Alles oder nichts


Von meinem Schreibtisch im 16. Stock sehe ich auf die unterschiedlichsten Kirchtürme.
Zwei Minuten vor der vollen Stunde spielt der sterngekrönte Glockenturm im Quartier seine Melodie. Jetzt, in der Adventszeit sind es alte Weihnachtslieder: „Kommet ihr Hirten“, „Lasst uns froh uns froh und munter sein“. Letzte Woche gab’s auch ein paar Takte Schneewalzer. Dann, zur vollen Stunde, läuten links von meinem Block die Glocken der reformierten und rechts die der katholischen Kirche. Auch das Glockengeläute der Friedenskirche auf dem Vejelihubel und dasjenige der Kirche im benachbarten Quartier sind zu hören. Unverwechselbar und in weiterer Ferne, das tiefe und volle Läuten der Münsterglocken.
Aussergewöhnlich ist heute das Glockenläuten um 15:00 Uhr. Einige Berner Kirchen, darunter auch die zu meiner Linken, halten sich nicht an die Empfehlungen des allmächtigen Synoldalrats und beteiligen sich im Zusammenhang mit der Uno-Klimakonferenz am „Weckruf zur Erhaltung der Welt„.
Der Synodalrat der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn findet das Läuten der Glocken zwar eines der ältesten und stärksten Kommunikationsmittel, es sollte gerade deshalb mit grösster Zurückhaltung eingesetzt werden, um seine Kraft und Bedeutung nicht zu verlieren. Ja zum Läuten bei Katastrophen wie Krieg, Brand und Überschwemmung, aber nicht bei einer Klimakonferenz. Schliesslich werde für ökumenische und Friedens-Konferenzen auch nicht geläutet. Voilà!
Letzte Woche fragte mich ein Arbeitkollege, welcher mit einer Pfarrerin verheitratet ist, was meiner Meinugung nach die Kirche in der heutigen Welt noch tun könne. Ich sage: sich nicht ständig zurückhalten, läuten lassen!

Anspruchsvoller Feinschmecker
Aus der Werbung:
Einzigartige Auswahl – wahrlich köstliche Leckerbissen – entzücken anspruchsvolle Feinschmecker – traditionelle Rezepte – elegante Varietäten – jeder Bissen ein wahrhaftes Geschmackserlebnis – Genuss, dem katz man nicht widerstehen kann.

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Aus dem Tagungsbericht der Diözesan-Baumeister und Baureferenten
vom 24. – 27.05.1972 in Mainz:

„In vielen Kirchen kommt es zu Schwitzwasserbildung, besonders bei starkem Kirchenbesuch.
Diese Feuchtigkeit zerstört Anstrich, Putz und Wandgemälde und führt zu Schimmelbildung. Ausserdem quillt und verzieht sich das Holzwerk an Einrichtungsgegenständen und Orgel … “

Hausmeisterhilfe

Vielleicht ist es völlig normal, dass man einen so guten Schwager kriegt, wie ich ihn habe. Zum Beispiel putzte er uns heute sämtliche Fenster, nahm mir damit eine grosse vorweihnächtliche Haushaltbürde ab und brachte erst noch bis zum letzten Lappen alles selber mit. (Aber das ist lange nicht das Einzige. Mir erscheint vieles, was er hier leistet, aussergewöhnlich.)

1995 lernte ich an einem Apéro den Partyteller mit integrierter Halterung fürs Glas kennen. Das war eine Supererfindung, hatte man doch vorher für Häppchen an Zahnstochern, Serviette, Getränk, Zigarette und Handschütteln mindestens drei Hände zuwenig.
Auch ohne Zigarette habe ich heute noch Mühe, mich bei einem Apéro oder an einem Buffet wohl zu fühlen und schaue darauf, dass ich nicht mit leerem Magen komme. Selbst als gewöhliche Mitarbeiterin hat man in den letzten Wochen vor Weihnachten die Qual der Wahl. Ich war an einem sogenannten „Lieferanten-Apéro“ eines schweizerischen Unternehmens. Da kamen die Spediteure, die Magaziner, die Leute von der Gebäudereinigung, das Bibliotheksteam, die Haustechniker. Es gab Dank und Lob aus der Chefetage, Züpfe, Aprikosen in Speck, Käse und Wein aus dem Wallis. Dann war ich zum Jubiläumsapéro in meinem Betrieb eingeladen mit Dank von der Direktorin und Häppchenplatten vom Orangen Riesen. Die Jubilierenden erhielten als Geschenk 1 Flasche Wein aus der Münsterkellerei.
Am vergangenen Mittwoch gabs ein Abschieds-Apéro einer langjährigen Instituts-Mitarbeiterin. Neben Brot, Wurst, Käse und Wein aus dem Tessin wurde eine währschafte Kürbissuppe gereicht. Dann kam gleich am nächsten Tag das Personalessen mit Dank von der Direktorin, asiatischem Buffet, ersten Weihnachtsgüezi, russischer Musik und Wein vom Bielersee. Das Abteilungsessen im Kornhauskeller habe ich abgesagt, denn ich war schon am Büro-Essen im „Mönch“. Das traditionelle Raclette-Essen meiner Berufsgruppe findet dann erst im Januar statt. Weil das noch ein bisschen dauert, trifft man sich nach der Sitzung zum gemeinsamen Mittagessen im „Habicht“.
Zu Winterspeck kommt man eigentlich ganz einfach. Schwieriger wirds mit dem anschliessend geplanten Winterschlaf.

Was man immer zu kaufen vergisst

Scho ewig lang hani ds Plastiksibli i mim Abwäschtrog wölle ersetze. Aber weni imene Lade bi gsy, hanis de gäng vergässe. Im mym erste Adväntsseckli chunts itz füre, das gäbigere Sibli, u i mues nümm dra dänke, u ds Wasser louft wider besser ab.
I erinnere mi, das mi Mueter u mi Vater vil vo settige Fröideli ghalte hei. „Freude“ si nid drinn gläge, aber äbe „Fröideli“. Wes drzue nid glängt het, hei si halt öpperem es „chlys Fröideli“ gmacht.

Gerade brachten sie in den deutschen Nachrichten das himmeltraurige Abstimmungsergebnis: die Minarett-Initiative ist himmelhoch angenommen worden! Die schlimmsten Befürchtungen, die am Familientisch über dieses unsägliche Verbot je geäussert wurden, sind eingetreten.
Bis vor einigen Tagen gehörte „Fremdschämen“ nicht zu meinem Wortschatz.

Adventsstern

Frau Hauswart* ist auf das Dach im 20. Stock gestiegen und hat den Stern aufgehängt. Für die heikle Montage erhielt sie Unterstützung von zwei ausländischen Nachbarn und einem Schweizer. Dieser nennt sich gerne „Eidgenosse“, was in seinen Augen eine Steigerung von „Schweizer“ ist. „Schweizer“ können sich (leider) auch diejenigen nennen, welche eingebürgert werden. So hat er für die Minarettinitiative gestimmt, denn er möchte nicht, dass auf seine Kartoffel-, Getreide- und Maisfelder Moscheen gebaut werden. Die beiden ausländischen Bewohner feiern in diesen Tagen Bairam und hatten überhaupt keine Bedenken, den Weihnachtsstern installieren zu helfen. Sie kauften einen neuen Lichterschlauch, legten ihn schön spitz in den Zacken, so dass der Stern pünktlich zum ersten Advent weit über die Häuser von Bethlehem leuchtet. Der Eidgenosse war begeistert und wollte den Stern auch tagsüber „durch brennen“ lassen.

*Der Hauswart war an der Beerdigung seiner Grossmutter im fernen Deçan.

Nicht nur Roman P. wird mit einer elektronischen Fussfessel ein freieres und gesünderes Leben haben.
Auch Angestellte im Briefzentrum Härkingen sollen besser leben und tragen im Namen der Gesundheit eine Fussfessel. Damit wird geprüft, ob sich die Leute genug oder sogar zuviel bewegen und welche Massnahmen ergriffen werden müssen, damit die Frauen und Männer noch effizienter mitarbeiten können.
Das Tragen der elektronischen Fessel im Rahmen dieser Erhebung sei freiwillig, aber die meist ausländischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten sich nicht getraut, sich zu wehren. Sie müssen das Gerät zum Entsetzten ihrer Freunde und Bekannten auch in der Freizeit tragen.
Was die Gewerkschaft dazu sagt, ist mir nicht bekannt.

Nachtrag:
Schon vor einigen Jahren erzählte uns eîn Angestellter bei der Post, dass die Briefträger mit entleertem Darm (er sagte „ausgeschissen“) zur Arbeit anzutreten hätten. Das sei ein Problem mit den unterschiedlichen Schichtdiensten.

Mini minaret
éxiste également en version clocher d’église ou synagogue …

Herzlichen Dank für den Link, liebes Granium!

Kafi-Wasser

„Ein Tag Honig, ein Tag Zwiebel“, (Jom asal, jom basal) so beschreibt ein hebräisches arabisches Sprichwort das Auf und Ab des Lebens. Heute gibts von beidem bis genug. Wenn sie wollen, können die Jungen nämlich früh aufstehen, meinen die „Mottenkugeln“, welche carweise zum Zibelemärit angereist sind und aufpassen, dass sie nicht vom Hämmerchen getroffen werden.
Der Zwischenfall im Bärenpark wird bei Glühwein und Käsekuchen diskutiert.
Noch immer weiss man nicht, ob Bär Finn überleben wird. Der verletzte
Mann „schwebe“ ausser Lebensgefahr, teilt und der zuständige Gemeinderat mit.

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Gerade wurde in der Bahnhofunterführung der 51’500. Silberstern aufgehängt. Der junge Mann steigt von der Leiter und schiebt seine Rastas aus dem verschwitzten Gesicht. Weitere Schmücker ergänzen die Sternenräder mit einer roten Weihnachtskugel.

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Wo er Recht hat, hat er Recht:
….

o sole mio
loh mi lo si
iz si mir z’venedig
u wo wär i ohni di
guarda che luna
mach mi nid schwach …

Herbstmorgen in Bern-West
… näbel hets o z’gäbelbach

Oh sole mio,
lass mich sein.
Jetzt sind wir in Venedig,
wo wär ich ohne dich.
Guarda che luna,
mach mich nicht schwach.
Nebel gibts auch im Gäbelbach. (aus: Stiller Has / So verdorbe)

Am besten kann ich mich erholen, wenn ich so en passant etwas völlig Unnötiges aufnehme.
Hier ein Beispiel: Woran starb Mann im 19. Jahrhundert?

Einige Todesursachen, zusammengestellt aus den Neujahrsstücken der Künstler-Gesellschaft in Zürich:

Abzehrung
Altersschwäche
Brustkrämpfe
Brustübel
Brustwassersucht
Erschöpfung
Faulfieber
Gallenfieber
Gliedersucht
Halbe Lähmung von Händen und Füssen
Hautwassersucht
Hodenwassersucht
Lähmung der Gesichtsnerven
Lungenentzündung
Lungengeschwür
Nervenschwäche
Nicht ausgebrochener Friesel
Öftere Unpässlichkeit
Schlagfluss
Schmerzhafte Unterleibskrankheit
Steckfluss

Daran gestorben sind Zürcher Maler, Bildhauer und Kupferstecher.
Woran ihre Frauen gestorben sind, ist in den „Neujahrsstücken“ nicht vermerkt.
Nur, dass sie die oft viel älteren Männer liebevoll gepflegt
und ihnen bis zu 19 Kinder geboren haben.

I mües mer überlege, was i wöll mache, weni pensioniert wärdi, süsch ghei-i ines Loch. I ha überleit u überleit. I chönnt dr Chuchischaft ändlech e chli gäbiger irume, d‘ Ordner u d‘ Archivschachtle nöi beschrifte, die alte Fotone u Negativ sortiere. I förchte nume, dass das alls innert ere Wuche erlediget wär, u de gheiti de glich i ds Loch. Vorgeschter hani spontan gseit, i lehri no Flöigefische. „Ou ja“, hei miner Ching gmeint, „das isch soo guet!“ I weiss, das me a dene schottische Löcher Kurse cha näh, aber sicher gits ou Müglechkeite, a dr Aare lehre z’fische.
I kenne eine, wo d‘ Flöige sälber knuzeliert. Jedi freii Minute baschtlet är a dene Köder. Wener irgendwo i dr Wält e Fisch gfange het, schickt är de Fründe es MMS: Mein erster Fisch in Alaska ….
Das mit em Flöigefische isch nume so ne Gedanke, dass i wenigschtens e Huuch vomene Plan ha, was i de nach minere Pensionierig chönnt mache. I gseh scho, dass die Fischerei de letschtamänd am Gäld schitteret. Mi cha sicher si, das i mir no Andersch überlege. Bsundersch das, wie-n-i us däm Loch use chämt, falls i dri gheiti.

Glaubt man Frauchen und Herrchen, gibt es keine bösen Hunde. Sie sind ausnahmslos „lieb“ und „tun einem nichts“.
Leider gibt es immer noch Menschen, welche ohne Hund leben wollen. Sie machen sich keine Gedanken darüber, was ihnen dieser oder jener Vierbeiner sagen möchte, wenn er mit seiner Stimme spricht, knurrt, bellt, die Zähne zeigt, beisst, mit dem Schwanz wedelt oder ihn zwischen die Beine klemmt.
Damit solche Ignoranten einmal aussterben, hat das Bundesamt für Veterinärwesen eine Broschüre herausgegeben, um Kinder ab dem zartesten Alter im Umgang mit Tapsi anzuleiten.
Kleinesbübchen und Kleinesmädchen (1 + 3 Jahre) bringen das Heftchen aus der Kita mit nach Hause. So lerne auch ich Tapsi kennen:

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Wasserspiegel

Der Herbst war da, bevor ich richtig „abgebadet“ hatte.
Deshalb steige ich heute beim Schwimmbad aus, um für mich persönlich die Badesaison abzuschliessen. An der Kasse steht Frau Löffel und grüsst freundlich durch die Scheiben. Im Winter übernimmt sie jeweils die Hallenbad-Kasse. Für sie ist immer Saison.
Im Bassin spiegeln sich die Bäume und die Wolken. Im Wasser schwimmen bunte Blätter. „Restaurant offen. Bitte Eingang neben der Eisbahnkasse benutzen. Danke!“
Zu dieser Jahreszeit ist das Schwimmbad eine Oase der Ruhe.

Treppe im Herbst

Blogk macht dies‘ Mal Abstimmungsempfehlungen, wir haben uns für und gegen einiges persönlich engagiert:

Stadt Bern:
Budget: JA, dann halt.

Kanton Bern:
Stimmrechtalter 16: JA, unbedingt!

Schweizerische Eidgenossenschaft:
Bundesbeschluss Spezialfinanzierung für Aufgaben im Luftverkehr: Stimmfreigabe.
Volksinitiative für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten: JA, auf jeden Fall.
Volksinitiative gegen den Bau von Minaretten: NEIN, nie im Leben!

Heute liegen einige Gotthelf-Werke bei mir auf dem Schreibtisch, alte Ausgaben mit Goldschnitt und in französischer Sprache. Die „Käserei in der Vehfreude“ heisst „La fromagerie de Bêtenval“ und ist reich illustriert mit Bildern von Albert Anker. Eine kleine Zeichnung, wahrscheinlich aus den ganz frühen Jahren des Malers, erinnert mich an eine Begebenheit in meiner Jugend.
Als junges Mädchen machte ich „Landdienst“ bei einer Kleinbauernfamilie im Emmental. Die Bäuerin betrieb einen Krämerladen und mochte nicht „ausrücken“ in Stall und aufs Feld. An einem heissen Sommertag schickte mich der Bauer mit einer rolligen Sau zum Eber.

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Meine Versicherung gehört mit zu den Sponsorinnen und Sponsoren des neuen „weltweit einzigartigen Bärenparks“. Sie lädt mich ein, dieses ebenfalls einzigartige Einweihungsfest „kostenlos“ zu besuchen. Dasselbe haben auch einige Tausend andere vor. Der Stadtvater mit rotem Schal und ohne Hunde bewegt sich ungehindert und sichtlich zufrieden in der Menge. Irgendwie, das zeigt die Erfahrung mit solchen Situationen, werden die Mehrkosten von 10 Millionen schon aufzutreiben sein. Heute ist ein Tag zum Feiern und sich Freuen. Und schliesslich wollen wir ja eine Bärenstadt, wies in Abermillionen von chinesischen und japanischen Reiseführern steht.
Im alten Graben wüten die Kummerbuben, und auf dem Grabenturm hat sich Chantal Michel eingenistet.
Im neuen Park mit Schwimmbecken und hässlichen, aber teuren Stützmauern rührt sich absolut nichts – wohl, ganz oben rechts neben dem Gitter streckt einer der Gefeierten die Nase heraus oder etwa doch nicht? Lebendige Bären bekomme ich keine zu Gesicht. Die Marktstände am abschüssigen Klösterlistutz stehen dicht an dicht und ganz im Zeichen des Bären, gebacken, gepatchworkt, gepuzzelt, geschnitzt, gesägt, gestrickt, getöpfert, gemalt, gedruckt. Mir gefallen am besten die genähten aus alten Armeewolldecken. Ich spreche ein bisschen mit der Künstlerin über das noch ursprüngliche Schweizerkreuz auf Bär Saschas Herzseite, kaufe dann am nächsten Stand drei Miniminimandlebärenlebküchelchen für neun Franken, begrüsse Bekannte, welche auch mit Kindern, Nüggeln, Schoppen und Ballonen unterwegs sind, esse mit meiner Familie im Stehen frische tibetanische Momos. Im „Schedi“ am Bärenplatz bei Bier, Sirup, Kaffee und Frites endet unsere sonntäglicher Bärenbesuch. Wir lassen noch den letzten Ballon fliegen, der grediufe in den grauen Himmel steigt.

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