August 2005


Im neuen SPIEGEL (Nr. 31 vom 1.8.) schreibt Dirk Kurbjuweit einen ausgezeichneten Artikel über Afghanistan, die Bundeswehr, deren Selbstschutz („ist das Grösste“) und Hilflosigkeit im Angesicht der Mohnfelder. Und er wechselt – wie es ja eine SPIEGEL-Spezialität ist – immer wieder den Schauplatz nach Deutschland:

Wer im Büro der Oberstaatsanwältin Karin Engert sitzt, sitzt mitten im hilflosen Krieg gegen Drogen. Es ist ein ärmliches Büro. Die Wände sind fleckig, die Möbel alt und abgestossen. Wie fast überall bei Justiz und Polizei zeigt sich der Staat als Hungerleider.

Und weil das bei uns nicht viel anders ist, empfand ich die Antwort der Oberstaatsanwältin auf die Frage nach dem Sinn ihrer Arbeit so tröstend, als wäre sie vom Dalai Lama:

„Ich mag es nicht, dass ich vom Wedding bis Moabit an sechs Gruppierungen vorbeifahre, die offen Drogen verkaufen. Die Allgemeinheit hat einen Anspruch darauf, dass die Spielplätze sauber sind von Spritzen. Die Allgemeinheit hat einen Anspruch darauf, dass Kinder auf Schulen gehen können, wo sie nicht von Dealern unter massiven Druck gesetzt werden. Wir kriegen Berlin nicht händlerfrei. Wir können nur so viel Sand ins Getriebe streuen wie eben möglich. Dafür kämpfen wir jeden Tag.“

Und wie ich kommt der Journalist zum Schluss, dass dies ein weiser Ansatz ist und schreibt:

Bei Karin Engert im Büro kann man verstehen, dass der Kampf gegen Drogen nicht geführt wird, um zu siegen. Weder sie, noch die Zollbeamten, noch die Sozialarbeiter, noch die Süchtigen können Drogen besiegen. Es ist ein Kampf, der die Vergeblichkeit nicht scheut. Es geht nicht um einen grossen Sieg, es geht um viele kleine.

Jupii, WIR haben geputzt!!!
Der kleine FC Thun hat gegen Dynamo Kiew 1:0 gewonnnen! Wie sie sich freuen, die verschwitzten Lausbuben im Frutiger-Dress, sie purzeln übereinander, fliegen dem Schönenberger an die Brust, drücken und streicheln einander übers triefende Haar, schoppen die blauen Leibchen der Besiegten in den Hosenbund, werfen sich mit Anlauf auf den Rasen. Das Stade de Suisse Wankdorf brodelt, tost. Die Meckerer, welche so ihre Zweifel hatten zum neuen Stadion müssen sich beim Anblick der 25000 Fans ganz stillschnell nach hinten verziehen – husch, husch. Die Sportreporter werden die Namen der Spieler schon noch kennen lernen, und bei den nächsten Toren gegen die Schweden (Malmö) weiss man dann auch, dass einer der Spieler Tiago Bernardi heisst – oder nicht doch Bernhardini? Könnte man sich in der Schweiz besser merken.
Den Thunerinnen und Thunern sei eine Freinacht gegönnt – und alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Hauptstadt sollen morgen dem 2. Wunder von Bern zuliebe ein Auge zudrücken, wenn die aus dem „Tor zum Oberland“ noch etwas schlafsturm und heiser ins Büro schlarpen.
Wohl, wohll – eine Winnermentälität braust durchs alte Zähringerstädtli – sensationell!

Übrigens noch ein kluges Wort von Ballack: „Ich entscheide mich, wenn ich eine Entscheidung treffe.“ Hab ich heute am TV gehört und mirs gleich hinter die Ohren geschrieben zu späterem Gebrauch.

Dank den Ausländern! Hier im Quartier würde sonst plötzlich unser Nationalfeiertag vergessen gehen.

Nichts für Ungut, ABER kaum habe ich etwas Abstand von meinen mitstudierenden HeilpädagogInnen und sonstigen KollegInnen gewonnen, entwickle ich richtig böse Gedanken: so wie ich mir gestern wünschte, am Schweizer Nationalfeiertag, dass sich die Rakete eines kleinen Italieners als Bumerang entpuppen würde, habe ich mir in der Arena während des „Torro piscine“ gewünscht, dass die Kuh einen Zigeunerbuben überrennt. Die Sirene der Feuerwehr schreckte mich aus meinen Gedanken. Auf dem Fleckchen Rasen zwischen den Häusern verflog das Feindbild des kleinen Macho, als ich eine Sippe Sri Lankaner den 1. August feiern sah. Meine Schwester sagt zwar, Leiden ist nicht messbar. Dennoch sind mir vorpubertierende Bestien lieber als der Tsunami. Ich habe niemanden verloren. Im Gegenteil.

Ich hoffe, auch ihr könnt gesund, entspannt und braungebrannt eure Arbeit wieder aufnehmen, die 1000 E-Mails bearbeiten und das Trinkwasser schätzen. Welcome home!

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