Mo 21 Dez 2020
16-21
Posted by 1st, female under Adventskalender 20 , Kraut und Rüben , Von hier nach dort[8] Comments
In den vergangenen Tagen mochte ich mir kein Adventstürchen ausdenken. Alles schien mir einfach zu trist.
Wir brachten gerade eine Quarantäne zu Ende, bevor wir gleich in die nächste sausten. In den paar Stunden dazwischen kaufte ich mit meinem Schwiegersohn beim Förster einen prächtigen Weihnachtsbaum. Dieser steht jetzt auf meinem Balkon, und wahrscheinlich wird er erst an Silvester geschmückt werden können.
Bei all der behördlich verordneten Distanz hatte ich Zeit, zurück zu blicken auf das Jahr 2009.
Da übernahm ich die Hälfte des Schulgartens in unserem Quartier.
Zusammen mit meiner Familie befreite ich den Platz von diversem Gerümpel, das dort seit Jahrzehnten gelagert war, seis’s über oder unter der Erde, verfaultes Holz, Plastikplanen, Netze, Glasscherben von Biergelagen, diverse Metallstücke, Drähte, Schnüre und von hunderten Ahorn- und Buchenschösslingen. Ausserdem befand sich hier auch das vielbesuchte Klo der Quartierkatzen.
Nach einigen Jahren der Zuwendung und stetigen Pflege sah der oben abgebildete Teil licht und grün aus, sehr zur Freude der Bienen und der Gärtnerin, die regelmässig hier durch die Jahreszeiten in Blogk berichtete.
Eines der beiden Frühbeete, bei uns „Couche“ genannt, vom April 2009.
Im August 2009 bot die Couche diesen Anblick:
2009 war der Eingang zum Garten überstellt mit ausrangiertem Baumaterial. Als der Hausdienst der Schule dann endlich alles weggeräumt hatte,
… war der Weg frei für kleine und grosse Gartenbesucher*innen.
Nach Jäten, Hacken und Giessen wuchsen plötzlich Pflanzen, die lange Jahre ihre Blätter nicht aus dem Boden gestreckt hatten: Rhabarber,
Pfingstrosen, Johanniskraut, Veilchen, die unvergleichliche Gartenmelde…
Ein Teil des Gartens wurde nun regelmässig von den Kindern der Tagesschule zum Spielen genutzt. Natürlich gab es ab jetzt auch einen Platz für die Mitarbeitenden der Schule, wo man in Ruhe eine Zigarette rauchen und ein Gespräch führen konnte.
Auch am Gartenzaun ergaben sich nachbarschaftliche Begegnungen, über welche ich in Blogk immer wieder berichtete.
Ein Spaziergang dem Garten – und allen übrigen Gärten im Quartier – entlang, war für die Bewohner*innen des Altersheims ein Vergnügen. Waren die Beeren reif, wanderte immer wieder ein „Hämpfeli“ in die Hände der alten Leute. Sie freuten sich an der Kleinigkeit und einige erzählten eine Beeren-Geschichte aus der Kindheit.
Manchmal bat jemand um ein paar Samen von dieser oder jener Blume. Es gab auch immer wieder Pflanzen, die bei uns im Garten Asyl fanden, weil sie für den Balkon zu gross geworden waren oder weil niemand sie mehr pflegen konnte. Nicht alle überlebten den Umzug, aber immerhin hatten wir es versucht.
Auf diesem Teil des Gartens konnten wir neben Blumen auch Randen, Blumenkohl, Zuckererbsen, Spinat, Bohnen, Kürbisse und vieles mehr ernten.
Gestern haben wir den Garten für immer abgeräumt. Noch konnten wir nicht für alle Pflanzen einen neuen Platz finden. Den Wetterhahn verschenkten wir einem Nachbarn.
Schulhausabwart und Köchin finden, dass wir „die Schule“ aus dem Garten verdrängen, also müssen wir auf den 31.12.2020 geräumt und den Schlüssel abgeben haben. (Schulhausabwarte in der Stadt Bern bestimmen oft mehr als der Schulleiter.)
„Was soll ich den vielen Leuten dann sagen, wenn sie fragen, weshalb wir nicht mehr im Garten sind?“
Der Abwart: „Sie sagen einfach, dass es wegen des Umbaus der Schule sei.“
„Das werde ich sicher nicht tun.“
Dezember 21st, 2020 at 16:28
Sauerei! – Ich könnte evtl. einigen Pflanzen in meinem wilden Garten Asyl geben, falls erwünscht (allerdings ohne Gewähr, dass sie überleben).Bei Bedarf einfach melden, gell.
Dezember 22nd, 2020 at 16:45
Oje, was für ein trister Jahresabschluss! Zweimal hintereinander Quarantäne und dann noch so einen wunderschönen Garten hergeben, aus dem ihr einen wunderbaren Ort gemacht habt. Das Tor zum Garten finde ich super! Es ist aussergewöhnlich, wie aus einem Western. Will die Schule denn selber „gartnen“?
In diesem häuslich orientierten Jahr war mir das Anpflanzen und Beobachten der Pflänzchen wichtiger als sonst (ich bin eine unbegabte Gärtnerin mit einem grossen und zwei kleinen Hochbeeten auf einem schmalen Rasenstreifen). Letzte Woche fand die „Sitzung“ unserer Quartiergartengruppe statt – wir stellen im Frühling 8 Pflanzkisten auf das Plätzli neben unserem Haus. Ich bin sehr gespannt auf meine ersten Urban Gardening-Erfahrungen. In dem Sinne: der nächste Frühling ohne Covid und mit viel Grün kommt bestimmt! Herzliche Grüsse vom anderen Ende – Granium
Dezember 23rd, 2020 at 16:10
Pflanzkisten sind super. Da gibt es Erfolgserlebnisse auch ohne diesen vielgerühmten, grünen Daumen. Ich bin jedenfalls gespannt auf Nachrichten aus der Kiste.
Ja, der abgeräumte Garten ist schlimm. Die Kinder haben gestern bei ihrer abendlichen Frischluftepisonde im Garten geweint – für mich ein Anblick auch zum Gränne.
Die Schule hat im Laufe der Jahre schon ein paar Anläufe gemacht zu gärtnern. Der Aufwand wurde jedesmal unterschätzt, und die „Projekte“ wurden aufgegeben. Das Kräuterbeet z.B. habe ich dann gegossen und schliesslich auch die Kräüter geerntet, weil das sonst niemand tat. Die Äpfel blieben im Gras liegen und die Werkzeuge zu den Pflanzkisten der Schule verirrten sich in den Büschen ums Haus herum. Ich mache niemandem einen Vorwurf, denn die Lehrer*innen haben einfach keine Zeit für Gartenpflege.
Dass es beim „Rauswurf“ auch mit Ressentiments meinem Schwiegersohn gegenüber – er ist zwar Schweizer, aber nicht Eidgenosse – zu tun hat, würden die Betreffenden wohl abstreiten.
Dezember 24th, 2020 at 15:27
Sauerei! – Ich biete hiermit heimatlosen Pflanzen in meinem wilden Garten Asyl an, inklusive Besuchsrecht. Bei Bedarf einfach melden, gell. Fröhliche Weihnachten!
Dezember 24th, 2020 at 19:24
So schade.
10 Jahre mit Liebe Gearbeitetes in nur einer Woche zerhackt und die Wurzeln zerrissen. Himu trurig.
Dezember 27th, 2020 at 01:48
Ja, das tut weh!!
Einige Pflanzen habe einen Platz bei guten Gärtnerinnen gefunden.
Und, lieber Schwiegersohn, deine Zeit für einen neuen Garten wird kommen.
Dezember 31st, 2020 at 00:34
@Pflanzenfreundin Marianne:
Herzlichen Dank für das Asyl-Angebot! Wir waren wirklich verzweifelt, als es uns der Hauswart sogar verweigerte, die mehrjährigen Pflanzen den Sommer hindurch zu giessen. Wir werden nun zuschauen müssen, wie z.B. das sorgsam gepflegte Schattenbeet verdorrt. Auch die Kletterrose wird’s ohne Waser nicht überleben.
Nun haben wir im Schachen, nicht weit von deinem Garten entfernt, einen Platz für einige Stauden und Sträucher gefunden. Die Kräuter zogen um in einen Familiengarten in der Eymatt.
An der ganzen Misere sind wir selber schuld, denn wir hätten, wie uns der Schulleiter vorschlug, mit einer Flasche Wein beim Schulhausabwart vorbei gehen müssen.
Ich wünsche dir eine gute Zeit und hoffentlich im neuen Jahr viele erholsame Tage in Badeteich und Garten!
Januar 2nd, 2021 at 19:34
Wie traurig.
Aber wenigstens einige schöne Jahre.