2005


“ … ich wäre für Ampel, ist das Einzige, das mir in den Sinn kommt. Mit den Linken kann doch niemand. Hab ich selber gemerkt, sind henne plemplem. Die einzigen, die mit der Union wollen und können ist die FDP. Die Roten könnens nicht mit den Schwarzen, denn da stört der andere Kanzler. Möchte nicht Politiker werden, obwohl ichs vielleicht könnte – ist ständig ein Huerestress …
Für die Haare nehme ich Herbaflor und für den Körper ph-Balance … “
Der 10jährige fängt unter der Dusche an zu singen und wendet sich später noch ein bisschen dem Bankier Marcel Dalton zu. Gute Nacht …

Die Info-Theke ist verwaist. Vor der Telefonkabine sitzt ein alter Mann, der in der Nase bohrt. Ein einheimischer Passant aus der Gasse eilt zielsicher zur Toilette hinter den Garderobenschränken. Das ganze Haus ist ruhig, nur im obersten Stockwerk zieht der Hauswart den Staubsauger um die Tischbeine.
Es ist 10:00. Frau A. nimmt Handy und Schlüsselbund: „Also, auf Montag, tschüss zusammen!“ Herr F. will nun endlich die Zeitung holen. Frau S. arbeitet heute nur bis 11:30, hat ohnehin schon zu viele Überstunden. Herr U., Herr M. und Frau L. sind in den Ferien. Frau K. ist früher gekommen, hat um diese Zeit ihr Büro und das Atelier bereits aufgeräumt, sitzt vor dem Computer und schreibt einen privaten Brief, ist nicht sehr begeistert darüber, dass jemand noch eine Tube Farbe verlangt. Herr F. kommt mit der angelesenen Zeitung zurück: „Zeitung erfolgreich geholt!“
Der Hauswart hat den Staubsauger geparkt und lehnt am Türrahmen:
„Zu Frau S. muss ich immer nett sein, denn sie kennt meine Schwester.“
Die Info-Theke, Mo-Fr 10-18, ist immer noch nicht besetzt.
Braucht es in diesem Betrieb überhaupt einen FREITAG?

Brummen
Surren
Gurgeln
Blubbern
Rauschen
Zischen
Klicken
Klappern
Knacken

Das alles kann der neue Kühlschrank. Jawoll. Und es sei ganz normal, versichert mir der Hersteller auf dem orangen Blatt, welches dem Garantieschein beiliegt. Und zu jedem Geräusch gibts eine Erklärung, wo, wann und warum dieses entsteht.

Sehr schön finde ich das: ein doch eher prosaisches Thema mit poetischem Einschlag zu erläutern. Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, ob ich alle neun Geräusche unterscheiden könnte. Am besten hätte ich den Monteur gefragt, ob er mir jedes kurz vormachen könnte.

Mein Optiker klagt, dass er kaum mehr Brillen, sondern nur noch Kontaktlinsen verkaufe. Ein beruflicher Abstieg sei das schon.

Ich widerspreche vehement!

Es ist doch alles eine Frage des Ansatzes. Er sollte sich schleunigst von der Vorstellung lösen, dass die Kunden Brillen brauchen. Warum nicht im Rahmen eines regelmässigen physical empowerments ein visual assessment anbieten? Damit hielte er nicht nur den bisherigen, sondern erschlösse sich einen neuen Kundenkreis. Ich bin sicher, dass viele Leute noch gar nichts vom Optimierungspotenzial ihrer visuellen Fähigkeiten wissen.

Und erst die Synergien! Im neuen Ability Management Center (AMC) könnte er zusammen mit Kosmetikerinnen, Chirurgen, Ohr- und Zahnärzten zum Consultant avancieren und umfassende Solutions anbieten. Der Sehtest während der Krampfadernbehandlung würde genau so zur Norm wie die Messung des Augendrucks während der Ganzkörperenthaarung.

Bereits beim Eintrittgespräch ins AMC würden die Kunden getestet und fotografiert, ihre Daten könnten automatisch an das passende Versandhaus wie an das stimmige Partnervermittlungsinstitut weitergeben werden.

OPTImismus ist gefragt. Der Blick über den Brillenrand! Innovation!

Eine weitere tragische Geschichte:
(Es geht um TWENTY EIGHT MILLION US DOLLARS !!!)

Assalamu Alaikum,
may Allah bless us in the name of Allah Almighty the merciful.
My name is AZIM YASIR, I was a crude oil marketer in Fallujah, Iraq. During the war led by the US and the coalition forces, my home, investment and properties were bombed down. I lost my wife in this process but my two children survived the bomb blast and I escaped death but sustained a very serious internal injury that leads me to have been diagnosed with esophageal cancer. It has defiled all forms of medical treatment and right now I have only about a few months to live, according to the medical experts …

Meine neue mühsam erworbene Fähigkeit, NEIN zu sagen wird wieder einmal auf eine harte Probe gestellt. Suha bräuchte meine Hilfe. Auf diesem Wege hoffe ich, dass sie in ihrer Not einen anderen Gutmenschen findet …

Mail von heute, direkt aus Paris:

GREETINGS,

PLEASE COULD YOU BE OF HELP?

I am Mrs. SUHA ARAFAT, the wife of YASSER ARAFAT, the Palestinian
leader who died recently in Paris. Since his death and even prior to
the announcement, I have been thrown into a state of antagonism,
confusion,humiliation,frustration and hopelessness by the present
leadership of the Palestinian Liberation
Organization and the new Prime Minister.

I have even been subjected to physical and psychological torture.As a
widow that is so traumatized, I have lost confidence with everybody
in the country at the moment. You can view this website:

http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/middle_east/3965541.stm

You must have heard over the media reports and the Internet on the
recovery of some fund in my husband secret bank account and companies
and the allegations of some huge sums of money deposited by my husband
in my name of which I have refuse to disclose or give up to the
corrupt Palestine Government.In fact the total sum allegedly
discovered by the Government so far is in the tune of about $6.5
Billion Dollars. And they are not relenting on their effort to make
me poor for life.

As you know, the Moslem community has no regards for woman, more
importantly when the woman is from a christian background, hence my
desire for a foreign assistance. I have deposited the sum of 29.8
million dollars with a
Financial firm in Europe whose name is withheld for now until we open
communication.

I shall be grateful if you could receive this fund into your bank
account for safe keeping and any Investment opportunity. This
arrangement will be known
to you and I alone and all our correspondence should be strictly on
email alone because our government has tapped all my lines and are
monitoring all my movement.

In view of the above, if you are willing to assist for our mutual
benefits, we will have to negotiate on your Percentage share of the
$29.8million that will be kept
in your position for a while and invested in your name for my trust
pending when my Daughter, Zahwa, will come of age and take full
responsibility of her
Family state/inheritance.Please note that this is a golden opportunity
that comes once in life time and more so, if you are honest, I am
going to entrust more funds in your care as this is one of the legacy
we keep for our children.

In case you don’t accept please do not let me out to the security and
nternational media as I am giving you this information in total trust
and confidence. I will greatly appreciate if you accept my proposal
in good faith.

Please expedite action.

Yours sincerely,

Suha Arafat

An der BAM verschenkten die Berufssparten Blöcke und Kugelschreiber. Nur bei der Polizei gähnende Leere. Ganz leer? Nein! Ein Kugelschreiber war da, hinter der Theke angebunden.

Die Polizei spart wirklich, nicht nur bei der Belegung der Notfallnummer.

Immer wieder erzählen mir Mütter von erwachsenen „ausgeflogenen“ Kindern, wie sie die Wohnung umstellen, neue Möbel kaufen, Schränke ausräumen, Spielsachen verschenken, Schulhefte und Zeichnungen endlich für die Papiersammlung bündeln, Kinderbücher, Roll- und Schlittschuhe ins Brockenhaus tragen, aus dem Kinderzimmer eines für die Nähmaschine, das Bügeleisen, das Hobby des Gatten oder für Gäste einrichten.
Zu diesen Müttern gehöre ich nicht.
Bei mir finden die Kinder immer noch Schlafsack, Zelt klein oder gross, div. Modelle von Taschenlampen mit Ersatzbatterien, Zeichnungen, Briefe, Plüschtiere, Schwimmflossen, Davoserschlitten, Arbeiten aus dem Werkunterricht (kupferne Suppenkelle, Leier aus Lindenholz, Fotorahmen aus Filz), Rollschuhe, Puppenhaus, Schaukelpferd, Murmelbahn … und natürlich gegen 25 Laufmeter Kinder- und Jugendbücher.
Nur mit der Regenkleidung haperts. Meine Tochter wird nächste Woche als Leiterin einer Landschulwoche lustig aussehen in der tomatenroten Regenjacke und der neongrünen Regenhose mit gelbschwarzen Streifen.
Wer weiss, vielleicht scheint ja die Sonne. Es ist aber auch möglich, dass am Ende alle Kinder tomatenrote Jacken und neongrüne Hosen mit gelbschwarzen Streifen haben möchten.

Bei Multivitamindrink und frischem Fruchtsalat überzeugte ich meinen Kollegen doch davon, Meldung zu erstatten. Er wolle doch auch, dass es in irgendeiner Statistik auffällt, was für eine gefährliche Ecke das ist. Endlich konnten wir dann Anzeige erstatten. Der Polizist, der das Protokoll schrieb war sehr nett. Ja, letztes Wochenende sei zu streng gewesen, als dass die dreissig Polizisten überall hätten sein können. Bei schönem Wetter sei alles noch viel schlimmer, da schössen die Gesetzesbrechereien steil in die Höhe. Messerstechereien, Vergewaltigungen, Überfälle, Einbrüche, Umfälle, häusliche Gewalt. Wie das Verhältnis zwischen Schweizern und Ausländern sei, wollte ich wissen. Fast 20% seien Schweizer und 99% der Kriminellen seien Männer, wagte er zu behaupten. Am meisten störte es den Beamten, dass die interne Presse kaum etwas veröffentlichen lasse. Es dürfe eben in der Stadt nicht den Eindruck entstehen, die Polizei hätte die Kriminalität nicht im Griff. Wir waren zwei Stunden in seinem Büro und konnte auch gerade zwei andere Fragen über den Drogenhandel im Westen Berns und über Erpressung klären.

Als wir den Posten als pflichtbewusste und zufriedene Bürger verliessen, meinte mein eingebürgerter Kollege: „So, jetzt bin ich ein richtiger Schweizer.“

Es war gar nicht so einfach meinen Kollegen, den Fahrer, zur Anzeige zu überzeugen, da er das noch nie gemacht hat, obwohl er schon mehrere Gründe dazu gehabt hätte. Leider schliesst der Polizeiposten bereits um 18:00 Uhr. Da wir beide arbeiteten, kamen wir erst eine halbe Stunde vor Feierabend auf den Posten. Uns empfing ein unsensibler nervöser Polizist, der nicht ahnte, was er mir mit seinem Verhalten für Schwierigkeiten machte. Was, wir hätten kein Arztzeugnis? Und auch keine anderen Beweise? Unser kaputter VW stünde vor dem Posten. Was wir eigentlich das Gefühl hätten, wie viel Arbeit die Polizei sonst noch hätte und eine Anzeige nütze uns sowieso nichts und solchen Quark. Ich beherrschte mich, nicht noch in die Beamtenbeleidigungsfalle zu tappen und mein Kollege verliess den Posten mit dem Versprechen, ihn nie wieder zu betreten.

Seit meine Freundin Mutter ist, kommt sie selten mit uns in den Ausgang. Doch das Mattenfest verpasst sie kaum ein Jahr. Wegen dem Hochwasser musste es ins Wankdorf verlegt werden. Der Aufwand lohnte sich. Die MattenbewohnerInnen erhielten viele Spenden. Der Samstagabend verlief zu unserer Zufriedenheit.

Auf dem Nachhauseweg parkierten wir neben der grossen Schanze, weil der Fahrer unbedingt pinkeln musste. Wasser, versteht sich, unsere zwei Begleiter trinken keinen Alkohol. Er stieg der Stadtgärtnerei in das Frankenpärkchen, wo uns auch gleich zwei Schwarzafrikaner auffielen. Wir gaben ihnen zu verstehen, dass wir kein Interesse an Drogen hatten. In dieser Ecke der Stadt wird man immer bedrängt, Kokain zu kaufen.

Plötzlich ging alles sehr schnell. Der stierartige Afrikaner schrie meinem Kollegen französische Flüche und Drohungen entgegen. Dieser realisiert nicht, was abging und konnte die schwarze Faust nur noch abblocken, urinierend, versteht sich. Während er sich seine Hose rauf zog, schlug der Schwarze wieder zu, verfehlt ihn jedoch. Mein Kollege riss seinen Gürtel aus den Schlaufen und schlug den Angreifer auf den Kopf, der Getroffene taumelte, raffelte sich aber auch nach dem zweiten Schlag auf. Nach vier Schlägen war die metallene Gurtschnalle verblutet und kaputt. Mein Freund rannte dazu, um seinem Kollegen zu helfen. Er kickte den Übeltäter wie Jackie Chan in den Solarplexus, dieser flog zwei Meter in die Büsche, schien jedoch keinen Schmerz zu spüren. Da merkten meine zwei Begleiter, dass Drogen verladene und sonst irgendwie traumatisierte Verrückte auch mit Kickboxen nicht zu bodigen waren und kamen zu uns zwei verstörten Frauen zurück.

Als wir endlich wieder zusammen waren und in unseren VW stiegen, sah ich die zwei Afroblacks in dem Container an der Ecke wühlen. Mein Kollege legte den Rückwärtsgang ein und wir fuhren los. Meine Freundin schrie: „Sie kommen!“, da prasselten auch schon die Scherben auf uns. Sie schlugen mit einem flaschengefüllten Kehrichtsack eine Scheibe ein. Unser Fahrer fing die meisten Scherben mit dem rechten Arm ab. Unsere zwei Männer hatten natürlich keine Angst. Aber meine Freundin und ich dachten, die zwei nähmen eine Pistole hervor oder würden etwas Metallenes auf uns werfen. Zum Glück überfuhren wir keinen und konnten wegfahren.

Meine Freundin und ich rufen beide die Polizeinotrufnummer 117 an. Keiner ging ran. Sie versuchte weiter. Ich wechsle auf die Auskunftsnummer 111. Stopp, ein Fräulein sagt mir, das sei jetzt 1899. Klar, hätte ich wissen sollen. Verbinden Sie mich sofort mit der Stadtpolizei. Eine männliche Stimme gab mir wieder die Nummer 117. Ich erklärte, dass dort keiner ran ging. Also wurde ich mit einem Anschluss verbunden, bei dem mir dann ein Band sagte, was zu tun sei. „Sind sie in unmittelbarer Not? Dann legen Sie den Hörer auf und wählen Sie die Nummer 117… dann drücken Sie die 2. Haben Sie… dann drücken Sie die 3.“ Mehrere Minuten verstrichen. Bei meiner Freundin ging immer noch niemand ran, bis sie es mit der Feuerwehr 118 versuchte. Mein Herz pocht immer noch. Endlich meldete sich bei mir ein Herr Sowieso, der mir versicherte, dass sofort jemand kommen würde. Wir warteten mindestens zwanzig Minuten.

Der Polizist Freiburgirgendwie von der Sicherheitspolizei und sein Kollege stiegen aus dem Kastenwagen. Wir schilderten ihnen, was geschehen ist und beschrieben die Typen. „Wir können weder zaubern, noch die zwei erwischen. Ihnen können wir leider auch nicht helfen. Es liegt in ihrem Ermessen, ob Sie Anzeige gegen Unbekannt erstatten oder nicht. Am Montag zwischen 11:00 und 18:00 könnt ihr euch auf dem Posten melden. Die Scheibe müsst ihr selber bezahlen, das versteht sich ja von selbst. Nein, etwas zum wischen können wir euch nicht anbieten. Nichts für Ungut.“

Durch den Wind fuhren wir zuerst meine Freundin nach Hause. Bevor sie sich zu ihrem Sohn ins Bett legte, duschte sie sich die Scherben ab. Ich zog meinem Kollegen ungefähr 20 Splitter aus dem Kopf. Morgen könne er zum Arzt. Er wollte nicht. Seiner Mutter sollen wir auch nichts erzählen. Sie würde sich nur unnötige Sorgen machen. Ich verarztete seinen zerschnittenen Arm. Nein, der Schwarze könne ihn unmöglich mit Aids infiziert haben.

jeden Morgen, noch vor Sonnenaufgang besuche ich mein Blog. Während sich der Himmel über den Alpen und Hochhäusern rötet, sitze ich vor dem leeren Blatt und denke an den Schriftsteller Alfred Andersch, der seine Tage oft damit verbrachte, Seite für Seite mit AAAAA … zu füllen, nur um überhaupt etwas zu schreiben.
Seit Tagen stehen die Hilfsgüter für die USA bereit. „Die Schweigeminute im US-Senat dauerte nur kurz“, höre ich in den Nachrichten.
Auch unsere Bundesräte dürfen Schutt und Schlamm, natürlich auch die Unwettergeschädigten, hilfsbereiten Mitmenschen überlassen und ihren Amtsgeschäften nachgehen. So höre ich, dass sich der Finanzminister Hans-Rudolf Merz (hier mit dem Kopf in der Kutte des Sicherheitsbeamten) mit den Leerläufen in der Verwaltung befasst und diese bald energisch „ausmerzen“ wolle.

[Wir bitten um Entschuldigung.]

Sie heissen Anna oder Hanni, Ursula, Marie, Rosa, manchmal auch Adèle, die verdienstvollen Lehrgotten, deren Nachrufe und Trauerreden ich gerade katalogisiere. Meist findet man vorne in den schmalen Bändchen ein Porträt der Verblichenen. „Nie erlahmende Einsatzbereitschaft“, „vorbehaltlose Hingabe“, „ausgezeichnete Fähigkeit, den Anschluss an die Gefühls- und Gedankenwelt der anderen zu finden mit selbstverständlicher Fröhlichkeit“, so priesen die Pfarrer im Krematorium Schaffhausen, Aarau, St. Gallen, Bern das verstorbene „Fräulein“.
Die Gedenkschriften verheirateter Frauen sind vornehmer, umfangreicher. Die Verstorbenen hatten meist mehrere Vornamen, auch Spitznamen für den Familien- und Freundeskreis wie Micky, Teiggi, Lelly … Die Schrift enthält Familienbilder, Fotos von Stadthäusern, Ferienhäusern in den Bergen, am See, am Meer, und oft blieb zuletzt auch nur noch ein Zimmer, vollgestopft mit Ölbildern, Ständerlampe, Sekretär, Zimmerpflanze, Zinnkrügen, Neuenburger-Pendule und Fernseher.

Sterben kostet Geld und frisst oft den letzten Rest des Vermögens, schwupps, den Erben vor der Nase weg. Wer es sich eigentlich nicht leisten könnte und trotzdem in der Gemeinde Bern den Löffel abgibt, kommt in einen Armensarg aus Schweizerholz. Lothar hat für preiswerten Vorrat gesorgt. Anscheinend geht dieser nach fünf Jahren nun zu Ende und Bern prüft eine neue Billigvariante aus Polen.
Um eine eventuelle Welle der Empörung in der Bevölkerung zu vermeiden und die Abstimmung vom 25. September nicht zu gefährden, denkt man aber eher daran, sinnvolle 1000-Franken-Jobs für Arbeitslose zu schaffen. Sie lernten dann, ihren eigenen Sarg zu schreinern. (Ausserdem ist der Beruf des Sargnaglers krisensicher). Weibliche Erwerbslose bekämen die Gelegenheit, Sargkissen und Leichenhemden zu nähen. Mit ein bisschen gutem Willen wäre der Preis von 408.90 pro Armenbestattung sicher noch zu drücken, ohne dass die Qualität darunter leiden müsste, denn Schweizerqualität verlangen die Leute eben von der Wiege bis zur Bahre.

diesmal, nicht Luftröhre.
Herr Abendschein stellt Fragen.
Die Antwort hingegen liegt nah.

Ein Mann hat Krebs und muss den Kehlkopf entfernen lassen. Genesen wird er nie mehr ganz, Urlaub hatte er im gesunden Leben gemacht und das ist nicht mehr. Nein, den Arzt mag er danach nicht fragen, jedes knarzende Wort ist eines zuviel. Da hört die Ehefrau von ihrer brustkrebskranken Freundin, dass man im Internet Rat findet. Es gebe Foren und Selbsthilfegruppen, mehr als man sich vorstellen könne. Schon ein paar Stichworte würden einen auf die richtige Fährte bringen. Die Ehefrau geht hin zur Tochter an den Computer und fragt nach Google. Sie sieht das Eingabefenster und schreibt, worüber sie etwas erfahren will: „urlaub ohne kehlkopf“.

Heidideldei! Der grösste Bagger wurde endlich gefunden! Nur er allein kann die Autos aus der Fahrtrinne für die Rettungsboote schieben! Und woher musste man ihn holen, woher? Bei uns auf der hier oft erwähnten Brünnenbaustelle. Lasst uns Bagger austauschen, Gräben zuschütten, zwischen Altstadt und Ghetto, zwischen Ost und West, Stadt und Land. Guten Morgen, schweizer Solidarität.

In bunten Blumenblusen, besteckt mit Goldbroschen, die Dauerwellen in einem zarten Blau getönt, trippelten sie in den letzten Tagen zum Tor herein, die greisen Bernerinnen. Ihre Stammplätze der Aare entlang, die lieben Beizen samt Apfelkuchen und Streichelzoo stehen unter Wasser. Heute war gerade so ein Wetterchen für ein Spaziergängli mit Besüchlein auf dem Hügel. Während ihre ärmeren AltersgenossInnen unten in der Matte aus ihren Dachfenstern gezogen und mit dem Helikopter ins Trockene gebracht wurden, sassen Mesdames im Garten bei den Rosen und ezählten von ihren „Harten Zeiten“ im Leben. Das war im Krieg. Sie gehörten zum FHD, zum Frauenhilfsdienst, dienten in der Armee als Rotkreuzfahrerinnen und nahmen die „Geistige Landesverteidigung“ als liebe Pflicht. Tonnen von Soldatensocken haben sie gestrickt und General Guisan und das Pferd persönlich gekannt. Wirklich, ein netter Nachmittag.
Die Abendnachrichten heiterten mich nicht auf. Überall unpassierbare Verkehrswege: „Die Lastwagen werden im Tropfsystem in die Strasse eingespiesen“, teilt mir die Sprecherin von SFDRS mit.
So sind sie sicher besser verdaulich.

Wir sitzen vor dem Internet-TV und sind froh, im Block zu wohnen. Wir reden über den überkantonale Unwetterfonds oder wie immer er auch heisst, der gespiesen wird aus den uneingelösten Banknoten, jawohl, so etwas gibt es in der Schweiz. Und die Kantone, die es am härtesten trifft mit dem Unwetter, bekommen daraus etwas. Die Bedingungen würde Bern jetzt
definitiv erfüllen und auch das Oberland, das sowieso. Alle Kinder hocken abgeschnitten in den ländlichen Mehrzweckhallen, die teuer sind und die Landschaft verschandeln, weshalb wir Städter oft genug gemurrt haben. Aber jetzt sind wir im gleichen Boot, sofern überhaupt eins frei ist. Und wir hoffen ja, dass 3rds neue Gutmenschenschule an der Aare überhaupt noch steht und sein Material für das „Ich-Plakat“ vielleicht – gewellt zwar – aber doch irgendwie auffindbar sein wird, sollte das Wasser je wieder abfliessen. Aber in der momentanen Situation ist nichts mehr sicher, die Fluten liessen sich heute von den Sonnenstrahlen nicht beim Steigen und Reissen stören. Zuletzt überlegen wir noch, warum die Swisscom, unsere schwerreiche nationale Telefongesellschaft, nicht daran gedacht hat, ihre Zentrale in Thun wasserdicht zu machen und auch, ob Schröder seine Gummistiefel aus dem letzten Wahlkampf noch in Griffnähe hat. Dann trinken wir so viele Gläser Ferienwein wie nötig.

in 3rds neuer Schule (ja, die Gutemenschenschule) ist die Aare gekommen. 2nd male ist überzeugt, dass das nur passiert, weil der gute Fluss ob der elenden Einfamilienhäuslibauerei in einen starren Kännel getrieben wird, darum komme er dann halt hier im Aarebogen über die Ufer. Jedenfalls hat 3rd seinen Pultinhalt gepackt, dann zugeschaut wie die Werkräume sich langsam mit brauner Sosse füllten und die liebe Aare geduldig Kühlschränke und Lastwagenreifen in den Garten schob. Danach hat er sich mit seiner Klasse in die Höhe und zu „den Grossen“ begeben, die extra ein wenig zusammenrücken.

(Off Topic für 2nd2nd: Lila schreibt über die Beschneidung.)

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