… ist dem andern sin Nebelmeer.
Im „Tannligarten“, der Baumschule im Wald auf den Langen Berg, nehme ich einen Bund Weisstannenäste und werfe das Geld in die Öffnung an der Hüttenwand. Noten können mit dem an einer Schnur befestigten Racletteschaber durch den Schlitz gestossen werden.
Es ist Zeit, die Gräber der Eltern einzuwintern – vor dem ersten Advent und auch, um den guten Ruf zu wahren. Das Dorf ist wie ausgestorben. Trotzdem bin ich froh, wenn sich meine Enkel schleunigst auf dem Friedhof in Sicherheit bringen, denn hier werden die Autos und Traktoren täglich mit Hafer gefüttert, so dass sie oft unverhofft aus einer Einfahrt ausbrechen und in rasendem Tempo durch die Strassen brausen.
Während über der Stadt seit Tagen eine Hochnebeldecke hängt, sich in den Tälern hinauf zum Berg die Nebelschwaden wälzen, breitet sich unterhalb des Dorfes …
… mit seinem Friedhof …
… ein wattiges Meer aus.
Mein Schwiegersohn und ich schneiden die Lavendel-, Minzen- und Thymiansträucher auf den Gräbern zurück, räumen Verdorrtes ab und stecken eine Decke aus kleinen Weisstannenästchen in die Erde. Zuletzt legen wir einen Kranz aus verschiedenen Zweigen mit kleinen Zapfen und eine roten Grabkerze darauf. Die Kinder kommen zurück aus der Kirche, erzählen, dass sie drei Lieder gesungen, dazu natürlich die Mützen abgenommen hätten.
Noch ein Blick übers Nebelmeer zu den Alpen,
und bald schon haben wir den Hochnebel wieder über uns.
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Sie erzählte, wie gemütlich das Hasenleben hinter der Mauer war. Die Soldaten waren extra dazu da, um auf sie aufzupassen, damit sie kein Auto überfahren konnte. Wenn sie ein Butterbrot übrig hatten, warfen sie es den Hasen hin, und manchmal hatten sie auch ein paar Karotten. Natürlich war die Küche nicht so gut, wie in Wien, sagte Mimi, aber dafür hatte man hier seine Ruhe.
… bis eines Tages, mitten in der Nacht, ein ungeheurer Krach losging. Auf der ganzen Hasenwiese trampelten Hunderte von Menschen herum, und alle schimpften auf die Mauer. Sie hatten Hämmer und Bohrer dabei und fingen an, die Mauer kaputtzumachern. „Was ist los?“ fragte Esterhazy. „Die Mauer muss weg!“ riefen die Leute.
Aus: Esterhazy. Eine Hasengeschichte
Irene Dische / Hans Magnus Enzensberger / Michael Sowa
Published by Sauerländer, Aarau, 1993
ISBN 10: 3794136160 / ISBN 13: 9783794136162
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Achtzehn neue Schlüssel müsste er nachmachen lassen, wollte er das aufgebrochene Schloss ersetzen. Da stecke er vorläufig nur ein Stöpselchen rein, damit die Tür nicht offen stehe. Walter ist deprimiert. Jahrelang passierte nichts Schlimmes und nun gleich zweimal ein Einbruch in den Geräteschuppen auf dem Kompostplatz. Es wurden ein Gertel (Hippe) und ein Vlies gestohlen. Den Gertel könne er vergessen, meint Walter, denn damit könne man stemmen, schlagen, schneiden – ein vielseitiges, gäbiges Werkzeug eben nicht nur für ihn. Das Vlies zum Abdecken seiner Kompostwalme suche er noch in der Umgebung. Könnte ja sein, dass die Diebe es in die Brombeersträucher geworfen hätten.
Auch die Platzger erhielten Besuch von den bösen Buben. Ihr Häuschen am Waldrand wurde aufgebrochen und im Innern aufs Gröbste verwüstet. Sie machten auch vor den Kalten Platten nicht Halt, welche die Platzgerfrauen für das jährliche Kompostgruppen-Essen vorbereitet hatten, schütteten u.a. Öl auf den Boden und zerschnitten den Gartenschlauch.
Leider erhielt auch mein Garten einen nächtlichen Besuch. Der Zaun wurde aufgeschnitten (mit dem Gertel?) und die Tür zum Geräteraum aufgebrochen (mit dem Gertel?). Gestohlen wurde nichts. Wahrscheinlich stieg einer der Diebe über das hohe Holztor und fiel auf die Steinplatten – Blutspuren.
„Schade, dass diese Gemeinschaftsorte kaputt gemacht werden, aber wir dürfen einfach nicht aufgeben“, sinniert Walter. „Es bleibt zu hoffen, dass die Diebe an Kleinem nicht für Grösseres üben.“
… so, wie Barbapapa seine weitgesuchte Barbamama liebte, als diese dann aus dem heimischen Boden spross.
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