Februar 2012
Monthly Archive
Di 28 Feb 2012
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Tunken Sie einen angebissenen Gemüsestängel immer wieder in die Sauce, bis er ratzebutzi verspeist ist? Langen Sie mit den Fingern, statt mit dem Löffel ins Nüsslischälchen? Haben Sie sogar die Angewohnheit, in eine Scheibe Brot zu beissen? Oi, oi oi – kleine Stückchen davon abbrechen!
Mit dem Glas sollte bitte nur andeutungsweise angestossen werden, und die Serviette wird links …
Wie können sich Gesellschaftsschichten wieder besser von einander unterscheiden, nachdem Kretis und Pletis Markenkleider tragen, sich auf Golfplätzen breit machen und sogar eine Beleuchtung fürs Klobürstli besitzen? Eine Möglichkeit:
Man schicke seine Kinder in ein Knigge-Seminar, wo sie u.a. Spaghetti ohne Löffel aufröllelen und aus dem Stielglas trinken lernen. Vielleicht wird die Trainerin noch die Geschichte von den beiden übrig gebliebenen Bewerbern für einen Top-Job erzählen, mit denen man essen ging. Sie errraten es: der Messerabschlecker kam über die Vorspeise nicht hinaus – ätsch. Alles kann das beste Seminar nicht übernehmen, denn
Die Eltern haben das Finale in, wie ihre Kinder aufgezogen, so Grosseltern müssen flexibel sein, wenn es um Regeln und Konsequenzen zu sagen.… mehr
Ich persönlich bin froh, dass an meinem Tisch sämtliche Essmäntel durch Servietten ersetzt werden konnten.
So 26 Feb 2012
Nun haben die letzten Mitglieder der Blogk-Familie das Quartier am westlichen Rand der Stadt verlassen.
Vierzig Jahre waren die drei Blöcke mit viel Béton brut nach Le Corbusier unser Zuhause. Meine Töchter und ich liebten die grosse, helle Wohnung auf dem Dach, verbrachten unzählige Sommertage auf dem Balkon, beobachteten Sonnenuntergänge, Feuerwerke, Regenbogen und Gewitter, stellten uns vor, wir stünden auf dem Deck eines Schiffes, wenn uns der Wind um die Ohren blies. Wir gärtnerten, zeichneten Blöcke, liessen Ostereier und Weihnachtguezli abkühlen.
Unser Haus war offen für Gäste aus nah und fern, besonders auch für die Kinder aus dem Quartier, für Pflegekinder (auch von nah und fern). Wir integrierten und wurden integriert, gaben Nachhilfestunden, lernten nette Nachbarinnen und Nachbarn und oft auch ihre Lebensgeschichten und das Essen aus anderen Ländern kennen. Wir lasen uns durch die Quartierbibliothek, töpferten im Keramikatelier, zogen in der Weihnachtszeit Kerzen und bastelten Laternen. Zusammen mit anderen Müttern und deren Kindern wanderten wir bei jedem Wetter dem nahen Bach entlang durch den Wald, liessen Schiffchen treiben, machten Feuer und verputzten Würste mit Kartoffel- und Bohnensalat.
Eine „gute Adresse“ war es nie, zu viele Ausländer, zu viele gewöhnliche Arbeiter. Regelmässig wurde das Quartier in den Medien schlecht gemacht, und immer wieder bekamen wir zu hören: „Ich könnte nie hier leben.“ Auch von „Küngeliställen“ und „Schlaf-Stadt“ war die Rede. Wollten Lehrer und Lehrerinnen jeder Stufe eine besonders nicht erstrebenswerte Wohnform zeigen, machten sie mit ihren Klassen einen Ausflug zu uns. Einige Jahre lang versuchten wir Beobachteten, diese Gäste eines andern zu belehren, erfolglos. (Der einzige aus meiner Bekanntschaft, der es wagte, in diese verrufene Ecke von Berns Westen zu ziehen, war mein Schwiegersohn 2nd, male, der seine Kindheit in einem EFH in der Agglomeration verbracht hatte.)
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So 26 Feb 2012
Mit dem Ärger darüber verblassen auch die Gefühle für die Heimat,
sagt Peter Bichsel sinngemäss.
Wir ärgern uns am neuen Ort noch nicht und über den alten nicht mehr.
Es lebt sich ganz gut in der Schwebe.
Di 7 Feb 2012
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Wenns draussen Stein und Bein gefroren ist, ist’s drinnen besonders gemütlich. Heute werden alle Bauklötze mit Spaghettizangen zu Türmen aufgbaut, in deren Schiessscharten bald meine Fingeringe liegen. Suppenkellen und Schöpflöffel werden ständig umfunktioniert und dunkle Ecken in der Wohnung mit der Taschenlampe nach Gespenstern abgesucht. Welche Bücher stehen eigentlich auf den obersten Tablaren? Man verschiebt mit vereinten Kräften das Sofa und klettert auf die Lehne. Johnson, Kemal, Lawrence & Co. mögen vielleicht ein bisschen erschrecken, lassen sich aber gerne wieder einmal mit höchstem Interesse durchblättern. Anschliesssend bin ich für eine Weile gefordert und erzähle von Entchens neuer Brille, den kleinen Wölfen und dem bösen Schwein und zu 1000sten Mal die Geburt von Barbapapa in Stefans Garten. Nun ist es Zeit, den Bärenhunger zu stillen. Und was machen wir danach?
Wir kneten Luft in den Teig – und dann sind wir müde – aber nur ein bisschen.
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So 5 Feb 2012
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Heute widme ich mich pflichtgemäss dem blauen Brief vom Amt für Bevölkerungsschutz, Sport und Militär, den ich vor einigen Tagen im Milchkasten (passte nicht in den Briefkasten) vorfand – nicht überraschend, denn er wurde mir via Medien angekündigt. Da der grösste Teil der Bevölkerung bereits mindestens 1 IKEA-Möbelstück zusammengebaut hat, sind die Anleitungen zum richtigen Verhalten klar.
„Obwohl die Nukleartechnologie als sehr sicher erachtet wird, ist es Aufgabe der Behörde, das Schadensrisiko bei einem Unfall maximal zu reduzieren.“
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