2006


Vernetzt

… auch im neuen Jahr.
Herzliche Glückwünsche und danke euch allen für die Blogbeiträge und Kommentare!

Seit Vater nicht mehr gut gehen kann, Augen und Ohren, nicht aber das Gehirn „nachgelassen“ haben, will er im 300 Jahre alten Haus keine Kerzen mehr anzünden. Zu viele Bauernhäuser hat er in seinem langen Leben brennen sehen.
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Weihnachten war eine halbwegs zu bewältigende Anzahl von Konflikten, ein schönes Familien-Weihnachtsznacht und ein wunderbarer Baum mit ebensolchen Gaben darunter.

Weihnachten war Besuch beim Grossvater, der nicht mehr weihnachten will und zum Entsetzen des ausgewanderten Sohnes (Kanada) nicht einmal ein einziges kleines Lichtlein anzünden mochte.

Und Weihnachten war auch ein Dreizehngänger à la mode du Louis XIV, für dessen Kreation und Genuss sich 2nd, female & male zu einer guten Freundin absetzten, während sich die 3. Generation unter wachsamen Augen der 2nd2nds eine weitere Runde mit Weihnachtsbaum und Geschenken amüsierte.

Meine Schwester ist nun abgereist um das Opferfest als die andere Hälfte der Familienkultur in Wien zu begehen. Uns andere hat der Alltag zurück, nur 3rd geht es entspannt an. Er lädt – wie vermutlich tausende anderer europäischer Kinder – Sound auf seinen neuen iPod.

Herzlichen Dank für die guten Wünsche, die uns aus so vielen Teilen der Welt erreicht haben. Unsere treue Leserschaft macht uns froh und stolz, nicht nur zur Weihnachtszeit.

Weihnachten mit neuem Kind

Ferien.

Gestern ging ich voll einer Gewinn-Hotline (Cusamo AG [?], Postfach 182, 5015 Erlinsbach, Solothurn) ins Netz. Nähere Ausführungen wären allzu peinlich, dennoch blamiere ich mich damit, dass ich 10 min. für 4.23Fr./min. vertelefoniert habe.

Heute wurde meinem Mann ein Strassensignal geklaut, das er abgeschraubt und nicht angekettet hatte, damit die Feiertags-BesucherInnen mehr Parkiermöglichkeiten haben.

Wir verreisen, sonst verarmen wir ob unserer Naivität. Wir fahren morgen nach Wien. Tschüss.

Kalt stellen

Auch diese Jahr bis im allerletzten Moment. Wie immer mit Hilfe des Aussenraumes Balkon. Drinnen würden die Spitzbuben mit Herz und sehr viel Butter einfach verlaufen.

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Das Schöne an der TV-Weihnachsfilmewelt ist: alles kommt gut! Alleinerziehende Müttern treffen in einem stehen gebliebenen Zug ihren geschiedenen Mann und retten mit ihm zusammen im Schneesturm den gemeinsamen Sohn. Die junge Witwe kümmert sich in Afrika um die Kinder ihres verstorbenen Gatten aus erster Ehe, findet dann ein neues Glück in der Person des sich aufopfernden Arztes und überwindet en passant noch ihre Angst vorm Fliegen. Oft tauchen in solchen Geschichten auch Engel auf in der Gestalt von gebildeten Clochards, welche berufstätigen Müttern unter die Arme greifen, indem sie deren Kinder wieder gehen, sehen, sprechen lernen, Viehweiden, Wohnhäuser und Kirchen vor Bauhaien verteidigen und die Motorräder der toten Väter reparieren. Gewaschen und in die Kleider der verstorbenen Ehemänner gesteckt, sehen solche Himmelswesen dann so richtig zum Anbeissen aus. Meist dürfen sie auf der Erde bei ihrer Liebsten bleiben, aber manchmal verschwinden sie nach der guten Tat. Es bleibt dann eine Feder ihrer Flügel auf dem Weihnachtsbaum zurück oder die Familie kehrt mit einem besonderen Glücksgefühl und bereit, alle zu lieben, von der Mitternachtsmesse in das festlich geschmückte Heim zurück.
Kein Wunder, dass sich die unmöglichsten Wünsche und Vorstellungen für die Heiligen Tage in den Köpfen der Leute festsetzen.
Zum Glück gibt es noch die Sendungen über Krisenbewältigung an Weihnachten und den Bericht über das fachgerechte Aufbewahren der Trüffel!

Jeder Schüler meiner Praktikumsklasse, KKD, durfte eine Lehrperson auswählen, um ihr einen Weihnachtsbrief zu schreiben. David wollte der Logopädin schreiben. Die Lehrerin fand seinen Brief nicht sehr weihnächtlich. Die anderen Knaben hatten Sterne gemalt und „froe Weinachten und ales gute“ geschrieben. Doch auf Davids Brief stand: „Liebe Frau Keller. Es tut mir leid. Viel Glück von David.“ Darunter waren ein Kreuz und ein ganz trauriger Sankt Nikolaus gezeichnet. Rundherum regnete es Bleistiftstriche. Tränen?

Im Lehrerzimmer klärte uns die Logopädin auf. Wir wussten, dass vor einigen Wochen ihr Vater gestorben war, aber dass sich der kleine sprachbehinderte Vietnamese daran erinnerte, darauf sind wir nicht gekommen. Ob er den Weihnachtsbrief alleine gemacht habe, wollte Frau Keller wissen. Nein, sein Freund, ein Albaner, hätte ihm geholfen. Der sei allerdings der Meinung, nach dem Tod werde man wieder geboren. David selbst glaubt aber eher, ihr Vater sei jetzt ein Engel.

Jemand klingelte unten an der Gegensprechanlage. Nein, kein Liftproblem, kein überschwemmter Waschraum, keine Gjyshe und auch keine Reklamationen störten unser gemeinsames Mittagessen, sondern ein Maler. Mein Mann wunderte sich, weil er keinen Termin mit ihm vereinbart hatte und vermutete, der Maler wolle Material unterstellen.

2nd2nd, male kam mit einer schwarzen Schachtel mit roter Schleife zurück. „Ein Dankeschön, für das Jahr unserer Zusammenarbeit. Nicht der normale Mitarbeiter hat es mir gebracht, sondern der Abteilungsleiter.“ „Und, wie hast du ihm gedankt?“ wollte ich pädagogisches Huhn wissen. „Ich hab ihm gesagt, ich sei zufrieden mit seinen Arbeitern.“ „Und?“ „Ich würde sie auch im nächsten Jahr mit Aufgaben beauftragen.“ Erst als er die Schachtel öffnete, erkannten wir edle Eichenberger Schokolade und da fiel auch das elegante Briefchen heraus: ein 100.- Gutschein für die Herrenabteilung im Globus.

Damit hat es gestern angefangen. Seither schneite es meinem Mann x Glückwunschkarten ins Haus, ein 10.- Coop-Gutschein, ein 20.- reka check, eine Schachtel Pralinen, eine Panettone, eine riesige Toblerone vom Elektriker, einen Tischkalender eines Technischen Mitarbeiters und ein Matterhorn-Wand-Kalender vom Heizungsmensch.

„Hast du jemals so viele Glückwünsche erhalten?“ wollte ich wissen. „Nein, aber ich habe immer den Leuten geholfen. Jetzt endlich danken sie mir. “

Verbunden 4

Gut versorgt.

Gestern hab ichs getan! Als er lässig seine prall gefüllte feldgrüne (-graue?) Reisetasche auf die Sitzbank der Bushaltestelle fallen liess, grüsste ich ihn und fragte: „Sagen Sie mir bitte, haben Sie in der Kaserne immer noch keinen Waschsalon?“
Er lächelte höflich, rückte sein hellblaues Beret zurecht (Sanitätstruppen, Veterinärtruppen, Rotkreuzdienst?) und sagte: „Nein, leider nicht.“ „Also müssen samstags immer noch Mütter, Frauen und Freundinnen die Militärwäsche waschen?“
„Nicht unbedingt. Uns steht ein Waschdienst in Münsingen zur Verfügung. “
Diesen hat der flotte junge Mann im Kampfanzug sichtlich nicht in Anspruch genommen.
Das 21. Jahrhundert hat immerhin eine Erleichterung im Waschfrauenhilfsdienst gebracht: die Wehrmänner werden nun samstags um 07:00 Uhr in den Urlaub entlassen, statt erst am Mittag.
Stelle man sich vor, aus der Rekrutenschule kehrten Fachmänner für die allgemeine und spezielle Textilpflege mit logistischem Flair ins zivile Leben zurück, das wäre ein richtiger Beitrag zum Frieden.

Neben der Tür zur Kinderkrippe hat ein junger Mann ein Stativ mit Fotoapparat aufgebaut. Es ist etwas vor acht Uhr morgens, die Kinder sind auf dem Weg zur Schule, die ersten BewohnerInnen auf dem zum Denner.
Ah, diesen Samstag gibts wohl zur Abwechslung eine Fotoreportage über unser Quartier: ein zerschmettertes Fenster, ein verspraytes Plakat vom Drehrestaurant des Schilthorns, kunstvoll beleuchtet, denke ich und halte freundlich lächelnd auf den Fotografen zu: „Guten Tag, darf ich Sie fragen was Sie hier fotografieren?“
„Mais oui!“ Er sei Student der Hochschule der Künste und interessiere sich für
Le Corbusier und dessen Einfluss auf die Architektur dieser Siedlung. Schon vor einer Stunde habe er Aufnahmen von den Schafen auf der Weide zwischen den Blöcken gemacht. Ich sei bereits die dritte Person, die ihn anspreche. Dass ihn die Leute grüssen, finde er so etwas von nett. Er müsse nächstes Jahr noch eine Arbeit über das Thema „Heimat“ schreiben und er habe gerade beschlossen, über das Quartier zu schreiben.
Da die Hochschule für Künste nur ein paar Strassen entfernt sei, (Haltestelle „Bethlehem Säge“), wäre es kein Problem, Berns westlichsten Westen besser kennen zu lernen.
Es ist ganz klar, dass er auf Blogks Unterstützung zählen kann.

Ja, lieber Zürcher, du hast recht, die Welt ist voller abgedroschener Klischees. Das vom erfolglosen Autoren aus der Grossstadt, der sich in Provinzblättern mit Kolumnen über Kleinstädte sein Brot verdienen muss – nur so als Beispiel. Das vom Zürcher, der ausser Zürich und vielleicht noch Graubünden nichts kennt von der Schweiz. Wie er in weiser Vorahnung schreibt: die Realität ist komplizierter als das Klischee. Darum:

1. Bethlehem war für mich bisher, was es für die meisten Nichtberner ist: eine berühmte Bausünde.
Nein. Schon in den 50er-Jahren war das Tscharnergut eine Musterbeispiel für verdichtetes Wohnen, wie es heute wieder en vogue ist. Auch im Gäbelbach und im Bethlehemacker wurden viele Ideen von Le Corbusier umgesetzt, was die Siedlung nach wie vor zu einem beliebten Anschauungsobjekt von Architekturstudenten macht.

2. Eine Horrorvision, die wie ein Phantomgebirge am Horizont auftaucht, wenn man mit dem Zug ins Oberland fährt.
Was man dort sieht, sind die Hochhäuser der Siedlung Wittigkofen. Das liegt ganz im Osten der Stadt und ist zu einem grossen Teil Wohneigentum. Bethlehem liegt im Westen.

3. Die Bushaltestelle heisst malerisch «Bethlehem-Säge», ist aber umzingelt von Einkaufskolossen.
Das grösste Gebäude, das dort zu sehen ist, beherbergt das Brockenhaus der Heilsarmee. Ferner sind eine Textilreinigung zu sehen und ein Coiffeursalon sowie einige Wohnhäuser mit drei bis fünf Stockwerken.

4. Und in der Bethlehemstrasse sieht es aus wie in den Zürcher Slums: triste Reihenhäuser mit Satellitenschüsseln auf dem Balkon; überall Nachwuchs-Hooligans, denen man besser nicht zu tief in die Augen schaut.
Hooligans? Noch nie gesehen. Die finsteren Gesellen, die der Autor gesehen haben wird, haben sich als Rapper oder Homies verkleidet. Fussball interessiert hier echt, die Kinder der Bethlehemstrasse sind wenn schon in der YB-Klasse. Verprügelt werden hauptsächlich schlechte Schriftsteller.

5. An einem der Stützpfeiler hängt die Ankündigung einer Podiumsdiskussion von vorletzter Woche: «Bethlehem unterwegs zu einem Trendquartier?»
Die erwähnte Veranstaltung hat am 29. November stattgefunden, also in der letzten Woche vor dem mutmasslichen Besuch des Autoren am „Samichlaus-Mittwoch“ (Zürcher Brauch?).

6. Hinter dem nächsten Busch lauert die Melchiorstrasse, und schlagartig bin ich wieder in der DDR, will sagen im Bethlehem-Klischee: rechts eine Art Plattenbau, links ein angeschlagener Wald mit Schnellstrasse.
Wenn wir uns ausdenken würden, was ein Zürcher so für Vorurteile mit sich herumschleppt: besser würden wir es nicht treffen.

Wir danken Ihnen.

PS. Bitte protestiert nicht bei der Zeitung, liebe engagierte Bethlehemerinnen und Bethlehemer. Wir fürchten, Richard Reich schreibt über uns, weil er pro Leserbrief bezahlt wird.

Turnschuhe ausgelüftet

Hier wieder einmal ein Beispiel, wie fantasievoll in Berns Westen umgenutzt wird. Es wäre doch schade, die momentan wegen Bauarbeiten still gelegten Trolleybus-Leitungen einfach leer zu lassen.
Ich frage mich nur, ob vielleicht Herr Käppelis Schuhschrank … ?

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Vor dem Hauseingang stapeln sich Tische, Schränke, Gestelle, Stühle, Bett. Es ist noch früh am Morgen, und ich frage den Hauswart, ob jemand aus meinem Eingang ausziehe. „Ja, wissen sie denn nichts? Herr Käppeli ist gestorben.“
Dann kommt Frau Vogel, die Schwester des Toten. Ich kondoliere, noch ganz benommen von der Nachricht.
Ihr Bruder habe alles bestens hinterlassen, die Tausende von Dias, Filmen und Musiknoten angeschrieben, die Ordner aus der langjährigen Quartier- und Kirchenarbeit immer nachgeführt, die Computerprogramme, geschrieben für verschiedene Firmen, in Handbüchern korrekt festgehalten.
Aber sie habe alles rübis und stübis weggeworfen, sie musste, denn sie könne das alles nicht aufbewahren, verstehe vom Filmen und von Computern gar nichts.
Hinten auf der Terrasse zerschlägt ein Mann einen Tisch, während ein anderer mit den Füssen einen Schuhschrank eintritt.
Frau Vogel verspricht, mir den Lebenslauf ihres Bruders in den Briefkasten zu werfen. Er habe ihn selber geschrieben.
Als ich am Abend nach Hause komme, schleppt die Italienerin aus dem Untergeschoss einige Wäschekörbe mit Schischuhen, Mixer, Geschirr, Luftbefeuchter aus der Wohnung von Herrn Käppeli.
Immerhin etwas, das noch gebraucht wird – nicht ganz rübis und stübis.

flengel

Zu schade, um hier im Kommentar von lizamazo versteckt zu werden

Seit 18 Jahren können wir anfangs Dezember lesen, dass die Reichen immer reicher werden, weil die „Bilanz“ (heute erschienen in der Goldausgabe) uns die 300 Reichsten präsentiert. Inzwischen haben die 10 Reichsten doppelt so viel, wie vor 18 Jahren die 100 Reichsten hatten. Soweit nichts Neues im Staate Schweiz – nach wie vor liegt Mr. IKEA Ingvar Kamprad mit seinen geschätzten 26 Milliarden an der Spitze.

Was allerdings auffällt, ist ein leiser Wandel im Inserate-Teil. Es winden sich immer noch die schmachtenden Schönheiten mit Duftwasser und Diamanten, noch sind Männer das Publikum (jedenfalls meinen die Inserenten das). Auch so gut wie jede Uhrenmarke ist ganzseitig oder gar mehrseitig vertreten.

Neu ist die Broschüre mit dem Denner Weinkeller, prästentiert vom Philippe Gaydoul himself (mit 900-1000 Mio. im Mittelfeld des Rankings). Bei soviel Hochglanz kann man direkt vergessen, dass die Denner-Filialen die versifftesten aller Läden sind und ihre Kundschaft den nachhaltigsten Billigst-Alkoholpegel vorzuweisen hat, auch morgens um 07:00.

Ebenfalls erstmals erscheinen Inserate von Privatkliniken. Zum Beispiel Hohenegg, auf Kuren für Ausgebrannte spezialisiert.

  • Die persönliche Krise erkennen und akzeptieren.
  • Die Ursachen für das aktuelle Befinden erforschen.
  • Den bisherigen, belastenden Lebensstil ändern.
  • Neue Lebensperspektiven aufzeigen.
  • Die Ansätze decken sich ziemlich mit denen der Kriseninterventionsstelle des Sozialamtes. Und ich bin versucht zu sagen, dass auch 25 Milliarden Differenz den Braten nicht feiss machen.

    Mein Nachbar hat in Schönschrift eine kleine Geschichte geschrieben, sie als Traktätchen auf ein gelbes Blatt kopiert und in die Briefkästen verteilt.
    Werbung für einen Bibeltisch am nächsten Samstag im Ladenzentrum – eigentlich nichts für mich, denke ich. Trotzdem lese ich das Briefchen.
    Die Titelseite zeigt eine Hand, in welcher ein Schlüsselbund liegt, links darüber ein Tannenzweig mit Kerze, rechts ein aufgeklebtes Schoggiherz.
    Herr Zünd erzählt, wie er im Sommer zusammen mit seiner Frau in den Ferien weilte, wo die beiden nach einigen Tagen bemerkten, dass ihr Hausschlüssel fehlte. Nicht sorgen, Gott vertrauen!
    Zu Hause angekommen, finden die Leute ihren Schlüssel friedlich aussen an der Wohnungstüre hängend. Alles ist noch da, es wurde nichts herausgetragen! Und das in unserem Quartier und erst noch in einem besonders struben Eingang.
    Der glückliche Mann aus Bethlehem findet dann leicht den Übergang zur biblischen Weihnachtsgeschichte, die gewaltiger sei, als die bescheidene Schlüssselgeschichte und nachzulesen im Evangelium von Lukas, Kapitel 2.
    Ich bewundere die würzige Kürze dieser Botschaft und denke, dass sich einige Theologen an Herrn Zünd ein Beispiel nehmen sollten.

    Wir haben ihn montiert. Ja, den riesigen drei Meter grossen Stern. Wir haben alle Lichter kontrolliert, damit er im ganzen Quartier und auch von den Nachbarquartieren gesehen werden kann. Ich glaube, dass er der höchste Punkt in der ganzen Stadt ausmacht.

    Eine Fotografin hat ganz viele Bilder davon gemacht, wie ich ihn mit meinem Freund und mit meinem Schwager aufgehängt habe. Vielleicht erscheint eines davon nächstes Jahr in ihrem Buch über unser Quartier.

    Der alte Hauswart hat den Stern immer am ersten Advent angezündet. Ich zündete ihn aber schon am 1. Dezember an, weil an diesem Tag die Kinder das erste „Törli“ von ihrem Kalender öffnen dürfen und weil ich am Sonntag versuche, frei zu machen.

    Sternmontage

    Wir haben Blog-Besuch. Eigentlich ist er ja aus Deutschland angereist, aber mir scheint, er entsprang dem Internet. Erst seit Freitag hier zu Gast, hat er schon unsere drei Blöcke gesehen, ass Raclette, sprach stundenlang über Ost und West und war mit uns bei meinem Grossvater auf dem Land, wo er das noch unverdorbenes Berndeutsch hörte. Morgen kommt er zu uns aufs Dach, damit er unsere Stadt in alle Himmelsrichtungen überblicken kann. Ich glaube, ihm gefällts hier.

    Für die Reinigung unserer Zugangswege ins Quartier sei neu Herr Roland Hummel zuständig, teilt mir Frau Hirschi von der Abfall-Hotline mit und gibt mir die Nummer. Schon habe ich ihn am Draht.
    Kann Herr Hummel mir sagen, weshalb bei uns immer seltener gereinigt wird? Sind provisorische Bypass-Strasse und Bushäuschen etwa noch nicht auf dem Dienstplan? Oder denkt man bei den zuständigen Behörden, dass wir in Berns-Westen immun sind gegen Dreck? Herr Hummel behauptet, es werde wöchentlich gewischt.
    „Sicher nicht, denn ich habe einen Monat lang jeden Tag ein Foto gemacht“, halte ich ihm entgegen. Das gefällt ihm gar nicht und er meint, dass die Baufirmen verantwortlich für die Sauberkeit seien. Auch hier widerspreche ich entschlossen. Endlich wird mir eine Reinigung in Aussicht gestellt. Wenns in den nächsten Tagen nicht klappe, solle ich wieder anrufen. Ja, das würde ich tun und nein, es mache mir nichts aus, wenn mein Name in Herrn Hummels Excel-Beschwerdeliste aufgenommen werde.
    Es kann sein, dass am ersten Adventsonntag tatsächlich ums Haus herum gewischt ist – Inshallah oder Hummel …

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