2005


„Lieber ein kleiner, harmloser Vorsatz als ein grossartiger Plan, der sich nicht einhalten lässt“, rät der Berner Psychologe August Flammer.
Deshalb habe ich beschlossen, im neuen Jahr beim Gehen immer von der Ferse über den äusseren Rand der Fussohle hin zur grossen Zehe abzurollen.
Ein gutes neues Jahr!

Es ist Nacht und wir halten Wacht:

1st über ihre Mutter, die Pflege braucht, auch wenn sie nicht immer will.

2nd2nd über einen kleinen Jungen, dessen Künstler-Eltern gegen kollidierende Termine kämpfen.

Ich und 2nd, male, wachen über den hustenden 3rd und arbeiten noch ein wenig, bevor das Jahr zu Ende ist.

Deshalb die Ruhe hier im Blogk.

und zieht man dran, kommt ein ganzer Berg von Restenstoff Geschichte(n) gerollt.

Zum Beispiel bei Kaltmamsells „Ich hab‘ nichts gegen..“

Und im heutigen Bund zu den Roma, die dem Teufel ab dem Karren gefallen, aber doch noch Menschen mit Rechten sind.

Danke Herr Pfarrerssohn, dass Sie endlich die „exzessiven Rechtschutz“ in der Asylpolitik dieses unseres Landes angehen.

Wir hatten jetzt wirklich genügend Zeit, die Kerzlein anzuzünden vor dem Bundeshaus. Und das Apfelbäumchen, das lächerliche, das sollen andere pflanzen. Aber ganz sicher nicht in Ihr Gehege.

Nein, nein, es handelt sich hier nicht um eine Mohnsorte aus der Region am Hindukush. Es ist die neueste Création aus 2nd males weihnächtlicher Balkon-Backstube. Das Gebäck in Blumenform schmeckt leicht nach Schokolade und Orange und ist bestreut mit sehr fein geriebenen Mandeln. „Fleurs de Kaboul“ sind eine würdige und wie ich finde auch aussergewöhnliche Hommage an diese Stadt.
1978 ging man in der Chicken Street über dunkelrote Afghan-Teppiche. Die Händler wollten damit zeigen, dass ihre Ware jeder Strapaze Stand hielt, selbst derjenigen von Eselskarren und Pferdetaxis. Man konnte einfach alles kaufen. Meine Tochter wurde von einem Restaurantbesitzer mit einer dicken Scheibe Emmentalerkäse beschenkt. Mir wurde empfohlen, als Frau einen Füllfederhalter dabei zu haben, aus welchem man im Notfall zwei Schuss Munition abgeben könnte. Wie bereits in Peshawar, lehnte ich diese Angebot auch in Kabul freundlich ab, obwohl der Händler den erstgenannten Preis massiv senkte.
1979 schien die Stadt wie ausgestorben. Im Guesthouse hörten die Leute unter einer Wolldecke BBC. Kabul hatte eine Ausgangssperre, und die Hunde frassen die zurückgelassenen Hühnchen aus den Gefriertruhen der ausländischen Botschaften. In einem Innenhof mit Garten schaute der Besitzer mir zu, wie ich die Zweige seiner kostbaren Apfelbäumchen schnitt. Ich hatte ihm vorher erzählt, dass ich dasselbe bei tausenden von israelischen Bäumen getan hätte und diese wunderbar wuchsen. Er fand dann, was für die Israelis gut sei, könne ihm auch nicht schaden.

Spitzbuben Johannisbeer

Spitzbuben Quitte

Der Puderzucker schneit erst unmittelbar vor dem Verzehr darüber. Wer in Bethlehems Nähe ist, darf klingeln und probieren. Wir wünschen allen ein schönes Weihnachtsfest, mit viel Bescherung und wenig Streitereien.

Mailänderli auf dem Tisch
Mailänderli auf dem Balkon
Mailänderli auf dem Balkonstuhl

Eigentlich hatte ich vor, die nötigen Einkäufe heute Nachmittag „im Schnuuss“ zu machen, d.h., den Orangen Riesen in meinem Quartier in möglichst kurzer Zeit zu durcheilen und die Waren hurtig von den Gestellen zu pflücken.
Daraus wurde nichts, denn diese schlauen Orangen hatten – wahrscheinlich letzte Nacht – die Gestelle umgeräumt. Als ich nach der Zartbitterschokolade für den Freund meiner Nichte greifen wollte, war da Katzenfutter. Weil ich keine Katze versorgen muss, wusste ich erst, dass sich solches in der rotgoldenen Aluschale befand, als ich meine Nachbarin traf, die davon einen halben Wagen voll vor sich her schob. Sie suchte eigentlich den Fruchtsaft, aber an diesem Platz standen jetzt Sparpackungen mit Tischbomben. Die Müslistengel waren auf dem Platz der Teigwaren gerückt, und der Brie befand sich statt auf dem untersten, auf dem obersten Tablar rechts. Auch das Feinwaschmittel musste aus unerfindlichen Gründen seinen Platz mit dem Weichspüler tauschen.
Es war ein emsiges Suchen, höfliches Fragen, Entschuldigen und Grüssen. Kinderwagen versperrten die ohnehin schon engen Durchgänge. Die Kleinen schliefen oder weinten weil sie in ihren gesteppten Anzügen zu warm hatten. Eine Traube Bekannter umringte frischgebackene Grosseltern, die eben einige Umschläge mit den neuesten Fotos des Enkelkindes abgeholt hatten. So herzige schwarze Haare hatte es bei seiner Geburt. Wer wollte, durfte die süssen Bilder zwischen dem Sonderangebot von Büromaterial und hellblauen Badefinken bewundern.
„Herr Arifi! Herr Arifi, bitte zum Kundendienst!“ „Fräulein Moosberger, bitte an die Kasse!“ (Fräulein Moosberger ist die Tochter von Frau Moosberger!)
Ich wartete an der Kasse. Als die Reihe an mir war, zeigte die Kassiererin auf die Lampe: „Habe eben ausgelöscht, mache Paus.“ Ich reihte mich wieder ein zwischen Kinder- und Einkaufswagen. Eine Frau liess mich vor. Sah ich schon so knille aus? Ich dankte und lächelte. Gern geschehen, sie habe keine Eile. Als ich meinen Einkauf verpacken wollte, sah ich, dass man alle Packtische weggeräumt hatte. Auch der Kopierapparat, die Plastikpflanze und der Tisch mit dem Geschenkpapier waren verschwunden. An ihrer Stelle standen Palette mit Getränkegebinden. Ich rechnete schnell aus: auf einem Palett 945 Liter Mineralwasser. Irgendwie versuchten alle, ihre Ware ohne Tisch zwischen Kinder- und Einkaufswagen, Rollatoren und Rollstühlen einzupacken. Manchmal fiel etwas zu Boden. Die Kassiererinnen in ihren kleinen Festungen reichten freundlich Haushaltpapier zum Putzen übers Rollband, ein Säckchen zum Scherben Einpacken oder die in der Ablage vergessenen Packungen. Frau Moosberger wickelte die Blumensträusse warm ein, während eine Gruppe von Männern am Kiosk einige Lose aufrubbelte. Meine beiden alten Nachbarinnen in handgestrickten Ohrenwärmern kamen vom Spaziergängli und freuten sich auf ein Käfeli. Heute war der Orange Riese nichts anderes als ein erweitertes Wohnzimmer, in dem zwar umgestellt worden war, aber was solls? Man hatte ja Musse zum Suchen.

Nebenbei: Dieses orange Riesen-Wohnzimmer steht nicht im Telefonbuch, weil „etwas schief lief“. Die Nummer wird einem aber gerne bekannt gegeben von der Filiale an der Murtenstrasse.

Während der edle Ausspruch dieses Jahr bei Familie Blogk nicht oft gestimmt hat, so stimmt er aber jetzt. 1st hat eine Stelle gefunden und zwar die, die sie haben wollte.

Sie schrieb SMS an alle, Familie und Freunde:

Liebe Daumendrücker/innen! Habe die Stelle [im gleichen Unternehmen] erhalten und Frau Personalchefin hat mich in eine höhere Lohnklasse versetzt.

Und Mail an mich:

Liebe Tochter

Ich habe den Vertrag erhalten, und man ist im Haus sehr erstaunt, dass es so fix ging! An der heutigen Sitzung stand mein Name powerpointed an der Wand. Alle gratulierten mir, einige küssten und umarmten mich – erstaunlich. Inzwischen haben auch andere bei Frau X. [frühere Chefin] den Austritt gegeben, wenigstens intern weiss man das zu berichten. Ich bin noch ein bisschen verwirrt.

Habe deinem Sohn vorgeschlagen, morgen für den Sternmarsch die neunen langen Unterhosen und die braven Schuhe zu sezten. Natürlich nur einer der Vorschläge, wie du sie ihm, so sagt er, auch ab und zu machst.

Ima

Nicht nur die Jahreszeit sei daran schuld, dass das Frühstücksei heute tief in den Eierbecher versinke. Auch das Eingesperrtsein führe dazu, dass die Eier so klein seien, meint meine Freundin C.

Obwohl die schweizerischen Hühner am Freitag wieder in die Freiheit entlassen wurden, habe ich bei der gestrigen Fahrt über Land kein Huhn gesehen. Wahrscheinlich wars für einen ersten Ausgang zu kalt.

Gerade habe ich den interessanten WOZ-Geflügel-Artikel gelesen. Die Ethologin Esther Zeltner hat herausgefunden, dass Hühner klug sind! Sie sind fähig, gemeinsam eine Maus zu jagen und einen Körnerspender durch Drauftreten in Gang zu setzen! Ähnlich den Menschen übernehmen sie voneinander aber auch schlechtes Verhalten wie z.B. das Federpicken (Bei den Menschen „Hickhack“ genannt.) Das Schimpfwort „Dummes Huhn“, ist also irreführend.

Das Leben einer Legehenne ist nur kurz und männliche Küken werden jährlich millionenweise in den CO2-Bottich geworfen. Verbesserungen sind, dank Esther Zeltners Mauser-Forschung in Sicht.

Wenigstens das Leben als Huhn ist in der Schweiz besser als anderswo.

Mit ihm hab ich mich schon lange nicht mehr befasst, bis letzten Donnerstag. Da hatte ich ein Vorstellungsgespräch.
Die Personalverantwortliche: „Nehmen wir einmal an, wir würden Sie anstellen. Da müssten Sie dann den Vertrag selber kündigen, wenn Sie einmal in Pension gehen möchten.“
Wie es gelaufen sei und was ich so für ein Gefühl hätte, wurde ich anschliessend von Bekannten gefragt. Ich konnte dazu nicht viel sagen, denn ich war schon am Überlegen, wie und wann ich die Arbeitsstelle kündigen müsste, falls ich sie bekäme …

Eigentlich wollte ich heute nur vor dem Regen flüchten. Deshalb tauchte ich im West-Zugang des Bahnhofs mit dem Glaslift in der Welle unter. Auf Gleis sechs warteten Frauen in Daunenjacken auf die Einfahrt des Zuges nach Interlaken. Heute hatte ich keine Eile. Deshalb fiel mir wahrscheinlich auch zum ersten Mal auf, wie viele Leute im Bahnhof Selbstgespräche führen. Sie kommentierten Reklamen, lasen laut die Anzeigetafeln, wiederholten Abfahrtszeiten, pfiffen oder sangen. Schön, dass sie sich hier so sicher fühlen konnten. Ich holte mir einen Becher Kaffee und stellte mich an den Treffpunkt in der Halle, schaute zu, wie der angekündigte Wind in die Weihnachtsdekoration fuhr und sie zum Pendeln brachte. Auf den neuen „Rauchfrei“-Plakaten verpasste Camel den Zug und auch Malboroman paffte sein Zigarettli im Sattel.
Zu dieser für mich ungewohnten Stunde sah ich kein einziges bekanntes Gesicht und ich hatte einen Moment das Gefühl, auf der Durchreise zu sein.
Trocken Hauptes erreichte ich später den Zytglogge, wo unter den Lauben ein alter Heilsarmeeoffizier den Topf am Kochen hielt, leider ganz ohne Musik.

Den Alten und Neuen, den Kleinen und Grossen habe ich zum Abschied den Rücken getätschelt und ihnen alles Gute gewünscht. Sie stehen, mit einem sauberen Signaturschild versehen, auf abgestaubten Tablaren oder liegen wohlverwahrt in säurefreien Archivschachteln – ein bisschen traurig?
Jedes der Bücher habe ich in den letzten vier Jahren mindestens ein Mal zur Hand genommen und davon eine Aufnahme im elektronsichen Katalog gemacht.
Berühmten, aber noch mehr „vergessenen Frauen“ der Geschichte bin ich bei meiner Arbeit begegnet, und ich habe ihre Namen mit Lebensdaten in einem Index zusammengeführt. Hier 13 von über 1000:

Aberdeen, Ishbel Maria Marjoribanks of (1845-1930)
Baader, Ottilie (1847-1925)
Calame, Marie-Anne (1775-1834)
D’Acierno, Petronella (1877-1962)
Eberhardt, Isabelle (1877-1904)
Fallscheer-Zürcher, Josephine Therese (1866-1932)
Gamond, Blanche (1664-1718)
Hanhart, Dorette (1890-1943)
Ihrer, Emma (1857-1911)
Jeanne d’Arc (1412-1431)
Kern, Elga (1888-1955)
Lefaucheux, Marie-Hélène (1904-1964)
MacGill, Helen Gregory (1864-1947) …

Feuerwehr frei. Endlich. Weniger Staat! Felxibilität und Eigenverantwortung, wer bin ich denn. Natürlich habe ich alle 15 Anbieter auf meinem Handy gespeichert und bekomme regelmässig informative SMS und kann bei Wettbewerben Südseereisen gewinnen. Es gibt einen Super-Brand-Bonus, ab einem Brand pro Monat einen Extra-Fire-Discount beim einen, beim anderen kann ich Grossbrände im Jahr darauf als Joker einsetzen, beim dritten – ach das habe ich noch nicht ganz vestanden, Hauptsache, ich kann wählen und das Angebot stimmt. Im Moment mag ich besonders die „MobiFire“, wegen des netten oberländer Bauern aus der Werbung: „Die sy schnäu da gsy, nid meh aus zwänzg Minute hei die Giele ghaa. MobiFire: die wähle-n-ig wider!“

Eben. Aber jetzt muss ich, soeben wurde als letzte Einrichtung noch die Ambulanz privatisiert. Dank dem monatlichen Digest von Comparis bin ich auch immer auf dem Laufenden, obwohl, die Mitteilung lautet seit über einem Jahr immer noch „Mit ihren Suchkriterien (max. Einsatzzeit <= 30 Minuten) wurde in Ihrem Wohngebiet kein Anbieter gefunden". Vielleicht zuwenig Familiendramen und Rasenmäherunfälle in unserem Quartier, ich weiss es nicht. Herr S., Taxifahrer, 6. Stock rechts, hat an seinem Lüti jedenfalls nun diesen weissen Kleber mit dem roten Kreuz platziert. Wir dürfen jederzeit klingeln sagt er, immer, auch nachts. Wir hoffen er ist da, wenn wir ihn mal brauchen.

Die Leute sind brav und halten sich seit gestern an das Rauchverbot im Bahnhof. Schon heute war die Luft ein Stockwerk unter der Erde so rein und klar, dass einige, die gestern mit dem Rauchen aufgehört hatten, ihre Liegestühle zum „Treffpunkt“ mitbrachten. Sie wickelten sich nach der Zauberberg-Methode in Wolldecken ein, atmeten tief und entspannt durch und begannen in aller Öffentlichkeit ein neues gesundes Leben.
Ich bin sicher, dass bald ein Run auf Liegestühle und Decken … Auf der Tafel vor dem Reisebüro steht: „Warum in die Ferne schweifen?“

Die Bewohnerin von Hemel Hempstead war erleichtert, als sich der Wind drehte und die grauenhafte Rauchwolke hinter ihrer Siedlung langsam Richtung Frankreich abzog. Obwohl sie das Haus nur kurz verlassen hatte, lag auf ihrem Gesicht schon eine Schicht von schwarzem Russ.

Die Steuern sind bezahlt, die Augen untersucht: keine neue Brille nötig, und der nächste Termin erst in fünf Jahren. Die Zähne sind tiptop in Ordnung, und wenn ich nicht, wie auch schon, in einen Stein im Kartoffelgratin beisse, sehe ich den Zahnarzt erst in einem Jahr wieder. Nina, die Coiffeuse im Ladenzentrum gewährte mir für meine asymmetrische Kurzhaarfrisur einen Spezialpreis, weil ich ihrem Sohn eine Internetadresse für seine Lehrstellensuche gab. Mein Bus-Abo habe ich eben für zwei Jahre vorbezahlt und das vergünstigte Halbtaxabonnement für drei Jahre gekauft. Die Tageszeitung, vor lauter Sparen schon sehr dünn geworden, wird bis im August 2006 in meinem Briefkasten liegen – falls sie’s bis dahin noch schafft.
Zur neuen Krankenkassenprämie habe ich einige Korrespondenz geführt, um ja nichts Unnützes zu bezahlen.
Kehrichtmarken-, Waschpulver-, Sonnenmilch-, Zahnbürstenvorrat wurden ergänzt, wie auch derjenige der schwarzen Winterstrumphosen. Sicherheitshalber habe ich von den rot-schwarzen Schuhen, die mir so gut, und zu allem, passen, noch einmal ein Paar gekauft.
Mit der lebenslänglich gültigen Bibliothekskarte, einer Mitgliedschaft bei der Erklärung von Bern und den zahlreichen zum Glück noch ungelesenen Büchern auf den eigenen Tablaren bin ich kulturell über Monate versorgt. Das Geld für die Campingferien am Meer liegt auf der Bank. Sollten Wasch- oder Geschirrspülmaschine im nächsten Jahr sich irgendeine Unregelmässigkeit erlauben: ich habe die Versicherung erneuert. Die Barchentbettwäsche ist von bester Qualität und blogk ist dank 2nd male und 2nd female neu gewartet.
Eigentlich kann ich gelassen erwerbslos werden, denn ich bin gut gerüstet, und was ich tun konnte, habe ich getan.

Marzipanstern von Bethlehem

Ein Bethlehemstern für ein Bethlehm-Kind.

Mutter ist kein bisschen dankbar, dass man sie pflegt. Sie schimpft und trotzt, lässt sich nicht waschen, nicht kämmen, verweigert Essen und Trinken. Die Spitex-Frauen verlassen das Haus meist frustriert und rein verrichteter Dinge – aber nicht ohne ein freundliches Wort von Vater.
Letzte Nacht hat meine Schwester Rosy bei der Zornigen gewacht. Sie ist eine erfahrene Altersbetreuerin, lässt sich nicht leicht aus der Fassung bringen und nimmt starrsinnige Menschen als kreative Herausforderung.

Folgendes SMS habe ich um 01:32 von der Nachtwächterin erhalten:

Es geht gut
Müeti ist friedlich
gesungen
getrunken
gesalbt
gelacht
gebiselt
geflucht
gedankt
gekämmt
Vielleicht kommt jetzt der Schlaf.

Aber nein, während es draussen in eine dunkle Nacht schneit, sagt Mutter ein Frühlingsgedicht auf, das sie in der zweiten Klasse gelernt hat:

„D’Amsle uf em düre Ascht
het kei Rueh me u kei Rascht
Eismal isch se-re um ds Singe:
„Cha-n-is äch no füre bringe?

Liisli, liisli faht si a,
Zerscht e Ton – es Schlänggerli dra.
Z’letscht, da gits e ganze Satz
u itz blibt si nümm am Platz.

Flügt mit ihrem junge Gsang
z’oberscht uf e-n-e Wättertann‘.
Rüefts am Himel und de Bärge:
„Loset, es wott Früehlig wärde.“

Also 1st ist noch nicht ganz depressiv, aber hat leider den in die Bibliothek kotzenden Hund ihrer Madame Vorgesetzten wieder nicht schnell genug mit der neuen Kamera eingefangen. Nun, der wird vor Jahresende noch ein paarmal kotzen.

Mein guter Freund, der Kammerjäger, war wieder einmal bei mir. Und weil der Mann ohne Socken von unten dran immer noch im Spital ist, muss man jetzt abklären, ob man trotzdem seine Kammern jagen darf, denn im Block ist Kammerjägerei nur sinnvoll, wenn man sie auf allen Ebenen betreibt.

Die albanische Schwiegerfamilie von 2nd2nd bleibt höchst skeptisch was den gemeinsamen Haushalt der beiden betrifft, aber 2nd2nds Mann hat dafür eine gute Arbeit gefunden, er wird Abwart, zwar nicht in diesem, aber in einem Block in der Nähe. Nächstes Jahr wird er der sein, der den berühmten Stern von Bethlehem ganz oben auf „seinem“ Block montiert und wir schlottern ja jetzt schon ein bisschen deswegen.

Erfreuliches gibt es von 3rd zu erzählen, er hat den ersten Bericht aus der neuen Schule bekommen. Die Lehrerin schreibt (ich habe 3rd gefragt, ob ich zitieren dürfe):

Schön ist es auch, wenn du dich meldest und eigene Beiträge einbringst. Wage das noch mehr! (…) Ich wünsche dir noch viele herausfordernde Stunden, in welchen du zeigen kannst, was alles in dir steckt!

3rd war nach 4 Jahren mehr oder weniger Redeverbot und Fremdwörterverbot und Gute-Bücher-ausleih-Verbot ziemlich erstaunt über dieses Feedback. Ich ja auch. Vielleicht hat diese Lehrerin einfach nie Canetti gelesen und ahnt nicht, was für ein schreckliches Kapital es ist, sich in der Schule zu engagieren und zu melden.

Ämtchen zu vergeben
Dezemberkompost

Ich habe eigentlich gemeint, wir hätten erst kürzlich per Abstimmung ein Abfallreglement angenommen, das mehr und nicht weniger Kompostplätze vorsehe. Offenbar habe ich etwas nicht begriffen. Darum habe ich mal bei der Kompostberatung nachgefragt. Liebe Familie, ich halte euch auf dem Laufenden, der Müll ist eine Wissenschaft.

Um vier Uhr früh zünde ich auf dem Balkon die Geburtstagskerzen für meine Tochter an. Die Flämmchenreihe brennt ruhig trotz des Nieselregens, lässt sich nicht unterkriegen, genau wie mein Kind …

In der Stadt ist man am „Angstsalzen“. Anscheinend ist dies ein Fachausdruck in der winterlichen Strassenwartung. Angstgesalzen wird bei unsicheren Wetterverhältnissen – eine vorsorgliche Massnahme gegen Glatteis. Das Spezialfahrzeug wirft mittels eines Rades grobkörniges Salz auf die Fahrbahn. Nun sind die AutofahrerInnen sicher, während sich die FussgangerInnen auf den gefrorenen Trottoirs süüferli zur Arbeit schleichen.

Der Hund meiner Vorgesetzten buckelt, spreizt die Vorderbeine und kotzt einen rosa Schwall mit Fleischbrocken auf den (altrosa) Teppich der Bibliothek.
Ich mag zum Zmittag keine Knäckebrote essen.

Der Berner Künstler CEL ist tot. Auch Hanns Dieter Hüsch hat uns verlassen. Als Fahrender durchstreifte er auch unsere Stadt …

Die Nadel zeigt, wo Nordosten ist, der Bär wacht über unserem Tram und ich kaufe heute „Frieda auf Erden“.

Nächste Seite »