April 2015


Juli 1998

Fall in keinen tiefen Graben,
stochre in kein Wespennest!
Tiger, welche Eile haben,
halte nicht am Schwanze fest!
Lass noch manches andre bleiben,
doch vergiss nicht – ab und zu –
mir eine SMS zu schreiben.
(nach Josef Guggenmos)

Mein lieber erster Enkel
deine Lego-Piratenschiffe waren einfach superschön, mit dir Pokémonkarten zu sammeln – die Schulkinder bewunderten meine Pikachu-Ohrenringe – ein grosses Vergnügen, und erst die Paninibilder, die Spiele mit Zizou bis zum Ende, die erfolglose Suche nach einem bestimmeten Fussballtricot, die meterlange Zeittafel für Parasaurolophus, Triceratops, Diplodocus & Co., die Fossilien, die Rätsel des Weltalls, nicht zu vergessen die Ritter und die zahlreichen Begehungen der Stadtmauer mit Proviant für die Rast in den Wehrtürmen, die dicken Bücher, die Musik zum Teil aus dem reichen Fundus der Eltern und deren Eltern, der Flamenco und die Gitarre, die zeitraubende Wahl eines Bully-Spieltieres und der Unterschied zu Schleich, das erste Wischen nach rechts im April 2010 und dann die gemeinsame Reise nach Amerika – einfach unvergesslich. Merci 1000!

Alles Liebe und Gute zu deinem neuen Lebensjahr wünscht dir deine Grossmutter

Zum Kern

Die Frau mit (Ohrenstöpseln) steht hinter dem Küchenfenster und schaut zu, wie der Mann (ohrenstöpselfrei?) mit der Kernbohrkalaschnikow die Betonwand attakiert.
(Um die Isolationsplatten zu befestigen, braucht es über tausend solcher Angriffe. Der ganze Block ist verlöchert.)
Die Mauern erzittern.
„Ds Zyt“ (die Wanduhr) zwischen den Bücherregalen stolpert dabei über die einige Zahnrädchen und geht inzwischen 25 Minuten vor.

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Heute sind es 27 Paar Socken und 15 Einzelpilze
(Die Machine hat 15 gefressen)

Bärlauch hat laut Orangem-Riesen-Magazin ca. 56 kcl
(Achtung, es könnten auch beinahe 57 sein)

Im oberen Teil des Okawango sind 6’000 Quadratkilometer permanent überflutet
(der untere Teil je nach Saison)

Die Postkarte aus Malacca, Malaysia, war 27 Tage unterwegs
(Merci Marwa und Christine)

Bei umfassenden Sanierungen ist es den Vermietern erlaubt, 50 bis 70 % der Investition durch Mietzinserhöhungen auf die Mieter zu überweisen

Die Spargelravioli mit gemischtem Salat kosten heute Fr. 10.90 und der Manhattan Nagellack Fr. 4.40 statt 5.90
(Zeit, sich wieder den Nagel der grossen Zehen zu lackieren)

28 von 900 (oder mehr?) Flüchtlinge haben heute ein weitere Katastrophe überlebt

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Sonntagmorgen

(04.2015: Sonntagmorgen in der Camargue: Vorbereitung zur Ferrade, ist längst nicht mehr nur Männersache.)

„Mach‘ es wie die Sonnenuhr, zähl‘ die heitern Stunden nur“, schrieben wir uns früher in die Poesiealben. In blogk überwiegen die heiteren Stunden, obwohl die anderen, über die wir aus verschiedenen Gründen nicht schreiben können, uns täglich beschäftigen.
(Im Moment sind wir daran, einige tausend Franken Anwaltskosten von etwas Unheiterem abzubezahlen).

Deshalb hier noch einmal ein paar erfreuliche Impressionen aus dem Süden von Montélimar:

Die Billetzange beisst sich nur ungern durch die währschafte Fahrkarte aus der Schweiz. Madame La Chauffeur reisst am Papier und verzichtet auf ein sauber geknipstes Sternchen. Der regionale Bus von Nîmes ist voll besetzt. Es ist Feierabend, und wir sind die einzigen Touristen. Auch hier scheint es „feste“ Plätze für die Stammpassagiere zu geben. Viele besetzen zwei Sitze. Fährt man die drei Dutzend Kreisel in den Süden, braucht es einen starken Magen, dafür bekommt man so einiges von der Landschaft und den täglichen Sorgen der Leute mit.
Am kleinen Bahnhof ist der Taxistand, wie auch im Sommer, verwaist. Der Bahnhofvorsteher weiss auch nicht, wie man zu einem Taxi kommt, habe er doch nur eine interne Linie. 2nd2nd, female lässt nicht locker und macht dem Mann klar, dass sie mit ihren kleinen Kindern an seinem Schalter kleben bleibt, bis … So kurz vor Feierabend wäre das lästig. Ungern ruft der Bedrängte endlich Taxifahrer Fred an, lässt kurz darauf den Rolladen der Eingangstür herunter, denn bis morgen Vormittag ist kein Zug mehr zu erwarten. Von Fred hören wir dann, dass der Stationsvorsteher gegen seinen Willen in dieses Kaff versetzt wurde, weg von Freundin und Kind, der Arme. Natürlich haben wir nun mehr Verständnis für den Griesgram.

Der Frühling in der Camargue ist richtig lieblich. Alles blüht und ist grün, die Pferde sind noch schneeweiss, denn sie wälzen sich noch im frischen Gras und nicht im Sommerstaub, die Mauern der Häuser werden frisch gestrichen, die Kleider der Heiligen Sarah sind neu arrangiert. Der Pater bittet nach der Messe um einen Obolus, da niemand anderes als die Gemeindeglieder die Kirche am Laufen hielten. Klar lasse ich mein ganzes Kleingeld in den Opferstock scheppern.
Die Leute kaufen Geranien und Petunien auf dem Marché aux plantes. (Ich halte mich nur mühsam zurück mit Kaufen. Es ist chez nous noch zu kalt zum Anpflanzen. Die Gärtnerin versteht das, denn ihr Bruder wohnt im Wallis.)

Die Wasservögel werden noch nicht von den Autoschlangen vertrieben und lassen sich geduldig beobachten, recken lange Hälse, stelzen auf dünnen Beinen, picken mit feinen Schnäbeln, segeln elegant über dem Brackwasser. Der Bac-du-Sauvage-Fährmann erlaubt den Kindern, die Kleine Rhone in seinem Steuerkabine zu überqueren.
Was das 5-Stern-Hotel Bellevue Palace in Bern bei seinem Afternoon Tea nicht zustande bringt, ist im Beizli am Strassenrand im Nu zubereitet: ein duftender marokkanischer Tee mit frischer Minze im Glas. (Bellevue: eleganter Teekrug mit geschmacklosem Teebeutel in heissem Wasser. Es kommt auch vor, dass der Teebeutel fehlt;-))

Der Frühling ist für die diversen Camargue-Mücken eine herrliche Zeit. Begeistert besuchen sie unbedeckte Haarschöpfe, Ohren, nackte Arme und Beine und nehmen auch mit einer Stirne vorlieb. Sie lehnen jegliche Freundschaft ab und sind immun gegen gute Gedanken, also doch Antibrumm.
Ich hoffe, es gibt diese Blutsauger noch sehr lange, denn sie verhindern den Bau von Golfplätzen und Hotelanlagen äusserst wirkungsvoll.

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Aus den Reisenotizen vom 30. Juli 2014:

Vor drei Wochen hat ihn der Stier an der Wange erwischt, vorher bohrte sich das nadelspitze Horn auch schon mehrmals in Oberschenkel, Waden und hintere Backen. Letzthin ist er vom Pferd gestürzt, denn ein Manadier lebt sehr, sehr gefährlich.

Um etwas von diesem unbekannten, wilden Leben in einem wilden Landstrich zu erfahren, steigen wir heute in den Safari-Jeep mit Eric am Steuer.

Safarijeep

Unter den Sitzen liegen Büschel von getrockneten Kräutern.
Wahrscheinlich brauchen Erics schwarze Kühe davon ab und zu einen „Trauch“ (Trank) gegen den Ärger, immer wieder an diesem einfältigen Toro piscine mitmachen zu müssen. Eric schiebt seinen Filzhut lässig aus der Stirn, hält kurz bei den äsenden Flamingos im Etang, gibt flott Gas Richtung Aigues-Mortes. Wir klammern uns an die Verdeckbügel des Geländewagens, holpern bald in hohem Tempo durch den Tour Carbonnière, um dann mit scharfem Stop zwischen Feigenbäumen und Distelstauden anzuhalten.

Sperrmüll romantisch

(Sperrmüll romantisch)

Muell im Baum

Am Canal Vieux Vistre in Unkraut und Unrat versteckt befinden wir uns auf einer heruntergekommenen Mas. In einem Schuppen auf wackligem Tisch, liegen die angekündigten regionalen Spezialitäten: bröckelde Kuchenwürfel auf fettigem Papier, einige Wurstscheiben, Schnaps in Plastikbechern. Wer will, kann hier Camargue-Reis kaufen.

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Produkt vom Karfreitag

Ostereier auf Mais in marokkanischer Schale.
Wir wünschen allen ein frohes Pessachfest!

„Alles ist parat, sogar vier Probeeier in den momentan erhältlichen Farben gefärbt. 2nd2nd rechnet mit 300 Eiern, da die Jungfärberinnen nun nachgewachsen und auch sehr produktiv sind.“

Das ist die Nachricht, die mich morgens um 06.00 aus dem Block erreicht. Karfreitag ist ein guter Anlass für eine Momentaufnahme der blogk-Sippe:

1st, female, die Schreiberin der Nachricht, ist emsig wie eh und je, auch wenn sie ihr Arbeitsleben vermisst und all das Gartnen, Kochen und Backen, das Bereitstellen und Unterstützen sowie das ewige Integrieren nicht immer anregend findet. Aber was will sie schon machen? Die Anpruchsgruppen sind nun mal definiert und ab und zu ein Match auf Grossleinwand im Pub oder eine Diskussion im Café Littéraire liegt trotz allem drin.

2nd, female ist beruflich wie privat absorbiert mit der Begleitung der heutigen Jugend. Zuweilen ist sie unzufrieden, vor allem weil sie zu wenig vor die Türe und kaum zum Lesen kommt. An manchen Tagen hält sie die Integrations- und Integriermöglichkeiten für ausgeschöpft, an anderen hat sie neue Ideen dazu. Dass der Kompetenzunterricht ein Thema wird und die Finnen – die Vorbilder – ganz ernsthaft die Fächer abschaffen, motiviert sie, noch etwas in der Schule zu bleiben.

2nd, male ist wie immer beruflich eingespannt, die liebste Freizeitbeschäftigungen bleiben Küche, Literatur und Sprachen. Ausser dem Kochen lässt sich alles wunderbar mit Reiseberuf verbinden, gerade wenn es sonst an Herausforderungen mangelt, weil die Kundschaft halt nicht immer jede Veränderung mit Palmwedeln und Freudestrahlen begrüsst, sondern bremst und hemmt und trötzelt. Vielleicht kommt irgend einmal noch ein Flugausweis zu den vielen Motoren-Permis.

2nd2nd, female ist von uns die Vielseitigste. Als Heilpädagogin, Mutter, Präsidentin des Quartiervereins, unerschrockene Kämpferin für Recht und Gesetz auch im Ghetto, Werberin für Bern-West und für Veränderung im Kleinen wie im Grossen, in der Wohnung wie im Schulzimmer, hat sie permanent Hochsaison. Es sind der Herausforderungen viele und leider manchmal auch der Tragödien. Es ist ein gutes Umfeld nötig, um diese Belastungen auszuhalten und ich glaube, sie ist mit unserem ganz zufrieden.

2nd2nd, male hat als Hausmeister soeben stolz den höchsten Gerüstbau Berns begleitet und seine multikulturelle Bewohnerschaft wie immer gut im Auge. Der hier im Blogk geschilderte schwere Anfang in dieser Funktion ist vergessen, die Menschen können sich ihren Block ohne ihn nicht vorstellen. Seine Landsleute aus der Schweiz und aus Kosovo verhalten sich respektvoll, wenn ihre psychische Stabilität das zulässt (und sie nicht zu seiner Blutsverwandtschaft gehören). 2nd2nd, male ist aber auch ein Hausmann. Er versenkt jeden Morgen gesundes Znüüni in passenden Tupperwares und unterstützt die Kinder bei allem, was sie wollen, können und müssen, von Mobilität über Sport bis hin zur Hygiene. Zudem ist er ein treuer Chauffeur von 1st.

3rd, male hat sein dreimonatiges Praktikum in der Psychiatrischen Anstalt gut gemanagt und auch sonst alle seine Prüfungen an der Hochschule bestanden. Seinen baldigen Geburtstag feiert es hauptsächlich unsertwegen, er steht nach wie vor nicht gern im Mittelpunkt, obwohl er viele gute Freunde hätte zum Feiern. Aber die 20 gefällt ihm, er meint, er sei froh, den Teenager los zu sein. Er hat eine von uns allen geschätzte Freundin, die kurz vor der Abschlussprüfung als Pflegefachfrau steht und dann auch gleich mit dem weiteren Studium beginnt. In seiner Freizeit organisiert 3rd Treffen für Metaller, die erfolgreich und stets ausverkauft sind, auch dann, wenn sie in Höhlen stattfinden.

3rd, female beendet bald die Basisstufe und steigt ein in die normale Volksschule, worauf sie sich sehr freut. Der Schulort liegt viel näher und gerade das entspricht ihrem grossen Bedürfnis nach Selbstständigkeit. Singen, tanzen, schauspielern und zeichnen sind vordringliche Beschäftigungen für sie und ihre exzellenten geografischen Kenntnisse sowie ihre permanente Umsicht beeindrucken Lehrpersonen und Familie. Sie bleibt eine begeisterte Schwimmerin und wird die Saison bestimmt in den nächsten Tagen eröffnen. Zusammen mit ihrem Bruder besucht sie neu die Albanischschule, was sie wirklich sehr zu interessieren scheint. Sie ist nicht besonders gelassen, dafür enorm engagiert.

2nd3rd, male ist der Coolste von allen, er regt sich selten auf und behauptet sich und manchmal auch falsche Dinge voller Selbstvertrauen. Weil er ziemlich schlau ist, durfte er zum Test, überspringt nun zwei Stufen und besucht ab Sommer mit seiner Schwester die 3. Klasse. Als Ausgleich lernt er von seiner Grossmutter Gartenarbeit und von seiner strengen Albanischlehrerin schnurgerades Schreiben. Er ist ein begeisterter Fussballspieler und liebt alles, was ihn schneller macht, v.a. Roll- und Schlittschuhe.

So, jetzt gehe ich ins Orgelkonzert und danach Eier färben. Dazu mehr demnächst in diesem Theater.

In den Geissenblumen

Geweckt werden die April-Schlafmützen im Block durch ein leichtes Vibrieren, das an den Betonwänden herauf steigt. Es ist 07:17 Uhr und die Arbeiter setzen vorsichtig die Bohrer an, um zu den Kernen des Hauses vorzudringen. Wer nun seine Ohrstöpsel noch nicht in Form geknetet und gesetzt hat, wird auf der Stelle bis ins Gehirn und hinunter zu den Zehen gepackt, durchgeschüttelt, aufgefressen von einem infernalischen Gedröhne. Da gibt es nur Ausreissen und Fliehen.
Eine eisige Kälte hat den Sturm abgelöst. Es fängt an zu regnen. Trotzdem machen wir uns nach dem Mittagessen auf, um frische Gräser, Blätter und Blumen zu suchen, denn morgen steht das Eierfärben an. Wir begegnen keinem einzigen Hundekot. Wahrscheinlich haben die geliebten Vierbeiner bei dieser Kälte und dem Sturm zu Hause ins Kistchen gemacht.
Die Kräuter sind sauber. Wir werden pflotschnass, aber wir Frauen bleiben dran, jagen nach Seltenem. Nicht jedes Löwenzahnblatt findet Gnade vor unseren kritischen Augen. Wer Geduld hat, bringt auch ein zartes Gänseblümchen aufs Ei.

Gras und Blatt

Da das karfreitägliche Färben nach vielen Jahren nicht weniger, sondern erfreulicherweise immer mehr Freunde und Bekannte begeistert, mussten wir „auslagern“. Wir sind nun im Gemeinschaftsraum des Quartiers, wo es auch genug Platz für die Kleinen und ihre Kegel hat. Ohne die Hilfe meiner Kinder könnte ich nicht alles so schön und praktisch vorbereiten. Danke!!

Parat

2nd2nd, female hat vor sechs Jahren angefangen, ein Gästebuch zu führen. Es gibt sicher wichtigere Statistiken, aber an ihren Aufzeichnungen können wir sehen, wie sich unser Leben im Quartier entwickelt.

Sude

Wir färben mit Naturfarben. Hier links hinten ein besonderes Rot, vorne links ein intensives Blau, hinten rechts die wohlriechenden Zwiebelschalen und vorne rechts ein feines Gelb.

Farbprobe

Ich mache eine Farbenprobe, damit die „neuen“ Färberinnen und Färber sich ein Bild von den Suden machen können.
Nun ist alles bereit, auch fürs sogenannt „leibliche Wohl“ ist gesorgt.
Morgen um 11:00 Uhr öffnen wir die Tür.