Vom Bett aus fotografiert, 18.01.2013 (Foto: 3rd, female)
Als Kind hatte ichs meistens stotzig (steil). Die Häuser, welche meine Familie bewohnte – wir zogen oft um – lagen entweder an einem Hang oder auf einem Hügelrücken. Während der ganzen Schulzeit gings wegmässig jeden Tag bergauf und bergab. Auch auf Schulreisen und Maibummel, Ferien- und Schilagern wurden die heimischen Gipfel gestürmt, meist in unpassendem Schuhwerk, zu langen Schiern, ausgeliehenen Jacken und nicht ideal verpacktem Proviant. So öffnete ich einmal nach einem langen Wackel auf einen bündnerischen Piz meinen Rucksack, in welchen mir Mutter ein gekochtes Huhn – Freiland vom eigenen Hof – eingepackt hatte. Das Dumme war, dass die blecherne Honigbüchse, in welche Beinchen, Flügelchen, Brüstchen liebevoll geschichtet waren, während der Wanderung so heiss geworden war, dass das Fleisch darin verdarb. Dank den wärmeresistenten Apfel- und Birnenschnitzen erreichte ich den Malojapass ohne zu hungern.
Als junge Erzieherin verschlug es mich in den Jura und das Berner Oberland, und ich kam aus den Wanderschuhen kaum mehr heraus. Inzwischen hatte ich mir ein kariertes Hemd, gestrickte Socken mit Zopfmuster und selbstverständlich Manchesterhosen mit verstellbarem Kniebund angeschafft.
Auch in späteren Jahren blieben mir Eggen, Höger und Grate nicht erspart, versuchte ich doch eine Zeit lang – in nun eingetragenen Wanderschuhen – mit einem Bergsteiger Schritt zu halten. Dabei lernte ich einige SAC-Hütten kennen, war immer froh, beim nächtlichen Toilettengang nicht ins Tobel abzustürzen, und Massenlager mit Militärdecken fand ich so richtig hussuse. Einige eindrückliche, ja, überwältigende Orte sind mir in Erinnerung geblieben.
Heute nehme ich sogar auf den Berner Hausberg die Bahn, kanns aber nicht lassen, ab und zu die Berge zu fotografieren, die ich von meiner Wohnung aus sehe. Verschneit vor klarblauem Himmel sind sie einfach wunderschön. (Fotos vom 23.01.2013)
Bei mildem Wetter wurden die letzten Spuren der Adventsfenster im Quartier beseitigt, Lichterketten, kletternde Chläuse und Sterne abgehängt, Krippen, Lichterbäume, Rentiergespanne und Kugeln wieder eingepackt. Besonders üppig wird jedes Jahr der Glöggliweg geschmückt. Die Reihenhäuschen: ein einziger Outdoor-Adventskalender, der strahlt, blinkt und glitzert bis zum Dreikönigstag. Nun ist der Weg des nachts wieder dunkel. Der Stern über dem 20. Stock wurde vom Hausmeister und seinem muslimischen Freund eingeholt.
Auch unser Baumschmuck liegt wieder verpackt in Seidenpapier im Keller.
Heute ist der 6. Todestag meiner Mutter. Sie hat uns Kinder mit ihrer Fürsorge oft fast zur Verzweiflung gebracht. Erst in ihren letzten Lebensjahren fing ich an zu begreifen, dass sie, aufgewachsen als Verdingkind, sich vor nichts mehr fürchtete, als vor Trennungen. Daneben war sie eine tapfere Frau, die sich nicht scheute, sich mit den „Oberen“ anzulegen. Ihre Fantasie war grenzenlos. Mit beinahe nichts verschönte sie unser meist sehr bescheidenes Heim. So hing lange Zeit eine Blumenzeichnung, rote Ölkreide auf gebrauchtem Packpapier, in unserer finsteren Küche und ihre Geranien, so gegen 200 an der Zahl, schmückten Sommer für Sommer Fensterbänke und Laubenlehnen. Unvergessen sind Mutters Bemühungen, uns Mädchen auch ab und zu etwas Modisches zu kaufen. Als ich mit der Schule in die Oper gehen durfte, lieh sie mir ihre Sonntagsstrümpfe, flickte die Naht an meinen besten Schuhen mit feinem Bratenzwirn, schwärzte diesen mit Schuhwichse ein und ich trug Sorge, dass ich einigermassen gestrählt und poliert in der Stadt ankam. Die Zauberflöte wurde aufgeführt. Leider mussten wir bei „Wir wandelten durch Feuersgluten“ das Theater verlassen, da das letzte Postauto auf den Langen Berg den Schlusschor der Priester nicht abwarten mochte. Es sollte noch viele Jahre dauern, bis ich die Zauberflöte in eigenen Strümpfen, ungeflickten Schuhen und in voller Länge geniessen konnte.
Heute fand ich in Mutters Notizen den oben abgebildeten Zettel. Sie war nie in der Oper, besass nie einen Fernseher und hörte kaum Radio.
Obwohl es Bindfäden regnet, sind Jung und Alt zum Glockenkonzert auf den Münsterplatz gekommen.
Neben Staub und ungebügelter Wäsche habe ich viel Unerledigtes ins neue Jahr herüber genommen und nur wenig gute Vorsätze gefasst. Schaue ich auf das vergangene zurück, muss ich sagen: es war ziemlich durchzogen, wie die Speckseiten aus meiner Jugendzeit auf dem Land. Durchzogen seien sie ebenrecht, meinten die Eltern. So will ich nicht klagen und hoffen, dass wir alle das neue Jahr mit Zuversicht anpacken können.
Verharren Sie nicht, geben Sie nicht auf. Gehen Sie weiter! Mit jedem Schritt vorwärts wird es heller. Am Tunnelende ist das Licht. Hell, warm, freundlich.
Das ist ein Ausschnitt aus der Neujahrsansprache 2000 des Bundespräsidenten Adolf Ogi. Sie sei mutmasslich die beste des Jahrtausends (Der Bund, 31.12.2012, S. 32). In einem Interview sagte Ogi, seine Frau habe ihm geraten, doch einmal ansprachemässig etwas völlig anderes zu machen.
Sollten Sie sich vorgenommen haben, im neuen Jahr Strom zu sparen, tun Sie es (auch) beim Eier kochen!
Ein frohes, gesundes und interessantes neues Jahr!