September 2015


Albert mit Marie

“ … das war leider letzte Nacht, Mademoiselle, aber ich rechne Ihnen gleich aus, wann’s den nächsten Blutmond gibt.“

Bild: Quint Buchholz

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Ahornblatt

„Kuckuck, Kuckuck ruft’s aus dem Wald, lalalalaalalalalalalla, Frühling, Frühling wird es nun bald“, singt eine Grossmutter in das Schaffell eines Kinderwagens. Sie trägt bereits Winterliches, schiebt den Wagen entlang des Beckenrandes.
Ich steige die Treppe hinunter und lege mich rücklings ins glitzernde Wasser – bei 14° niemals Brust voran! Die Frau erzählt mir, dass sie sich gestern noch in den Zugersee gewagt, aber nur sehr kurz, da ihr die Zehen abzufrieren drohten. Ich entferne mich Zug um Zug. Die Sonne scheint mir warm ins Gesicht. Eine feine Biese kräuselt das Wasser, auf welchem schon einige Herbstblätter schaukeln.

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auspacken

(Foto 2nd2nd, female: Unsere Block wird nach und nach wieder ausgepackt. 17.09.15, 07:33)

Man erwacht von einem leisen Klopfen – es Chlöpferle – welches über die Hauswand empor hüpft. Direkt hinein schlüpft es einem ins halbwache Ohr. Man schmeisst die Bettdecke an die Wand, verriegelt das Fenster, zieht die Voränge zu, taumelt ins Bad, stülpt sich die Ohrenschützer über, gerade noch rechtzeitig, bevor ein infernalischer Lärm schutzlose Menschen und Tiere zusammenfahren lässt. Der grosse Zeiger meiner Wanduhr überspringt vor Schreck 13 Minuten. Heute fressen sich wieder einmal Kernbohrer durch den Beton. Die Balkonbrüstungen werden durch ein Geländer erhöht: acht Löcher pro Balkon (300 X 8). In den unteren Stockwerken montieren die Schreiner die neuen Fenster. Das gibt ein dumpfes, hohles Bohren, weniger hämmernd, dafür anhaltend. Die Elektriker montieren die Brandmelder: ein hohes Sirren bis ins Gehirn. Über, neben und unter meinen Fenstern werden seit Wochen Aluhalterungen für die Isolierplatten angebracht. Ein scharfes Raspeln, das sich keinen Deut um Ohrenschützer kümmert.

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Auf dem Markt treffe ich Ida. Eben hat sie zwei Äpfel und einen Topf Herbstaster eingekauft. Ich grüsse nur kurz, weil ich weiss, dass die alte Frau um diese Uhrzeit immer in Eile ist, denn um halb Zwölf wird im Spittel gegessen. Heute hat sie Zeit für einen Schwatz, was mich erstaunt. „Weisst du, ich melde mich anfangs der Woche jeweils für einige Mittagessen ab. Das gibt mir einfach mehr Freiheit.“ „Dann hast du Zeit für einen Kaffee?“ frage ich. Zielstrebig schiebt Ida den Rolator durch die Gasse. Sie weiss, wo es die beste heisse Schokolade der Stadt gibt. Das sei dann ihr „Zmittag“.

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Die Zahl der Wahren und Mutigen (Aline Trede, GPS) in der Schweiz steigt.
Welche weiteren Einsatzfelder sollen für die jährlich über 33’000 jungen Männern (à 260 Diensttage) zusätzlich erschlossen werden, damit sie ihren Zivildienst leisten können?
Z.B. die Schule.
„Geit’s no!“ rufen die Rechten, „sollen wir für Pausenäpfelverteiler, Schnürsenkelbinder und Nasenputzer ein Gesetz revidieren und gutes Geld ausgeben?“ Besser, einfacher, billiger erhöhe man die Hürden zu diesem Schoggijob: grössere Leistungsansprüche, längere Dienstzeit, reduzierter Sold, damit der Militärdienst nicht noch weiter geschädigt werde. Im Mai 2015 lehnte der Nationlrat diesen Schuleinsatz ab.

Vor zwei Wochen wollte sich unser Bildungsminister vor Ort ein eigenes Bild zu Zivis in Schulen machen und kam mit seiner fachlichen Entourage in Berns Westen. Da mangelt es nicht an ausländischen Namen, Migrationshintergründen und Störungen jeglicher Art. Hier sind auch schon Zivis im Einsatz.

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Ihr Hilfswerk hat keinen Namen. Ihre Reisen bezahlt sie aus der eigenen Tasche. Kosten für die Administration fallen kaum an. Vom 11. Stock eines Hochhauses in Berns Westen leitet Elizabeth Neuenschwander mit ihren 85 Jahren drei Schulen (zwei Drittel sind Mädchen) und ein Frauenzentrum in Afghanistan und Pakistan. Jeden Samstag – bei niedrigem Telefontarif – spricht sie mit ihrer Assistentin in Kabul, welche ihr wöchentlich auch einen Bericht zu den Projekten per E-Mail sendet.
Mindestens zweimal im Jahr erhalten die zuständigen Botschaften in Genf einen unerbittlichen Besuch von der zierlichen alten Frau. Ohne ein gültiges Visum wird sie das Gebäude nicht verlassen. Das weiss mann aus Erfahrung

In diesem Monat ist es wieder soweit. Die Reise geht nach Kabul, wo Frau Neuenschwander sich mit der Leiterin des Frauenzentrums und dem Leiter der Schulen treffen wird, zur Sicherheit in einem Privathaus. Und natürlich wird sie dabei sein, wenn die Absolventinnen des Nähkurses ihr Diplom erhalten. Wer zwei Jahre fleissig gelernt hat, bekommt neben einem Diplom die Nähmaschine geschenkt.

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