanderpaar den Eingang zum „Bären“ anstrebt. Über dem Friedhof kreisen zwei Rotmilane. N. entdeckt einen voll behangenen Wallnussbaum darunter ein Teppich von Nüssen. Niemand scheint sich darum zu kümmern. Wie schade! Die „Begönli“ auf den Gräbern sind noch immer in der Überzahl – halt besonders pflegeleicht. In den letzten Salbeiblüten turnen die Hummeln. Auf Mutters Grab blüht der Rosmarin. Ich schneide das Bäumchen etwas zurecht und packe die Zweige ein. Zu Hause werde ich sie in einem Kissenbezug unters Bett legen. N. (2nd2nd, male) und ich räumen Verdorrtes weg, hacken, jäten, pflanzen Silberkopf, Drahtstrauch und Blutblatt, bedecken den Boden mit Weisstannästen. Zuletzt kommt noch die Kerze aufs Grab. Sobald es einnachtet, wird die kleine Flamme dann sichtbar sein.

Inzwischen pflanzen Angehörige noch zwei weitere Gräber neu an, hauptsächlich mit Erika. Diese Stauden werden leider bei anhaltender Nässe schnell braun.

Und wo bleibt bei all dem Werken der VOLLMOND? Laut Kalender soll er sich voll um 22:24:06 zeigen. „Horrifikland“ mit Micky, Goofy und Donald hatte ich schon lange für den Oktobervollmond vorgesehen. Inzwischen beschäftigt uns der blanke Horror der Wirklichkeit.

Lewis Trondheim, Alexis Nesme, Walt Disney : Ed. Glénat, 2019, ISBN 978-2-344-02463-8

Vollmondfotos aus der Blogk-Familie:

Snap von Linda: Vollmond – schon 2 Tage abgemagert – über der Schule Bethlehem

Auf den 28.10.23 von Kaspar, Christine, Nelli