Ich sitze im Café de Paris am Kanal und bin froh über jedes kühle Lüftchen. In ihren Booten schippern die Alten mit orangen und gelben Enkelkindern gemütlich entlang der Fischkutter wahrscheinlich einer Cabane, einer lauschigen Hütte, entgegen. Meine romantischen Vorstellungen von sommerlichem Leben am kühlen Wasser haben sich etwas verflüchtigt, seitdem mir von Hausbootreisenden bestätigt wurde, dass sämtliche Fäkalien, zwar gehäckselt, aber naturrein im Kanal landen. Die Läden und Restaurants klagen über mangelnde Kundschaft: „Trop calme“. Von den Einnahmen der 8 Postkarten und den 20 Meersalztruckli, Bringsel für zu Hause, kann niemand leben. Immerhin geht Kleinesmädchen jeden Morgen in die Boulangerie und kauft Baguetten zum Zmorge und eine für den Strand. Die grösste Anstrengung des Tages ist das Anziehen des Badekleides über den schweissnassen Körper. In Berndeutsch ist es ein richtiges „Schriisse“.

Täglich schleppen wir die ausgebleichten Sonnenschirme ans Meer. Hoffart kann keine betrieben werden, denn Salz, Sand und Wind sagen „wodüre“. Die schönsten Badekleider, Badetücher, Badetaschen verlieren im Nu die Farbe. Eine vielfältigere Gesellschaft von Badenden, als hier an diesem Point des Deltas findet man selten – eine Art ungekämmte Freiheit. Die Kids, braun wie Haselnüsse, haben immer Hunger. Meist wird eine mächtige Wassermelone verputzt, die vom Experten in der Familie vor dem Kauf getätschelt und rundum begutachtet wurde. Ich halte mich im Schatten – siehe braune Henne mit rotem Hut auf dem Bild von Pascaline Mitaranga.

Abends schauen wir in die Sterne, sehen sogar den Umriss des Hingertsivogels namens Zwergohreule, zählen die Fledermäuse und schauen der fetten Spinne zu, welche beim Einnachten an ihren Fäden turnt. Inzwischen werden wir von den Mücken als einheimisch wahrgenommen und kaum mehr gestochen.

Bild: Pascaline Mitaranga