2012


Baum 2012 (Nobilis)

Den Baum im Forsthaus gekauft, in den 16. Stock getragen von 2nd2nd, male, mit den Kindern geschmückt. Wieder keine Diskussion geführt über gegenseitiges Nichts-Schenken der Erwachsenen, deshalb viiiele Päckli unter und neben dem Baum, davon über 30 Bücher. Weihnachtslieder aus Zeitmangel nicht geübt, aber trotzdem gesungen. (Die mit dem absoluten Gehör haben sich liebenswürdigerweise nicht beklagt). Die Männer haben fein gekocht, gebacken und aufgeräumt – richtig harmonischfriedlich.

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Martina Zabaione

Was lange währte (74 h), wurde hier nume guet!

In der Heiligen Zeit erhalten nicht nur Eselein und Ochs, Hündchen, Täubchen, Schneeflocken, ja oft sogar Heuundstroh eine Stimme, nein, auch die Panettone Zabaione Martina aus der Boella Dolciaria in Torino, Puderzucker auf dem luftigen Haupt, verkündet sie uns ihre weihnächtliche Botschaft. Sie spricht neben italienisch und französisch auch deutsch. Ich habe, ganz im Trend der Zeit, alles „uf Bärndütsch“ übersetzt. Zugegeben, dazu hätte ich eigentlich keine Zeit gehabt, aber, wie Pfarrer Philipp Kohli aus Köniz ganz richtig sieht: „Grosse Emotionen lassen sich eben nur in der Umgangssprache der Gegenwart ausdrücken“.

Da bini wider!
Sit 1885 wirdeni vo mire Familie im Härze vo Turin erschaffe. I bi nes natürlechs Produkt us Muetterteig, Anke un e Huufe Eigälb, wo mir e prächtige guldige Farbton git. Drei bis vier Tag duurets, bis i vollkomme bi. Mini Fründinne verpacke mi no hüt vo Hang. We du Fröid wosch ha a mir, muesch uf Folgendes luege:
Mini optimale Qualitäte chani bire Umgäbigstämperatur vo 21 bis 23 Grad entfalte. Stell mi bitte nid ine chüehle Chäller, sondern i Chuchischaft.
Nimm mi use us der Bachform u verschnid mi sorgfältig mit em Brotmässer.
Sött no öppis vo mir übrig bliibe, leg mi bitte wider zrugg i glich Bütu u tue dä guet zue. Aber i dr Regu wird jedes Brösmeli vo mir mit Gnuss verspise.
Danke vilmal u uf Widerluege!
Grazie mille e arrivederci!
Merci et à bientôt!
Vielen Dank und auf Wiedersehn!

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Wie kann es sein, frage ich mich, dass ich die Ankündigung erst gestern abend mitbekommen habe? Wäre die Welt untergegangen, hätte mich dieses Ereignis ziemlich unvorbereitet getroffen. Um sechs Uhr steige ich heute aus dem Bett, um doch noch minimale Vorkehrungen für den Ernstfall zu treffen: saubere Kleider anziehen, Pflanze giessen, Brosamen von den Stuhlkissen schütteln, Geschirr aus der Maschine räumen, Körner im Vogelhaus nachfüllen, den Artikel übers Schneeräumen im Magazin lesen, Petflaschen und Glas zum Entsorgen bereit machen, Zahnbürste aufladen und Spiegel polieren. Danach trete ich auf den Balkon, auf welchem die über zwei Meter lange Weihnachtstanne (einheimisch, Nobilis) liegt und sehe die alte Sonne …

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Das Jahr ward alt. Hat dünne Haar.
Ist gar nicht sehr gesund.
Kennt seinen letzten Tag, das Jahr.
Kennt gar die letzte Stund.
Ist viel geschehn. Ward viel versäumt.
Ruht beides unterm Schnee. (Erich Kästner)

Les Saintes-Maries-de-la-Mer

Kerzen für die Schwarze Sarah

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Noch drei Wochen und mein erstes Jahr Ruhestand ist vorbei. Es verging – wie alle Jahre nach dreissig – wie im Fluge. Dass ich mindestens vier Jahre lang immer wieder gefragt wurde: „Und, was hast du nach deiner Pensionierung vor?“ ist meine Schuld, schob ich doch diesen Knick immer wieder hinaus. Meine Antworten blieben deshalb vage, so dass man mir u.a. ein Seminar zur Vorbereitung auf das Pensionsalter empfahl (ich verpasste den Anmeldetermin um Monate), mir das Reisen im Alter in den schönsten Farben schilderte (Rhododendronpark im Ammerland soll zauberhaft sein), das Wandern durch unberührte Juraschluchten zu Geheimtipp-Beizen schmackhaft machen wollte (sportlicher Arbeitskollege, der sich für die Schweizer Wanderwege frühpensionieren liess). So schöön seis, auszuschlafen, gemütlich zu zmörgelen, zu lesen, zu handarbeiten, am Montag ins Kino zu gehen (günstiger Montagstarif), zu käfelen, dazu zu plöiderlen, nur noch für sich zu kömerlen, kurz gesagt, pensioniert zu sein bedeute in der heutigen Zeit nicht, mit einem Fuss im Grab zu stehen, nein, es sei ein völlig neuer Lebensabschnitt, der noch laange genossen (Gniess es!) werden könne.
Tatsächlich: planlos und schon beinahe siebzig, habe ich das Jahr überstanden und mir dabei nur eines gewünscht: ab und zu ein bisschen Langeweile.
Klar werde ich fast jeden Tag gefragt, was ich so machte (miech) mit der vielen Zeit, die man selber auch gerne hätte und auf die man sich schon heute freue. Meine Antworten sind dann auch wieder vage, geben nicht viel her. Es wird Zeit, dass ich in einer ruhigen Minute endlich einmal offen und ehrlich in mich gehe: Was tue ich eigentlich?

Bundeshaus in Abendgarderobe „für alle, statt für wenige“, fotografiert heute ab 19:00 Uhr

Lichterglanz

Bundeshaus in der Abendrobe

Wers noch nicht gesehen hat …

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Gretchen und die Meerkatze

Farbholzschnitt von Felix Hoffmann (gedruckt in Aarau von der Aargauischen Buchdruckerfachschule, 1969)

Der Junge Heinrich Lee ist fasziniert von einem Wandertheater, welches im Tanzsaal des Gasthauses absteigt. Zusammen mit seinen ebenso armen Freunden versucht er, nichts von all dem Wunderbaren zu verpassen. Als Heinrich eines Abends bei der Aufführung von „Faust“ eine Meerkatze spielen darf, ist sein Glück vollkommen. Von der Gestalt Gretchens ist er so hingerissen, dass er beinahe vergisst, seine Meerkatzensprünge zu machen. Als der Vorhang fällt, schläft er hinter den Kulissen ein. Als Heinrich aufwacht, ist es stockdunkel und er ist im Saal eingeschlossen. Nun beginnt er im Orchester laut auf die Pauken zu schlagen.

Da trat sie auf mich zu, streifte meine Maske zurück, fasste mein Gesicht zwischen ihre Hände und rief, indem sie laut lachte: „Herr Gott! das ist die aufmerksame Meerkatze! Ei, Du kleiner Schalk! bist Du es, der den Lärm gemacht hat, als ob ein Gewitter im Hause wäre?“ „Ja!“ sagte ich, indem meine Augen fortwährend auf dem weissen Raume ihrer Brust hafteten und mein Herz zum ersten Male wieder so andächtig erfreut war, wie einst, wenn ich in das glänzende Feld des Abendrothes geschaut und den lieben Gott darin geahnt hatte. Dann betrachtete ich in vollkommener Ruhe ihr schönes Gesicht und gab mich unbefangen dem süssen Eindrucke ihres reizenden Mundes hin. Sie sah mich eine Weile still und ernsthaft an, dann sprach sie: „Mich dünkt, Du bist ein guter Junge; doch wenn Du einst gross geworden, wirst Du ein Lümmel sein, wie Alle!» Und hiermit schloss sie mich an sich und küsste mich mehrere Male auf meinen Mund, der nur dadurch leise bewegt wurde, dass ich heimlich, von ihren Küssen unterbrochen, ein herzliches Dankgebet an Gott richtete für das herrliche Abenteuer.
Hierauf sagte sie: „Es ist nun am besten, Du bleibest bei mir, bis es Tag ist; denn Mitternacht ist längst vorüber!“ und sie nahm mich bei der Hand und führte mich durch einige Thüren in ihr Zimmer, wo sie vorher schon geschlafen hatte und durch mein nächtliches Spuken geweckt worden war. Dort ordnete sie am Fussende ihres Bettes eine Stelle zurecht, und als ich darauf lag, hüllte sie sich dicht in einen sammetnen Königmantel, legte sich der Länge nach auf das Bett und stützte ihre leichten Füsse gegen meine Brust, dass mein Herz ganz vergnüglich unter denselben klopfte.

Theatergeschichten – Gretchen und die Meerkatze aus: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich, Kapitel 11

Diese Robbe, gezeichnet von 3rd, female vor drei Tagen, habe ich eben in meinem Notizblock gefunden.

Eigentlich wollte ich heute mit Kleinesmädchen und Kleinesbübchen die erste Adventskerze anzünden, aber die Kinder mit ihren Eltern sind weg, mussten sich vor dem kosovarischen Clan in Sicherheit bringen. Es bleibt zu hoffen, dass die Drohungen „nur heisse Luft“ sind, aber sicher kann man nicht sein. Wie schon so oft habe ich in mein Archiv gegriffen und die zahlreichen Briefe und Zeichnungen zur Hand genommen, die mir meine Schülerinnen und Schüler (alle mit sog. Migrationshintergrund) geschenkt haben. Es kann auch alles gut werden!

Heimkinder

Buben aus dem Kantonalen Knabenerziehungsheim Oberbipp BE (Foto: Hp. Hoffmann, Winter ca. 1962)

Jeden Samstagnachmittag wurden die Zöglinge gruppenweise geduscht, meist von Herrn Schlapbach, dem Schuhmacher oder dem Lehrer, welcher Wochenenddienst hatte. Herr Schlapbach bediente die Wasserhahnen ausserhalb des Duschraumes. Zuerst ein bisschen warm, dann länger eisig. Zitternd vor Kälte fassten die Sauberen dann ein frisches Barchenthemd, eine Tricotunterhose, ein Paar gestrickte Socken. Die Wäsche verteilte Fräulein Grossenbacher, Weissnäherin, die mit einem Landwirt verlobt war und deshalb in den Augen des „Vaters“ (Heimleiter) mehr Erfahrung mit nackten Männerkörpern hatte, als die jungen Erzieherinnen. Brauchten die Buben frische Hosen, mussten sie diese in der Nähstube bei der Schneiderin erkämpfen. Fräulein Hohl, bucklig, hinterhältig und mit Hinkebein, freute sich besonders, den Grossen die Hosen anzupassen und sie dabei ein bisschen mit dem Metermass zu schlagen und sie zu kneifen, ohne dass sie sich zu wehren wagten. Wie hier schon früher berichtet, konnte ich an diesen Zuständen nur wenig ändern.

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Jaron und Ajelet mit Metapelet, 1967

Sommer 1967, Kibbuz Daliah: Auf meinem Ehrenposten als Erzieherin im Kinderhaus mit zwei meiner Lieblinge

Als im Juni 1967 das Land einen Krieg gegen eine Übermacht gewann, wollten plötzlich – innerhalb von sechs Tagen – unzählige Menschen, besonders solche aus Europa, etwas für „die Sieger“ tun: Essen, Geld, Kleider spenden, als freiwillige Helfer ins Land kommen. Die Pakete und Briefe an die verwundeten Soldaten im Militärspital Tel haShomer füllten bereits in der ersten zwei Kriegstagen ein Krankenzimmer. Die ausländischen Zeitungen waren voll von Berichten über den „Dreifrontenkrieg Davids gegen Goliath“. Das kleine Land hatte über Nacht viele begeisterste Freunde gewonnen, und Kettchen mit dem sechszackigen Stern baumelten an unzähligen Hälsen.
Heute kann man an jedem Tisch ungeniert überall über alles reden: Mord, Betrug, Drogen, Beziehungen bis ins intimste Detail, Geld, Menschen- und Waffenhandel, nur eines sollte man unbedingt bitte, bitte vermeiden: ein einziges gutes Haar an dem oben erwähnten Land zu lassen, ja, überhaupt seinen Namen zu erwähnen! Besonders jetzt, vor den Wahlen, ist das ganz, ganz schlecht! Nur der Hauch eines Verdachts, man könnte ein Freund dieses Landes sein, ist übel, wird dieser Kandidatin sicher einige Stimmen kosten.
In den letzten Tagen habe ich in meinen Archivschachteln gestöbert, Dutzende alte Briefe und Berichte gelesen, Fotos gefunden, den Haushalt dadurch vernachlässigt, gedreht und gewendet: ich bin israelfreundlich. Bin gespannt, ob ich morgen „Freunde“ verliere, wenn ich nun das Tabu-Wort ausgesprochen habe.

Weiteres aus meinem Archiv, damit dieser Blog-Eintrag ja nicht einseitig bleibt:

Vor, während und nach der Intifada haben sich die Palästinenser Witze erzählt und auf diese Weise ihre Geschichte verarbeitet. Professor Sharif Kanaana, Ethnologe an der Westbank-University Bir Zeit hat die Witze seit dem Beginn der Intifada systematisch gesammelt und damit ein Stimmungsbild des palästinensischen Volkes entworfen.
(Aus: Die Weltwoche, Nr. 6/8.Februar 1996, S.4)

Hier eine Auswahl:

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Er sei daran, einen Schweizer Pass zu beantragen, erzählt der junge Blockbewohner, Assistenzarzt in einer Psychiatrischen Klinik, dem Hausmeister. „Dazu lebst du aber noch nicht lange genug in der Schweiz“, gibt dieser zu bedenken. „Stimmt“, aber er trage, wie alle Schweizer, seit einigen Tagen diese Jacke mit der Wolfspfote, ausserdem besitze er den roten Geldbeutel mit Schweizerkreuz schon seit seiner ganzen Studienzeit im Kosovo.

Schoko, Caramel & Co.

Meh vo dene Goumetänz finget dr hie

I däm Blog hani gäng wider über mis früechere Dorf bbrichtet u ha drbi o gäng wider öppis gha z’meckere. E Chehr hani sogar regelmässig mit em Gmeinschriber korreschpondiert über Sache, wo ni drnäbe ha gfunge. Sitdäm d’Eltere tod si u ds Huus, wo si drin si gwohnt, verchouft isch, si d’Dörfler ändlech vo mir erlöst. I de letschte Jahr bini nume no uf e Fridhof. Mängisch hei mi de dert Lüt agsproche, wo ni jahrelang nüme ha gseh, u irgendwie bin ni de grüehrt gsi, wi si mi gkennt hei u Fröid hei gha, mit mir z’rede.
Letschte Samschtig bin i usnahmswys ueche uf e Bärg nid für ufe Fridhof, sondern für i das Bistro, wo ni mi hie vor zwöiehalb Jahr drüber ha beklagt. E junge Zweig vo mire Familie huucht däm Lokal wider nöis Läbe i, unger angerem mit wältmeischterlecher Pâtisserie (zum Mitnäh oder grad Ässe), wo sogar „salzegi“ Lüt wi mi ids Schwärme bringt.

U will no niemer dr Blick uf ds Mittelmeer frei gmacht het, hei mer vo hie e troumhafti Sicht uf d’Alpe u Voralpe, wo überpuderet si mit Puderzucker u umwölkt vo Nidle.

Die Grossen Berner Bluemlisalp mit Niesen Stockhornkette Moentschelen
Nuenenen & Gantrisch bis zum Ochsen

Glockenrebe im Schnee

(Glockenreben ab dem 16. Stock)

Obwohl man mir seit drei Tagen mehrmals Smartphones mit den Wettervorhersagen unter die Nase hielt, erwartete ich den Schnee eigentlich nicht bis „in die Niederungen“. Erst, als dann gestern Mittag die Amseln über die Beeren der Stechpalme her fielen, ein untrügliches Zeichen für Schnee, der Baum innerhalb kürzerster Zeit abgeräumt war und gleich darauf die ersten Flocken wirbelten, musste ich einsehen, dass es wieder einmal dem Winter zu geht.
In der vergangenen Woche habe ich gegen zweihundert Blumenzwiebeln gepflanzt, und heute habe ich den verschneiten Garten vom 16. Stock aus fotografiert.

Garten im Oktober

(Garten mit Gartenhaus unter den Bäumen, rechts im Bild)

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Letzte sonnige Gartentage

Nun ist das Trampolin „eingewintert“. Jeden Tag füllen wir Körbe mit Laub. Die letzten Blätter werden dann, beschwert mit etwas Kompost, auf den Beeten liegen bleiben. Ich schneide die Himbeeren zurück, ernte Sellerie, Federkohl und Lauch. Wer frisst heimlich den Winterblumenkohl? Nachbars junge Katze gräbt die Blumenzwiebeln aus, spielt mit ihnen, beisst sie ein bisschen, bis ich die Zwiebeln mit Erde zudecke. Heute ist ein nasskalter Tag mit Hochnebel. Ich ordne ein paar Fotos von den letzten warmen Tagen, an welchen die Kleinkrähen aus den Schuhen schlüpfen und in Strümpfen durch den Garten rennen.

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Wenns kalt werde im Nest, berichten mir meine Freunde, steige einer an die Erdoberfläche, lasse sich von der Sonne aufwärmen und kehre dann als „Bettflasche“ in die Familienhöhle zurück. Schlängle eine hungrige Schlange vorbei, komme es vor, dass sich ein Nacktmull für die Gemeinschaft opfere. Nach und nach werden mir weitere aussergewöhnliche Dinge über diese Nager berichtet: Soziales Verhalten, Vorkommen, Fortpflanzung, Harnausscheidung, usw. (Smartphones bleiben ausgeschaltet.)
Wie wir dann über allerneuste Bibliothekssoftware zu Agent 007 kommen, weiss ich nicht. Auf jeden Fall erzählen wir uns zu Bratwurst mit Zwiebeln, Speckrösti und Spiegeleier Lieblingsszenen aus dem Film mit dem Schilthorn. Und weil da ja Büchermenschen zusammen sitzen, kommts zu einem spontanen „Bière littéraire“. Vorgestellt werden in ungezwungener Runde u.a. die drei ersten Bände der Reihe Hausarzt Dr. Bolliger von Patrick C. Frey:

Bd. 1: Hausarzt Dr. Bolliger : sein Leben, seine Liebe, seine Patienten (2010)
Bd. 2: Das Geheimnis des Tramführers : Klosterfrau Melissengeist ist kein Medikament (2010)
Bd. 3: Das Ekzem war ihr Schicksal : wenn ein Ausschlag die Liebe zerstört (erscheint demnächst)

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Karin Widmer: ... Fabelwesen & Furzideen

Bild: Karin Widmer, ca. 1994

Als Franz Hohlers „Rückeroberung“ 1982 erschien, war sie für mich nur eine absurdspannende Phantasiegeschichte. Daran musste ich denken, als letzthin eine Dokumentation über die Wildschweinrotten in Berlin sah und ich in der Zeitung las, dass nahe bei Berlin ein Elch beim Überqueren der Autobahn getötet wurde. Woher das Tier stammte, war unklar. (NZZ, 02.09.12).
In unserem kleinen Land ist die Rückeroberung unspektakulärer. Noch halten sich Bachen und Keiler vom Betteln an Busstation fern, doch es wäre vernünftig, einen Blick in den Ordner „Praxishilfe Wildschweinmanagement“ zu werfen. Die Rück-Eroberung ist in vollem Gange. Füchse steigen durch Katzentürchen völlig neuen Geschmackserlebnissen entgegen, Biber rangeln u.a. am Aareufer zwischen Wohlensee und Thun um Reviere, fällen Bäume auch in gepflegten Gärten und unterhöhlen teure Natursteinmauern. Dieser M13 kümmert sich keinen Deut um Grenzen, taucht immer wieder in der Schweiz auf, Wolfs erlauben sich auf Schweizer Territorium eine Familie zu gründen, der Rothirsch futiert sich um Verkehrsregeln, und die Solothurner Luchse breiten sich ins Baselbiet aus. Das alles ginge ja noch, wenn nur die fremden Fötzel nicht wären: Wasserratte, Waschbär, Marderhund. Aus Süd- und Nordamerika, selbst aus Sibirien sind sie auf dem Weg zu uns!
Über diesen habe ich schon früher geschrieben. Seitdem seine Jagdgründe überbaut worden sind, habe ich ihn leider nicht mehr gesehen.
Damit mein Balkon nicht erobert wird, braucht es tägliches Huschhusch und Arme verwerfen, sonst liegen in Blumenkästen und Töpfen Taubeneier und alles ist mit Taubendreck versch … (Aufgehängte Plastikraben und CDs schrecken nicht ab.)
Seit einiger Zeit haben wir hier in der Stadt eine Taubenmutter mit einem Taubenkonzept. Die Tauben der ganzen Stadt wurden gezählt. Erstaunlicherweise konnte in unserem Quartier keine einzige gesichtet werden. Anscheinend sind sie schlauer, als ich dachte.

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Dinomania

„Samlet dr d’Märggli“, fragt man mich an der Coop-Kasse. „Was gits?“ „Töpf, Pfanne, Pfannetechle.“ „Nein, danke, Pfannen mit Deckel habe ich genug.“ „Sammlet dr Animanca?“ werde ich an der Migros-Kasse gefragt. Animanca ist nichts für die Küche, das ist sicher. Nach den magischen Kraft-Steinen, mit deren Hilfe man „das Tier in dir“ entdecken konnte, kommen die Dinoskelette zum Zusammensetzten: „Entdecke den Saurier in dir!“ Richtig härzigschnüggelig. Pro 20 Franken Einkauf gibts ein Holzplättchen mit eingestanzten Knochen, einem Bildchen und einer Anleitung zum Zusammenstecken. Wie schon hier geschrieben, verhält sich das Personal an der Kasse unterschiedlich. Die einen geben für Fr. 39.95 ein Plättchen, andere zwei, dann kommts vor, dass die Kleinkrähen, wenn sie an der Kasse herzig gucken, eine Handvoll dafür erhalten. Item, wir setzen zusammen und …

Abfall von drei Figuren

… produzieren, zusammen mit der übrigen Animanca-Sammelgemeinde, einen Riesenberg Abfall.

Um mein schlechtes Gewissen fadenscheinig und für den Moment zu beruhigen, nenne ich das – nach der Schreibweise unseres quartiereigenen Brockenhauses – „Apfal brodusiern“. Hat etwas mit „Apfel“ zu tun und „brodusiern“ etwas mit „Stickerei“. Ich produziere keinen Abfall, sondern besticke einen Apfel. Ein bisschen weit hergeholte Beruhigung, ich weiss. Mein Oranger Riese macht das viel besser mit dem Schutz für die Umwelt. Er macht zwar immer wieder diese umwelt-un-freundlichen Stickerusw-Aktionen, verspricht aber daneben, „bis 2015 200’000 Kinder und Jugendliche für Umweltthemen zu sensibilisieren“. Ab sofort benutze ich die Gemüse-, Früchte- und Brötchenplatikbeutel mehrmals. Falls auch Sie mithelfen möchten, den Plastikozean nicht über die Fläche Deutschlands anwachsen zu lassen, fragen Sie mich. In meiner Mappe trage ich auch ein Reservemehrwegbeutelchen für Sie mit.

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Wellen 1

Wellenringe, erzeugt durch eine ins Wasser geworfene Eichel.

Zugegeben, im Blog schreibe ich wenig über Tage, die einem gestohlen werden könnten, an welchen Sachen geschehen, die einem an die Nieren gehen, an welchen man sagt: „Usrisse u flieh!“, und man sich vorwirft, seit Jahren einer Art Ghetto-Romantik zu erliegen. Man weiss genau, wen man ins Pfefferland schicken müsste und wem dringend die Leviten gelesen gehörten, aber die Erfahrung zeigt, dass so oder so alles beim Alten bleiben wird.
Heute ist kein solcher Tag – gttsdk! Mit Kleinesmädchen gehe ich ins Bad, denn vor dem Winter soll jeder Sonnenstrahl zum draussen Schwimmen ausgenützt werden. Jupi, es gibt viel Platz auf den Liegewiesen! Wir zwei Frauen belegen den leeren „Prominentenhoger“ grosszügig mit den Badetüchern der Blogk-Familie. Gerade steigt Herr Keller aus dem Wasser, der zu den Alteingesessenen gehört. Nun ist das Bassin menschenleer. (16’000 Quadratmeter Wasserfläche – das entspricht 13 Olympiabecken –, 25’000 Kubikmeter oder 25 Millionen Liter). Bei 16° Wassertemperatur muss ich mich doch ein bisschen überwinden, aber die Sonne scheint mir warm ins Gesicht und nach einigen Minuten kann ich das klare Wasser und die Weite des Beckens geniessen. Inzwischen hat sich auch Kleinesmädchen ins Wasser geworfen und schwimmt prustend und spritzend eine Runde. „Bravo“, ruft Frau Johner, die zusammen mit ihrer Tochter auf der Bank sitzt und ein Eis isst. Wir Schwimmerinnen machen uns auf zu Kaffee und Minzentee.
Auf dem Heimweg gehen wir noch in den Garten, pflanzen einige Setzlinge ins FrühSpätbeet, decken sie mit der Glasscheibe ab, damit sie nachts nicht zu kalt haben. Auf den Teller kommt der Salat dann Ende Oktober, und wir werden uns noch einmal an den Prachtstag von heute erinnern.

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Mädchen mit Vogel

Einen Stein wollten sie nie,

Zwei Vögel

… denn ihr Leben sei steinig genug gewesen.

Als wir Mutter und Vater dann innerhalb von knapp zwei Jahren beerdigten, beschlossen wir Schwestern, den Wunsch nach Nichtstein und Nichtkreuz zu erfüllen, obwohl es auf dem Friedhof bisher nur Kreuze und Steine gab. Nun stehen auf den Gräbern diese Rosenstäbe, verankert in einem Granitblock, der früher ein Marchstein war, neben einem Bäumchen von Wandelröschen. Anstelle von Begonien und Tageten wachsen Lavendel, Minze, Bohnenkraut, blaue Glockenblumen und Thymian.

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So bis Ende der Woche seien wohl dann alle da, vermutet die Leiterin der Tagesschule. Obwohl die Sommerferien schon seit bald drei Wochen vorbei sind, kehren viele ausländische Schülerinnen und Schüler jedes Jahr zu spät in die Schweiz zurück. (Zahlreiche Familien verreisen bereits vor Schulschluss, um die Flugpreise der Hochsaison zu umgehen.) Wir nehmen das einfach so hin, halten die Plätze frei und haben, so viel ich weiss, noch kaum jemanden für unentschuldigte Schultage gebüsst. Das finde ich problematisch. Als Mitglied der Schulkommission schlug ich vor, diese Absenzen in den Zeugnissen zu vermerken. „Nein, sie habens schon so schwer genug“, beschied die Kommission. Tun wir den Kindern, ihren Familien und auch der Schule mit dieser Art von „Toleranz“ damit wirklich einen guten Dienst?

Unser Block ist nun auch wieder komplett. Einige BewohnerInnen sind krank zurück gekommen: MagenDarmEkzemusw. Die grosse Hitze, die anstrengenden, wochenlangen Hochzeitsfeiern mit Hunderten von Gästen (schon ab 6 Uhr früh Kaffee servieren), Fahrten zu Verwandtenbesuchen über holprige Strassen – alles war zuviel. Aber so wie bei der Schule, werdens die Schweizer auch bei der Gesundheit irgendwie richten.

Wie nach jeden Sommerferien, sind auch unzählige Bräute und Bräutigame in die Schweiz gebracht worden (Familiennachzug. Letztes Jahr 22 000 Personen laut „Bund“ vom 01.09.2012). Die diesjährige Braut in unserem Block hat, wie vor einigen Jahren ihre Schwester, in die Familie von 2nd2nd, male eingeheiratet. Wie hier schon mehrmals berichtet, ist die kosovarische Familie nicht begeistert (untertrieben ausgedrückt), dass einer ihrer Söhne eine Schweizerin geheiratet hat. Und doch ist es dann die Schweizerin, die den kulturellen Spagat macht zwischen dort und hier, so, dass ihr die Beine weh tun.

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