Vor Vollmond II

23.06.01:42:48

Tous les plus éminents savants de la terre
Pensent qu’elle est faite de roche et de pierre.
Mais, il ne faut pas croire ces bonimenteurs
La lune est une crêpe au beurre. Yeah !

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Schritt für Schritt werde ich von Frau F. am Schalter durch die Erstellung eines neuen Passes geführt. Sie müsse den alten entwerten, lochen und hoffe, dass sich kein noch gültiges Visum darin befände. Adresse und Personalien werden geprüft. Stimmt die Grösse von 168 cm noch? Möchte ich zum Pass auch eine Identitätskarte? Gleich könne ich in die Kabine, indem ich den Vorhang in der Mitte (gekennzeichnet mit schwarzen Streifen) öffnete. Ich sähe dann einen Bildschirm mit meinen Daten, könne diese kontrollieren und dann linker Hand auf dem Kästchendisplay wie gewohnt unterschreiben.
Beim Eintritt ins Kabäuschen finde ich alles wie eingeführt säuberlich vor. Ich kontrolliere, unterschreibe und werde von aussen angewiesen, nun beide Zeigefinger auf das Kästchen mit dem grünen Licht zu halten. Scheint einfach, aber die Lämpchen am Apparätchen zwinkern abwechselnd orange und rot. Gebe ich zuviel, zuwenig Druck? Das Fingerauflegen muss ein paar Mal wiederholt werden, bis Frau F. endlich den linken Zeigefinger einscannen kann. Der rechte ist zu abgewetzt vom vielen, vielen Buchseiten umblättern, ein spurensicherungssicherer Finger also. Der rechte Mittelfinger, obwohl vom jahrelangen Schreiben ein bisschen verzworgelt, liefert dann den vorgeschriebenen Abdruck. Frau F. versichert mir, dass genau hinterlegt sei, dass es sich bei der rechten Hand um den Mittelfinger handle. So hätte ich dann sicher keine Probleme bei einer eventuellen Einreise in die USA. Mit falsch registrierten Fingern gehe da gar nichts. Nun noch das Foto ohne die Zähne zu zeigen. Ich muss auf die roten Punkte vor mir schauen und – schwipp – erscheint mein Gesicht auf dem Bildschirm vor mir: grauenhaft, richtig depressiv schaue ich aus. Wahrscheinlich von den zahlreichen vergeblichen Fingerscannversuchen – was solls. Frau F. ist zufrieden. Beinahe sind wir Freundinnen geworden. In zehn Tagen würde ich das Dokument eingeschrieben zugeschickt erhalten.
Mit einem handgeschriebenen Zettel mache ich mich auf zur Kasse, bezahle Fr. 145.- und lasse mich vom Lift (Achtung, Türe öffnet sich auf der Rückseite) hinunter ins Schneegestöber tragen.

Sonnenaufgang 16.01.2013

Vom Bett aus fotografiert, 18.01.2013 (Foto: 3rd, female)

Als Kind hatte ichs meistens stotzig (steil). Die Häuser, welche meine Familie bewohnte – wir zogen oft um – lagen entweder an einem Hang oder auf einem Hügelrücken. Während der ganzen Schulzeit gings wegmässig jeden Tag bergauf und bergab. Auch auf Schulreisen und Maibummel, Ferien- und Schilagern wurden die heimischen Gipfel gestürmt, meist in unpassendem Schuhwerk, zu langen Schiern, ausgeliehenen Jacken und nicht ideal verpacktem Proviant. So öffnete ich einmal nach einem langen Wackel auf einen bündnerischen Piz meinen Rucksack, in welchen mir Mutter ein gekochtes Huhn – Freiland vom eigenen Hof – eingepackt hatte. Das Dumme war, dass die blecherne Honigbüchse, in welche Beinchen, Flügelchen, Brüstchen liebevoll geschichtet waren, während der Wanderung so heiss geworden war, dass das Fleisch darin verdarb. Dank den wärmeresistenten Apfel- und Birnenschnitzen erreichte ich den Malojapass ohne zu hungern.
Als junge Erzieherin verschlug es mich in den Jura und das Berner Oberland, und ich kam aus den Wanderschuhen kaum mehr heraus. Inzwischen hatte ich mir ein kariertes Hemd, gestrickte Socken mit Zopfmuster und selbstverständlich Manchesterhosen mit verstellbarem Kniebund angeschafft.
Auch in späteren Jahren blieben mir Eggen, Höger und Grate nicht erspart, versuchte ich doch eine Zeit lang – in nun eingetragenen Wanderschuhen – mit einem Bergsteiger Schritt zu halten. Dabei lernte ich einige SAC-Hütten kennen, war immer froh, beim nächtlichen Toilettengang nicht ins Tobel abzustürzen, und Massenlager mit Militärdecken fand ich so richtig hussuse. Einige eindrückliche, ja, überwältigende Orte sind mir in Erinnerung geblieben.
Heute nehme ich sogar auf den Berner Hausberg die Bahn, kanns aber nicht lassen, ab und zu die Berge zu fotografieren, die ich von meiner Wohnung aus sehe. Verschneit vor klarblauem Himmel sind sie einfach wunderschön. (Fotos vom 23.01.2013)

Jungfrau hinter Gurten

Jungfrau hinter Gurten mit Blümlisalp

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Bei mildem Wetter wurden die letzten Spuren der Adventsfenster im Quartier beseitigt, Lichterketten, kletternde Chläuse und Sterne abgehängt, Krippen, Lichterbäume, Rentiergespanne und Kugeln wieder eingepackt. Besonders üppig wird jedes Jahr der Glöggliweg geschmückt. Die Reihenhäuschen: ein einziger Outdoor-Adventskalender, der strahlt, blinkt und glitzert bis zum Dreikönigstag. Nun ist der Weg des nachts wieder dunkel. Der Stern über dem 20. Stock wurde vom Hausmeister und seinem muslimischen Freund eingeholt.

Auch unser Baumschmuck liegt wieder verpackt in Seidenpapier im Keller.

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Von Plichten

In diesen heilgen Hallen

Heute ist der 6. Todestag meiner Mutter. Sie hat uns Kinder mit ihrer Fürsorge oft fast zur Verzweiflung gebracht. Erst in ihren letzten Lebensjahren fing ich an zu begreifen, dass sie, aufgewachsen als Verdingkind, sich vor nichts mehr fürchtete, als vor Trennungen. Daneben war sie eine tapfere Frau, die sich nicht scheute, sich mit den „Oberen“ anzulegen. Ihre Fantasie war grenzenlos. Mit beinahe nichts verschönte sie unser meist sehr bescheidenes Heim. So hing lange Zeit eine Blumenzeichnung, rote Ölkreide auf gebrauchtem Packpapier, in unserer finsteren Küche und ihre Geranien, so gegen 200 an der Zahl, schmückten Sommer für Sommer Fensterbänke und Laubenlehnen. Unvergessen sind Mutters Bemühungen, uns Mädchen auch ab und zu etwas Modisches zu kaufen. Als ich mit der Schule in die Oper gehen durfte, lieh sie mir ihre Sonntagsstrümpfe, flickte die Naht an meinen besten Schuhen mit feinem Bratenzwirn, schwärzte diesen mit Schuhwichse ein und ich trug Sorge, dass ich einigermassen gestrählt und poliert in der Stadt ankam. Die Zauberflöte wurde aufgeführt. Leider mussten wir bei „Wir wandelten durch Feuersgluten“ das Theater verlassen, da das letzte Postauto auf den Langen Berg den Schlusschor der Priester nicht abwarten mochte. Es sollte noch viele Jahre dauern, bis ich die Zauberflöte in eigenen Strümpfen, ungeflickten Schuhen und in voller Länge geniessen konnte.

Heute fand ich in Mutters Notizen den oben abgebildeten Zettel. Sie war nie in der Oper, besass nie einen Fernseher und hörte kaum Radio.

Baum 2012 (Nobilis)

Den Baum im Forsthaus gekauft, in den 16. Stock getragen von 2nd2nd, male, mit den Kindern geschmückt. Wieder keine Diskussion geführt über gegenseitiges Nichts-Schenken der Erwachsenen, deshalb viiiele Päckli unter und neben dem Baum, davon über 30 Bücher. Weihnachtslieder aus Zeitmangel nicht geübt, aber trotzdem gesungen. (Die mit dem absoluten Gehör haben sich liebenswürdigerweise nicht beklagt). Die Männer haben fein gekocht, gebacken und aufgeräumt – richtig harmonischfriedlich.

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Das Jahr ward alt. Hat dünne Haar.
Ist gar nicht sehr gesund.
Kennt seinen letzten Tag, das Jahr.
Kennt gar die letzte Stund.
Ist viel geschehn. Ward viel versäumt.
Ruht beides unterm Schnee. (Erich Kästner)

Les Saintes-Maries-de-la-Mer

Kerzen für die Schwarze Sarah

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Bundeshaus in Abendgarderobe „für alle, statt für wenige“, fotografiert heute ab 19:00 Uhr

Lichterglanz

Bundeshaus in der Abendrobe

Wers noch nicht gesehen hat …

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Gretchen und die Meerkatze

Farbholzschnitt von Felix Hoffmann (gedruckt in Aarau von der Aargauischen Buchdruckerfachschule, 1969)

Der Junge Heinrich Lee ist fasziniert von einem Wandertheater, welches im Tanzsaal des Gasthauses absteigt. Zusammen mit seinen ebenso armen Freunden versucht er, nichts von all dem Wunderbaren zu verpassen. Als Heinrich eines Abends bei der Aufführung von „Faust“ eine Meerkatze spielen darf, ist sein Glück vollkommen. Von der Gestalt Gretchens ist er so hingerissen, dass er beinahe vergisst, seine Meerkatzensprünge zu machen. Als der Vorhang fällt, schläft er hinter den Kulissen ein. Als Heinrich aufwacht, ist es stockdunkel und er ist im Saal eingeschlossen. Nun beginnt er im Orchester laut auf die Pauken zu schlagen.

Da trat sie auf mich zu, streifte meine Maske zurück, fasste mein Gesicht zwischen ihre Hände und rief, indem sie laut lachte: „Herr Gott! das ist die aufmerksame Meerkatze! Ei, Du kleiner Schalk! bist Du es, der den Lärm gemacht hat, als ob ein Gewitter im Hause wäre?“ „Ja!“ sagte ich, indem meine Augen fortwährend auf dem weissen Raume ihrer Brust hafteten und mein Herz zum ersten Male wieder so andächtig erfreut war, wie einst, wenn ich in das glänzende Feld des Abendrothes geschaut und den lieben Gott darin geahnt hatte. Dann betrachtete ich in vollkommener Ruhe ihr schönes Gesicht und gab mich unbefangen dem süssen Eindrucke ihres reizenden Mundes hin. Sie sah mich eine Weile still und ernsthaft an, dann sprach sie: „Mich dünkt, Du bist ein guter Junge; doch wenn Du einst gross geworden, wirst Du ein Lümmel sein, wie Alle!» Und hiermit schloss sie mich an sich und küsste mich mehrere Male auf meinen Mund, der nur dadurch leise bewegt wurde, dass ich heimlich, von ihren Küssen unterbrochen, ein herzliches Dankgebet an Gott richtete für das herrliche Abenteuer.
Hierauf sagte sie: „Es ist nun am besten, Du bleibest bei mir, bis es Tag ist; denn Mitternacht ist längst vorüber!“ und sie nahm mich bei der Hand und führte mich durch einige Thüren in ihr Zimmer, wo sie vorher schon geschlafen hatte und durch mein nächtliches Spuken geweckt worden war. Dort ordnete sie am Fussende ihres Bettes eine Stelle zurecht, und als ich darauf lag, hüllte sie sich dicht in einen sammetnen Königmantel, legte sich der Länge nach auf das Bett und stützte ihre leichten Füsse gegen meine Brust, dass mein Herz ganz vergnüglich unter denselben klopfte.

Theatergeschichten – Gretchen und die Meerkatze aus: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich, Kapitel 11

Diese Robbe, gezeichnet von 3rd, female vor drei Tagen, habe ich eben in meinem Notizblock gefunden.

Eigentlich wollte ich heute mit Kleinesmädchen und Kleinesbübchen die erste Adventskerze anzünden, aber die Kinder mit ihren Eltern sind weg, mussten sich vor dem kosovarischen Clan in Sicherheit bringen. Es bleibt zu hoffen, dass die Drohungen „nur heisse Luft“ sind, aber sicher kann man nicht sein. Wie schon so oft habe ich in mein Archiv gegriffen und die zahlreichen Briefe und Zeichnungen zur Hand genommen, die mir meine Schülerinnen und Schüler (alle mit sog. Migrationshintergrund) geschenkt haben. Es kann auch alles gut werden!

Heimkinder

Buben aus dem Kantonalen Knabenerziehungsheim Oberbipp BE (Foto: Hp. Hoffmann, Winter ca. 1962)

Jeden Samstagnachmittag wurden die Zöglinge gruppenweise geduscht, meist von Herrn Schlapbach, dem Schuhmacher oder dem Lehrer, welcher Wochenenddienst hatte. Herr Schlapbach bediente die Wasserhahnen ausserhalb des Duschraumes. Zuerst ein bisschen warm, dann länger eisig. Zitternd vor Kälte fassten die Sauberen dann ein frisches Barchenthemd, eine Tricotunterhose, ein Paar gestrickte Socken. Die Wäsche verteilte Fräulein Grossenbacher, Weissnäherin, die mit einem Landwirt verlobt war und deshalb in den Augen des „Vaters“ (Heimleiter) mehr Erfahrung mit nackten Männerkörpern hatte, als die jungen Erzieherinnen. Brauchten die Buben frische Hosen, mussten sie diese in der Nähstube bei der Schneiderin erkämpfen. Fräulein Hohl, bucklig, hinterhältig und mit Hinkebein, freute sich besonders, den Grossen die Hosen anzupassen und sie dabei ein bisschen mit dem Metermass zu schlagen und sie zu kneifen, ohne dass sie sich zu wehren wagten. Wie hier schon früher berichtet, konnte ich an diesen Zuständen nur wenig ändern.

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Jaron und Ajelet mit Metapelet, 1967

Sommer 1967, Kibbuz Daliah: Auf meinem Ehrenposten als Erzieherin im Kinderhaus mit zwei meiner Lieblinge

Als im Juni 1967 das Land einen Krieg gegen eine Übermacht gewann, wollten plötzlich – innerhalb von sechs Tagen – unzählige Menschen, besonders solche aus Europa, etwas für „die Sieger“ tun: Essen, Geld, Kleider spenden, als freiwillige Helfer ins Land kommen. Die Pakete und Briefe an die verwundeten Soldaten im Militärspital Tel haShomer füllten bereits in der ersten zwei Kriegstagen ein Krankenzimmer. Die ausländischen Zeitungen waren voll von Berichten über den „Dreifrontenkrieg Davids gegen Goliath“. Das kleine Land hatte über Nacht viele begeisterste Freunde gewonnen, und Kettchen mit dem sechszackigen Stern baumelten an unzähligen Hälsen.
Heute kann man an jedem Tisch ungeniert überall über alles reden: Mord, Betrug, Drogen, Beziehungen bis ins intimste Detail, Geld, Menschen- und Waffenhandel, nur eines sollte man unbedingt bitte, bitte vermeiden: ein einziges gutes Haar an dem oben erwähnten Land zu lassen, ja, überhaupt seinen Namen zu erwähnen! Besonders jetzt, vor den Wahlen, ist das ganz, ganz schlecht! Nur der Hauch eines Verdachts, man könnte ein Freund dieses Landes sein, ist übel, wird dieser Kandidatin sicher einige Stimmen kosten.
In den letzten Tagen habe ich in meinen Archivschachteln gestöbert, Dutzende alte Briefe und Berichte gelesen, Fotos gefunden, den Haushalt dadurch vernachlässigt, gedreht und gewendet: ich bin israelfreundlich. Bin gespannt, ob ich morgen „Freunde“ verliere, wenn ich nun das Tabu-Wort ausgesprochen habe.

Weiteres aus meinem Archiv, damit dieser Blog-Eintrag ja nicht einseitig bleibt:

Vor, während und nach der Intifada haben sich die Palästinenser Witze erzählt und auf diese Weise ihre Geschichte verarbeitet. Professor Sharif Kanaana, Ethnologe an der Westbank-University Bir Zeit hat die Witze seit dem Beginn der Intifada systematisch gesammelt und damit ein Stimmungsbild des palästinensischen Volkes entworfen.
(Aus: Die Weltwoche, Nr. 6/8.Februar 1996, S.4)

Hier eine Auswahl:

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Er sei daran, einen Schweizer Pass zu beantragen, erzählt der junge Blockbewohner, Assistenzarzt in einer Psychiatrischen Klinik, dem Hausmeister. „Dazu lebst du aber noch nicht lange genug in der Schweiz“, gibt dieser zu bedenken. „Stimmt“, aber er trage, wie alle Schweizer, seit einigen Tagen diese Jacke mit der Wolfspfote, ausserdem besitze er den roten Geldbeutel mit Schweizerkreuz schon seit seiner ganzen Studienzeit im Kosovo.

Schoko, Caramel & Co.

Meh vo dene Goumetänz finget dr hie

I däm Blog hani gäng wider über mis früechere Dorf bbrichtet u ha drbi o gäng wider öppis gha z’meckere. E Chehr hani sogar regelmässig mit em Gmeinschriber korreschpondiert über Sache, wo ni drnäbe ha gfunge. Sitdäm d’Eltere tod si u ds Huus, wo si drin si gwohnt, verchouft isch, si d’Dörfler ändlech vo mir erlöst. I de letschte Jahr bini nume no uf e Fridhof. Mängisch hei mi de dert Lüt agsproche, wo ni jahrelang nüme ha gseh, u irgendwie bin ni de grüehrt gsi, wi si mi gkennt hei u Fröid hei gha, mit mir z’rede.
Letschte Samschtig bin i usnahmswys ueche uf e Bärg nid für ufe Fridhof, sondern für i das Bistro, wo ni mi hie vor zwöiehalb Jahr drüber ha beklagt. E junge Zweig vo mire Familie huucht däm Lokal wider nöis Läbe i, unger angerem mit wältmeischterlecher Pâtisserie (zum Mitnäh oder grad Ässe), wo sogar „salzegi“ Lüt wi mi ids Schwärme bringt.

U will no niemer dr Blick uf ds Mittelmeer frei gmacht het, hei mer vo hie e troumhafti Sicht uf d’Alpe u Voralpe, wo überpuderet si mit Puderzucker u umwölkt vo Nidle.

Die Grossen Berner Bluemlisalp mit Niesen Stockhornkette Moentschelen
Nuenenen & Gantrisch bis zum Ochsen

Glockenrebe im Schnee

(Glockenreben ab dem 16. Stock)

Obwohl man mir seit drei Tagen mehrmals Smartphones mit den Wettervorhersagen unter die Nase hielt, erwartete ich den Schnee eigentlich nicht bis „in die Niederungen“. Erst, als dann gestern Mittag die Amseln über die Beeren der Stechpalme her fielen, ein untrügliches Zeichen für Schnee, der Baum innerhalb kürzerster Zeit abgeräumt war und gleich darauf die ersten Flocken wirbelten, musste ich einsehen, dass es wieder einmal dem Winter zu geht.
In der vergangenen Woche habe ich gegen zweihundert Blumenzwiebeln gepflanzt, und heute habe ich den verschneiten Garten vom 16. Stock aus fotografiert.

Garten im Oktober

(Garten mit Gartenhaus unter den Bäumen, rechts im Bild)

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Letzte sonnige Gartentage

Nun ist das Trampolin „eingewintert“. Jeden Tag füllen wir Körbe mit Laub. Die letzten Blätter werden dann, beschwert mit etwas Kompost, auf den Beeten liegen bleiben. Ich schneide die Himbeeren zurück, ernte Sellerie, Federkohl und Lauch. Wer frisst heimlich den Winterblumenkohl? Nachbars junge Katze gräbt die Blumenzwiebeln aus, spielt mit ihnen, beisst sie ein bisschen, bis ich die Zwiebeln mit Erde zudecke. Heute ist ein nasskalter Tag mit Hochnebel. Ich ordne ein paar Fotos von den letzten warmen Tagen, an welchen die Kleinkrähen aus den Schuhen schlüpfen und in Strümpfen durch den Garten rennen.

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Wenns kalt werde im Nest, berichten mir meine Freunde, steige einer an die Erdoberfläche, lasse sich von der Sonne aufwärmen und kehre dann als „Bettflasche“ in die Familienhöhle zurück. Schlängle eine hungrige Schlange vorbei, komme es vor, dass sich ein Nacktmull für die Gemeinschaft opfere. Nach und nach werden mir weitere aussergewöhnliche Dinge über diese Nager berichtet: Soziales Verhalten, Vorkommen, Fortpflanzung, Harnausscheidung, usw. (Smartphones bleiben ausgeschaltet.)
Wie wir dann über allerneuste Bibliothekssoftware zu Agent 007 kommen, weiss ich nicht. Auf jeden Fall erzählen wir uns zu Bratwurst mit Zwiebeln, Speckrösti und Spiegeleier Lieblingsszenen aus dem Film mit dem Schilthorn. Und weil da ja Büchermenschen zusammen sitzen, kommts zu einem spontanen „Bière littéraire“. Vorgestellt werden in ungezwungener Runde u.a. die drei ersten Bände der Reihe Hausarzt Dr. Bolliger von Patrick C. Frey:

Bd. 1: Hausarzt Dr. Bolliger : sein Leben, seine Liebe, seine Patienten (2010)
Bd. 2: Das Geheimnis des Tramführers : Klosterfrau Melissengeist ist kein Medikament (2010)
Bd. 3: Das Ekzem war ihr Schicksal : wenn ein Ausschlag die Liebe zerstört (erscheint demnächst)

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Karin Widmer: ... Fabelwesen & Furzideen

Bild: Karin Widmer, ca. 1994

Als Franz Hohlers „Rückeroberung“ 1982 erschien, war sie für mich nur eine absurdspannende Phantasiegeschichte. Daran musste ich denken, als letzthin eine Dokumentation über die Wildschweinrotten in Berlin sah und ich in der Zeitung las, dass nahe bei Berlin ein Elch beim Überqueren der Autobahn getötet wurde. Woher das Tier stammte, war unklar. (NZZ, 02.09.12).
In unserem kleinen Land ist die Rückeroberung unspektakulärer. Noch halten sich Bachen und Keiler vom Betteln an Busstation fern, doch es wäre vernünftig, einen Blick in den Ordner „Praxishilfe Wildschweinmanagement“ zu werfen. Die Rück-Eroberung ist in vollem Gange. Füchse steigen durch Katzentürchen völlig neuen Geschmackserlebnissen entgegen, Biber rangeln u.a. am Aareufer zwischen Wohlensee und Thun um Reviere, fällen Bäume auch in gepflegten Gärten und unterhöhlen teure Natursteinmauern. Dieser M13 kümmert sich keinen Deut um Grenzen, taucht immer wieder in der Schweiz auf, Wolfs erlauben sich auf Schweizer Territorium eine Familie zu gründen, der Rothirsch futiert sich um Verkehrsregeln, und die Solothurner Luchse breiten sich ins Baselbiet aus. Das alles ginge ja noch, wenn nur die fremden Fötzel nicht wären: Wasserratte, Waschbär, Marderhund. Aus Süd- und Nordamerika, selbst aus Sibirien sind sie auf dem Weg zu uns!
Über diesen habe ich schon früher geschrieben. Seitdem seine Jagdgründe überbaut worden sind, habe ich ihn leider nicht mehr gesehen.
Damit mein Balkon nicht erobert wird, braucht es tägliches Huschhusch und Arme verwerfen, sonst liegen in Blumenkästen und Töpfen Taubeneier und alles ist mit Taubendreck versch … (Aufgehängte Plastikraben und CDs schrecken nicht ab.)
Seit einiger Zeit haben wir hier in der Stadt eine Taubenmutter mit einem Taubenkonzept. Die Tauben der ganzen Stadt wurden gezählt. Erstaunlicherweise konnte in unserem Quartier keine einzige gesichtet werden. Anscheinend sind sie schlauer, als ich dachte.

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Mädchen mit Vogel

Einen Stein wollten sie nie,

Zwei Vögel

… denn ihr Leben sei steinig genug gewesen.

Als wir Mutter und Vater dann innerhalb von knapp zwei Jahren beerdigten, beschlossen wir Schwestern, den Wunsch nach Nichtstein und Nichtkreuz zu erfüllen, obwohl es auf dem Friedhof bisher nur Kreuze und Steine gab. Nun stehen auf den Gräbern diese Rosenstäbe, verankert in einem Granitblock, der früher ein Marchstein war, neben einem Bäumchen von Wandelröschen. Anstelle von Begonien und Tageten wachsen Lavendel, Minze, Bohnenkraut, blaue Glockenblumen und Thymian.

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So bis Ende der Woche seien wohl dann alle da, vermutet die Leiterin der Tagesschule. Obwohl die Sommerferien schon seit bald drei Wochen vorbei sind, kehren viele ausländische Schülerinnen und Schüler jedes Jahr zu spät in die Schweiz zurück. (Zahlreiche Familien verreisen bereits vor Schulschluss, um die Flugpreise der Hochsaison zu umgehen.) Wir nehmen das einfach so hin, halten die Plätze frei und haben, so viel ich weiss, noch kaum jemanden für unentschuldigte Schultage gebüsst. Das finde ich problematisch. Als Mitglied der Schulkommission schlug ich vor, diese Absenzen in den Zeugnissen zu vermerken. „Nein, sie habens schon so schwer genug“, beschied die Kommission. Tun wir den Kindern, ihren Familien und auch der Schule mit dieser Art von „Toleranz“ damit wirklich einen guten Dienst?

Unser Block ist nun auch wieder komplett. Einige BewohnerInnen sind krank zurück gekommen: MagenDarmEkzemusw. Die grosse Hitze, die anstrengenden, wochenlangen Hochzeitsfeiern mit Hunderten von Gästen (schon ab 6 Uhr früh Kaffee servieren), Fahrten zu Verwandtenbesuchen über holprige Strassen – alles war zuviel. Aber so wie bei der Schule, werdens die Schweizer auch bei der Gesundheit irgendwie richten.

Wie nach jeden Sommerferien, sind auch unzählige Bräute und Bräutigame in die Schweiz gebracht worden (Familiennachzug. Letztes Jahr 22 000 Personen laut „Bund“ vom 01.09.2012). Die diesjährige Braut in unserem Block hat, wie vor einigen Jahren ihre Schwester, in die Familie von 2nd2nd, male eingeheiratet. Wie hier schon mehrmals berichtet, ist die kosovarische Familie nicht begeistert (untertrieben ausgedrückt), dass einer ihrer Söhne eine Schweizerin geheiratet hat. Und doch ist es dann die Schweizerin, die den kulturellen Spagat macht zwischen dort und hier, so, dass ihr die Beine weh tun.

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