Mai 2009


Wenn 2nd3rd, male zahnt, zahnt die ganze Familie mit. Das Bübchen jammert und wir Erwachsenen gähnen auch tagsüber. Die betroffenen Eltern haben inzwischen ein Gähnen entwickelt, welches einem schrägverhaltenen Lächeln ähnlich sieht, und niemand weiss, wann sie ihren fehlenden Schlaf nachholen können.
So ein munziger erster Babyzahn, welcher in Windelreklamen schnüseligherzig aussieht, kostet einiges an Geduld und Nerven.
Heute Nacht schläft das Baby bei mir, damit die Eltern sich einen Film anschauen können. Aber spätestes bei der Szene, in welcher die Männer ausrechen, wieviel man in zwei Jahren für Windeln ausgibt, werden die beiden eingeschlafen sein. Hoffentlich für einige Stunden ungestört.

Schon während der ersten CL-Halbzeit beschwere ich mich darüber, dass neben dem thurnheer wylerdeutschen auch ein arabische Kommentar gleichzeitig hörbar ist. Enkel 3rd, male ermahnt mich, bei diesem wichtigen Spiel bitte integrativ zu denken und nicht zu vergessen, dass die Schweiz als soo kleines Land froh sein müsse, eine Kabine mit dem arabischen Kommentator teilen zu dürfen. Ich nörgle weiter: „Eine Kabine teilen geht ja noch, aber muss es auch das Mikrofon sein?“

Nun bin ich – hingerdrii wie die alti Fasnacht und wohl oder übel – auf die bunte Kapsel gekommen. In meinem Büro hat die alte Kaffeemaschine mit dem Mahlwerk den Geist aufgegeben und an ihre Stelle kam diese. Schon früher schloss ich mich ab und zu der Zehnuhr-Prozession der „Eingeweihten des Grand Cru“ an, welche Richtung Abstellraum unter dem westlichen Dach des altehrwürdigen Gebäudes zog und vor dem Kaffeautomaten, dem Werbegeschenk einer Firma für Scanner, endete. (Bei diesem speziellen Modell für Betriebe werden die Kaffeesorten in einer simplen, etwas flacheren Kapsel angeboten. Wäre sie üblichbuntnesspressig, könnten die Angestellten sich bedienen, um damit die heimischen Automaten zu füttern).
Klar habe ich seitenweise Ja oder Nein umweltgerechte Produktion des Kaffees, Herstellung und Entsorgung der Alukapseln nachgelesen und schliesslich nur halbbatzig überzeugt probehalber je eine Stange Packung „Arpeggio“ und „Roma“ bestellt, natürlich bei einem Club-Mitglied, denn ohne Club keine Kapseln.
Zu Hause bin ich nach wie vor sehr zufrieden mit „Wake up“.
Der Versicherungsfachmann für mein Mobiliar hat den Rolls-Royce der Kaffeemaschinen in meiner Kücher vergeblich gesucht und deshalb auf der Police ein „E“ für „einfach“ angekreuzt, was sich leider nur minimst auf die Prämie auswirkt.

Zum Anbaden

In Berlin sei „Anbaden“ bis spätestens zu Pfingsten üblich, erzählt mir meine Kollegin, die im Osten dieser Stadt aufgewachsen ist. Also bin ich, obwohl zwei Wochen später als in anderen Jahren, nicht zu spät dran. Das Bassin ist beinahe leer, einige Alte Häsinnen und Hasen stellen Schirme und Liegestühle auf und plaudern mit den Nachbarn. Bei einer Wassertemperatur von 22° fällt mir der Einstieg nicht schwer. Schon nach den ersten Zügen lockern sich die Winterknochen. Ich schwimme in 25’000m3 Wasser – jupi!
Das Bad lernte ich anfangs der fünfziger Jahre kennen. Die Tannen waren noch magere Grotzli, hinter welchen sich die Kinder bis auf die Unterhosen auszogen. Als Landkind genierte ich mich ein bisschen, aber meine Stadt-Tante Friedali ermunterte mich, doch wenigstens mit den Füssen im Wasser zu schwaddern. Das Bad war damals noch ein Naturweiher mit sumpfigen Ufern, einigen Ruderbooten und einem „Inselchen“ aus leeren Ölfässern, von welchen übermütige Stadtbuben sich gegenseitig ins Wasser schubsten. Einmal, so wünschte ich mir, möchte ich auch zum Inselchen schwimmen können.
Heute umrunde ich dieses Eiland aus Beton einige Male und setzte mich dann mit Kaffee und Buch unter eine Platane.

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Maibummel waren mir während meiner ganzen Schulzeit verhasst. Nie besass man das passende Schuhwerk, die Flaschen und Dosen, Rucksäcke oder Taschen. Vaters Militärrucksack oder der abgeschabte „Affe“ waren für uns Kinder viel zu gross. Auch das Picknik war ein Problem, hatte man doch kaum Geld, die obligaten Weggli mit Aufschnitt, das Ovosport, das Studentenfutter und die Sugus zu kaufen. Auf jeden Fall habe ich einige Hügel in Ermangelung der vorgeschriebenen Wanderschuhe in Schischuhen (Lederschuh mit Holzsohle) erklommen: Napf, Justistal, Sichle, Eriz, Krümmelwege, Möntschelen, Pilgerweg zur Beatushöhle, Gurnigel usw. Unvergesslich bleibt mir ein lichter Buchenhain in der Nähe von Krauchthal. Der Lehrer wollte uns einige besonders eindrückliche Findlinge zeigen, welche von den Gletschern vor Urzeiten zurückgelassen wurden. Der steile Waldboden war bedeckt mit dem Laub des vergangenen Jahres. Darauf fanden die Holzböden meiner Schischuhe keinen Halt, trugen mich flott nach unten, einem der eiszeitlichen Felsblöcke entgegen. Ich konnte mich fest krallen. Diesmal trug ich das Picknick in Mutter Sonntagstasche mit goldenem Monogramm „H.G.“ Beim Aufprall gab es ein dumpfes „Plopp“. Als ich die Tasche öffnete, war die Sirupflasche zerbrochen und die klebrige Flüssigkeit drang schon in Butterbrot und Seidenfutter ein. Um mir eine Freude zu machen, hatte Mutter mir eine Literflasche Himbeersirup eingepackt – unverdünnt, denn mit gekauftem Sirup hatte Mutter keine Erfahrung.
Neben den Findlingen gab es in diesem Wald auch einen Brunnen, so dass ich keinen Durst leiden musste.
Auf dem Heimweg flog ein seltsam brummende Maschine über uns hinweg. Wir Kinder hatten so etwas noch nie gesehen. Der Lehrer sagte: Das sei ein „Heliokopter“.
Mutter putzte die Tasche, die noch lange Jahre im Gebrauch blieb.

Die Tamilin neben mir las und hustete. Sie war mit einem Znüüni-Säcklein (Weggli und Capri-Sonne und Chips) eingestiegen, welches sie offenbar ihrem kleinen Sohn mitgeben wollte. Dieser gehörte zu einer Unterstufenklasse auf dem Maibummel, welche hinten im Bus Radau machte.

Nach und nach wurde der Husten zur Atemnot und sie sah mich immer wieder mit grossen, blutunterlaufenen Augen an, in denen ich nicht lesen konnte ob sie Hilfe suchte oder um Entschuldigung bat. Ich riet mit einigen Gesten und selber ziemlich hilflos, etwas zu trinken und das Halstuch zu lockern. Sie tat es und riss hustend den Strohhalm von der Capri-Sonne. Inzwischen hatte sie Nasenbluten bekommen und ich dirigierte meine Abwehrkräfte innerlich in Alarmstellung, bevor ich ihr meine Taschentücher reichte. Dann sah ich, dass jemand auf der anderen Seite sachte ihre Hand nahm – es war der kleine Sohn.

So begleiteten wir einander bis zur Endstation, das Nasenbluten lies nach, der Husten kaum. Als wir im Bahnhof ausstiegen, drückte die Tamilin ihrem Sohn die angefangene Caprisonne und das übrige Znüünisäcklein in die Hand, murmelte ihm etwas zu, lächelte mich gequält an und nahm immer noch wüst hustend den nächsten Bus zurück.

Es git eifach Lüt, bi dene isch gäng öppis. We si meine, es sig grad nüt, geits nid lang u de steit wider öppis a. Mir ghöre o zu dene, wo sech gäng mit Öppisem müesse usenang setze. Mängisch möcht me e zytlang nüt ha. Bis de öpper chunnt u verzellt, är heigi nie nüt u är warti nume druf, dass är ändlech öppis heig.
Guet isch es, we das, was me macht nid Öppis u Nüt wird. Gäbig sigs, we me us Nüt Öppis chönn mache.

Geranienbaum

Die Trachtenfrau steckt mir ein Sträusschen Gartenbürsteli, zusammengebunden mit einem Bändchen in den Bernerfarben an den Mantelkragen. Sie trägt die Berner Sommertracht mit wollenen Pulswärmern in Löchlimuster, hat Bundesrat Couchepin am diesjährigen Graniummärit auch schon Blumen angeheftet. Die Geraniensorten werden jedes Jahr vielfältiger, die Gärtner und Gärtnerinnen jünger und die Kundschaft immer älter.
Zum Glück gibts den gratis Hauslieferdienst von Bernmobil.

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Saisongemäss möchte ich hier einen verdienstvollen Könizer, den Imker Hanns Zark vorstellen. Ohne seinen Biografen Rätus Luck hätte dieser Bienenmann, seiner Zeit immer einen Schritt voraus, nie einen Eintrag ins HLS (Historisches Lexikon der Schweiz) erhalten. Auch sein schlicht-ergreifendes dichterisches Werk wäre der Menschheit für immer verborgen geblieben, hätte mir heute nicht die Frau des Biografen, Annemarie, einige unveröffentlichte Verse von Hanns Zark zugeschickt. Darunter befindet sich auch ein Envoi zum Band „Schwänzeltänze“.
Ich finde, die Zeilen passen gut zu meinem vorgängigen Bericht und sollen hier einem weiteren Publikum zugänglich gemacht werden:

Der stärkste Baum wird einst der Höhlung Beute.
Die stärkste Hand erlahmt und fällt.
Es schwindet rasch dahin das schöne Heute,
und aller Glanz entweicht aus dieser Welt.
Gedanken aber, Melodien, Lieder
sind unvergänglich, welken nie und nimmer,
sie bleiben bei uns, stark und treu und fest.
Sie klingen aus zwar, doch sie kehren wieder,
sie sind ein tröstlich Licht, ein heller Schimmer-
sie sind der Honigvorrat, der uns überwintern lässt.
(Rätus Luck, 28. Juni 1937 – 22. August 2012)

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Der Orange Riese hat sich für die Senioren etwas Nettes ausgedacht: die Senioren-Vorteilskarte! Das gepflegte Seniorenpaar mit gefülltem Frischekorb auf dem Prospekt strahlt mich an. Es hat gerade mit einem Rabatt von 10% mit der persönlichen Vorteilskarte eingekauft. Die beiden haben auch einen Cumulus-Karteneintrag und erhielten deshalb zusätzlich zur Ermässigung auch noch Cumulus-Punkte. Das trägt bei zu ihrem Glück. Ich könnte altersmässig von diesem Angebot auch profitieren, hätte der „Vorteil“ nicht einen Haken. Vergünstigt einkaufen kann man nur am Mittwoch (für mich ein voller Arbeitstag) zwischen 09:00 und 17:00 Uhr und das nur im MM Westside Bern-Brünnen! Die Vorteils-Karte scheint also hauptsächlich ein Vorteil für den Orangen Riesen zu sein. Wenn nichts läuft, sollen die Alten kommen.
Da gehe ich lieber am Samstag zehn Minuten vor Ladenschluss hin, wenn sich die Hausfrauen vom Balkan in den Kampf um die verbilligten Torten usw. stürzen.

Nicht nur die Alten

Ein Stück weit gehe ich im Umzug mit. Mir scheint,
dass viel mehr junge Leute dabei sind, als in anderen Jahren.
Beim Kornhaus schwenke ich ab,
um mir die Jörg-Müller-Ausstellung anzusehen.

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