Seit Monaten bereiten die Lehrerinnen ihre Klassen auf den Umzug vor. Die Kinder konnten zuschauen, wie auf dem Feld M das neue moderne Holzhaus entstand, durften bei der Gestaltung der Räume und der Umgebung ihre Ideen einbringen. Architekt und Landschaftsgärtner nahmen sich viel Zeit, um auf die Wünsche und Vorschläge einzugehen und sie umzusetzen.
Am Freitag wird jedes Kind sein Sitzkissen und die Fasnachtsbastelarbeit nehmen um damit in den neuen Kindergarten umzuziehen. Schon lange reissen die Bagger und Presslufthämmer Strassen und Plätze auf, und bald wird auch der alte Kindergarten abgebrochen. Für einige Kinder ist das eine schreckliche Vorstellung: ihre „Pyramide“, ihr Heim, wird zerstört, dem Erdboden gleich gemacht. Sie schlafen schlecht und haben fürchterliche Träume, in welchen sie unter den Trümmern begraben werden. Zwar haben sie ihre Spielsachen selber in Schachteln verpackt, aber kann man alles in Sicherheit bringen, bevor das Dach einstürzt?
Eines der Kinder weint bitterlich: „Ich werde zerschnitten!“

Die nächsten Jahre verbringen wir auf und zwischen Bauplätzen und werden zwischendurch das Gefühl nicht los, zerschnitten zu werden.

Wer hätte gedacht, dass ein solches Schäumchen Schnee unseren Tagesablauf so stören könnte?
Während ich meine „Buffalos“ doch noch aus dem Schrank hole, erinnere ich mich an die strengen Winter meiner Kindheit. Die Rehe kamen nahe ans einsam gelegene Haus heran und frassen die Rinde der Obstbäume ab. Oft war die Haustüre zugeschneit. Die Eltern stiegen zum Fenster hinaus und schaufelten uns Kindern den Weg zur Strasse frei. In den Reifenspuren des Postautos stapften wir dann zur Schule. Unsere gefrorenen Hosenbeine tauten dort auf und eine kleine Pfütze bildete sich unter dem Stuhl.
Im Winter kam auch der Störenmetzger, der das Schwein schlachtete, während wir in der Schule waren. Am Abend gabs Bratwürste an Zwiebelschweize mit Kartoffelstock und Randensalat. Der Metzger ass auch mit und erhielt neben dem Lohn noch „z’Metzg“: Wurst und Fleisch.
An diese früheren Handwerker „auf der Stör“ habe ich lange nicht mehr gedacht. Ich glaubte, dass es sie nicht mehr gäbe. Aber anscheinend erlebt der „Stöer“ wieder eine erfreuliche Renaissance auch in weiteren Berufen.
In Bern gibt es bereits eine Störbibliothekarin, die sich zuerst an der Berufsbezeichnung etwas gestört hat, bis sie folgendes über diese Handwerker auf Wanderschaft las:
Sie gingen durch die Dörfer und störten den normalen Tagesablauf …“
Das Normale stören finde sie gut und im Gegensatz zu den alten Zeiten erhalte sie ihren Lohn regelmässig.

No Gas

Diese Information wird in allen zwanzig hier gesprochenen Sprachen verstanden.
Da hat es endlich jemanden auf der Verwaltung, der Modul I und II in Integrationsarbeit absolviert hat. Danke, Generation Praktikum!

Winter kann kommen

„Was, du hesch die Jagge gäng no nid fertig u dr Uschtig wott cho?“ stellt Vater etwas vorwurfsvoll fest, als ich die Strickarbeit zum x-ten Mal auf seinem Küchentisch ausbreite.
Meine Tochter könne sie ja für den nächsten Winter sparen, meine ich.
Vater: „Bis denn hei se de d’Schabe gfrässe!“
Gerade wird ein markanter Wintereinbruch gemeldet. So kommt mein verspätetes Weihnachtsgeschenk gerade zur rechten Zeit 😉

Ustig = Frühling
Schabe = Motte

Auf dem Treppenabsatz im zweiten Stock hat sich eine Frau vor dem Sturm zurückgezogen. Ihre Habseligkeiten liegen in rote Plastiksäcke gestopft vor ihr. Sie isst ein Brot und ermahnt mich, in meinem engen Rock ja nur kleine Schrittchen zu tun.
Die Leute suchen in den Lauben Schutz, und so fällt der schwere Topf mit der Thuyastaude von der Fensterbank über mir auf die Strasse, ohne jemanden zu erschlagen. Schade, dass er nicht den „Stadttraktor“ (Land Rover) getroffen habe, meint mein Bürokollege, der die Zugverbindungen online beobachtet – bis jetzt nur Unterbruch zwischen Bern und Schwarzenburg.
Wie ich die stürmische Nacht in meinem Horst überstanden und ob der Block nicht geschwankt hätte, werde ich heute mehrmals gefragt.
Dieser Kyrill tobte wie ein Wahnsinniger durch die Lüftungsrohre, stiess zornig gegen die Fenster und heulte schaurig weit über den 13. Stock hinaus – der Block, ein Schiff auf dem sturmgepeitschten Meer.
Mit solchem Stürmen sei nicht zu spassen, meint mein belesener Freund Gerard und erzählt, dass der Schriftsteller Ödön von Horváth den Nazis entkommen konnte, nicht aber dem auf die Champs-Élysées herab stürzenden tödlichen Ast.

Inzwischen ist draussen und im Lüftungsschacht wieder Ruhe eingekehrt, denn Kyrill zieht gegen Russland weiter – genau so, wie es uns die eidgenössischen Wetterfrösche gestern versprochen haben.

Im heutigen „Bund“ wurde nun, ein Tag nach der Gratiszeitung, der Kunstdünger am Lauberhorn auch erwähnt. Nichts da von 1,5 Tonnen, es gehe hier höchstens um 800-900 kg, weibelte der Rennchef. Der kantonale Gewässerschützler versicherte, er sei davon ausgegangen, dass in „vernünftigem Mass“ gedüngt würde. Eine Zeile später hat er von allem nichts gewusst, bis die Nachricht via TV in seine Stube einfiel.
Grosse Sorgen um Trinkwasser, Pflanzen- und Tierwelt scheint man sich nicht zu machen. An Milka-Schoggi, Heidi-, Raclette- und Fonduekäse, Bergbutter, Wildbrett und Mineralwasser mit zartem Ammoniumnitrat-Geschmack werden wir uns sicher schnell gewöhnen.

Von Bernmobil habe ich bereits im frühen Vormittag einen Anruf zu meiner Absenk-Beschwerde erhalten. Herr Müller, der zuständige Mann für Kundenzufriedenheit dankte mir für mein Engagement. Gleichzeitig machte er mir klar, dass die Druckbälge der Busse nicht so häufig strapaziert werden dürften, wie ich es verlange. Aus diesen Bälgen wird beim seitlichen Absenken des Wagens eine Menge Luft herausgepresst, welche beim Heben wieder eingefüllt werden muss – ein riesiger Energieverbrauch! Wird zu oft gepresst, könne es zu „hinkenden Fahrzeugen“ kommen, so Herr Müller. Will ich das? Lauter hinkende Busse in der Stadt?
Mein Mail werde in die Ausbildung der Fahrer einfliessen, denn es sei gut möglich, dass noch „nachsensibilisiert“ werden müsse, allerdings ohne den „Chauffeuren den Äcke zu putzen“. (Ich höre und sehe sie auf ihren Schulbänken stöhnen, lauter Druckbälge, die mich am liebsten zerquetschen würden.)
Dazu müsse ich verstehen, dass der Fahrer nicht mehr als zwei Türen im Auge behalten könne, und wer hinten aussteige, habe Pech gehabt. Er vertraue fest auf den gesunden Menschenverstand seiner Mannen. Auf Krücken, Blindenstöcke/-hunde und Rollatoren werde er die Kursteilnehmer „punktuell ansprechen“.
Niemals und in keinem Fall, das müsse er mir klipp und klar sagen, würden die Busse für Frauen mit Kinder- und Einkaufswagen abgesenkt.
„Das glaube ich ihnen sofort. Würden hauptsächlich Männer mit Kinder- und Einkaufswagen im Bus fahren, würden Sie absenken und die heiligen Druckbälge müssten Ihnen schnuppe sein“, unterbreche ich den Kundenbetreuer. „Das enttäuscht mich aber, dass Sie sowas sagen. Aber die Gedanken sind frei!“ grollt er.

Heute Abend, als alle Leute an der Endstation ausgestiegen waren und niemand da zum Einsteigen, machte der Bus ein langes „Pffffff“, legte sich majestätisch sanft seitlich in die Schräge hin zum Trottoir – hat er mich etwa ausgelacht?

Nicht, dass sie gerade Gold im Mund hätte, aber darin lässt sich so allerlei Krimskrams erledigen, wozu man während des Tages keine Zeit findet.
Heute früh habe ich die alten Zeitungen gebündelt und dabei festgestellt, dass im „Bund“ von gestern auf 12 von 36 Seiten über den Wintersport berichtet oder mit Schnee und Eis Werbung für Fenster und Autos gemacht wurde. Einen Artikel zum Einsatz von Chemikalien (Kunstdünger) am Lauberhorn konnte ich im diesem Blatt nicht finden. Angeblich wurden gegen 1,5 Tonnen Dünger in den Pistenschnee gemischt, damit dieser während des Rennens nicht dahin schmolz.
Endlich habe ich auch Bernmobil geschrieben. Seit Monaten ärgere ich mich darüber, dass die Busse bei den Haltestellen nicht abgesenkt werden. Das würde den Ein- und Ausstieg nicht nur für Leute mit Kinder- und Einkaufswagen, Krücken und Rollatoren erleichten. Aber dazu braucht es einen Knopfdruck vom Fahrer! Nachdem letzte Woche ein Blinder mit Hund und zwei Kindern beinahe aus dem Bus fiel, fragte ich den Fahrer, weshalb er das Fahrzeug nicht absenke und zuschauen könne, wie sich der Mann mit Anhang so abplage. Ich könne das Absenken jederzeit verlangen, meinte er. „Also soll ich mit dem Einkaufswagen durch den fahrenden Bus schwanken um das Absenken anzumelden?“ „Nein, nicht nötig, Sie machen von hinten nur so“, und er hob die Hand mit dem Daumen nach unten.
Ein anderer Fahrer versicherte mir, dass es keinesfalls Böswilligkeit sei, wenn er vor seiner Nase drei Frauen mit Babywagen, Kleinkindern und Grosstaschen aus dem Bus stolpern sehe. Es sei einfach nur Gedankenlosigkeit – jupi.
So, Morgenstund‘ beinahe vorbei. Noch einige Gymnasikübungen, um für das heutige Bus-Klettern gerüstet zu sein.
Fürs Knobelspiel, welches ich gerade in meiner Mailbox fand, reichts mir nicht mehr.

Nachtrag am Freitag, 26. Januar 2007

Und so sieht mein Thema „Absenken der Busse“ in der Gratiszeitung „21minuten“ aus, wenn der Journalist sich durch die Blogs gelesen hat

„Der grosse Woodtly lernt einfach seriös jede Probe. Das kommt daher, dass er vor dem Gymer schon eine Lehre als Zimmermann gemacht hat. Wenns einmal mit der Note nicht klappt, lässt er sich nichts anmerken. Nicht so wie die Anis, die sich wahnsinnig aufregt, wenn sie nur eine Fünf bekommt.“

„Die Anis, das ist doch die mit den schönen Augen?“

„Nein, die mit den starken Augen! Sie rennen dir direkt in die Seele.“

Ich warte an der Haltestelle „Universität“ auf den 12er. Neben mir telefoniert der Präsi des Schweizerischen Fussballverbandes. Heute hat er erst zwei Sändwitsch gegessen, vernehme ich ungefragt. Soll er in der Stadt etwas nehmen oder wird zu Abend gekocht?
Wir quetschen uns in den Bus. Zwischen all den Mänteln lächelt mich eine Frau an, drängt sich zu mir durch, ohne Rücksicht auf das zloczowersche karierte Halstuch. Woher sie mich kenne, fragt sie. Ich blättere hurtig in meinem Hirnkatalog bis zur Personenkarte R.: Kirchenfrau, hat vor zwanzig Jahren zusammen mit einer ökumenischen Frauengruppe einen Sternteppich für die Backsteinmauer hinter dem Taufstein gepatchworkt. Konnte die feinsten Stiche sticheln, hat die anderen Frauen gezwungen, unregelmässige sofort aufzutrennen.
Gott sieht alles, besonders vorne im Chor!
Es ist die falsche Karte, alphabetisch nahe, aber falsch.
Die Frau mir gegenüber ist eine Lehrerin aus der Schule Bern West. Weshalb ich im 12er-Bus sei, will sie wissen. Ich käme von der Uni, gebe ich gerne Bescheid. Von der Uni? Ich sehe, wie sie denkt. Was kann jemand in meinem Alter und aus 3027 an der Uni tun? Putzen? In der Mensa servieren? Ich muss ein bisschen lachen und mir fällt dieser Blog-Beitrag ein.
Bei der nächsten Haltestelle drückt sie sich am braunen FIFA-Mäppchen vorbei und verlässt mich.
Man hört oft, dass doch alle AfrikanerInnen, ChinesInnen, JapanerInnen gleich aussähen. Ich habe mehr Mühe mit weissen Frauen zwischen Vierzig und Fünfzig, blond getöntem Haar, lang, offen, in weissem Mantel, kleinem Rucksäckli, andauernd ein Vonobenherab-Lächeln auf dem Gesicht.

Vater, der seit einem Jahr unter Blutarmut leidet, macht sich Gedanken über die Bluttransfusionen, welche er von Zeit zu Zeit erhält.
„Als ich noch ein Bauer war, habe ich mich jedes Jahr darüber informiert, welcher Weizen für unsere Äcker auf 950 Metern der beste sei. Den habe ich dann zu 3/4 eingesät. Für 1/4 der Fläche habe ich die Körner des vorjährigen Weizens genommen. Obwohl es nicht mehr die neueste Sorte war, erhielt ich davon den besseren Ertrag. Warum? Der Weizen hatte sich in dieser Höhenlage bereits akklimatisiert.
So wird es wohl einige Zeit dauern, bis sich das Blut in mir akklimatisiert hat.“

Kleine Könige

Noch einmal hat 2nd, male gebacken: 15 Dreikönigskuchen – und an den feinsten Zutaten nicht gespart! Der Hauswart schmückte zusammen mit seiner Frau den Gemeinschaftsraum im Block und alle BewohnerInnen wurden zum Kuchenessen eingeladen. Ganze Blogk-Familie hat geholfen mit Bewirten. Es gab viele Königinnen und Könige an diesem Abend, und auch die Behinderten im Haus erhielten Besuch und ein Stück Kuchen.
Die Kinder, alles wunderschöne Nachkommen der drei Weisen aus dem Morgenland, assen vergnügt das luftig-süsse Gebäck, während sie abwechselnd Kleinesmädchen auf den Armen trugen.
Es ist für dieses Jahr die letzte Nacht des Sterns.

Block mit Stern

Schaf-Brot

Im „Ghüderhüsli“ des Quartiers nach den Feiertagen.

Vernetzt

… auch im neuen Jahr.
Herzliche Glückwünsche und danke euch allen für die Blogbeiträge und Kommentare!

Seit Vater nicht mehr gut gehen kann, Augen und Ohren, nicht aber das Gehirn „nachgelassen“ haben, will er im 300 Jahre alten Haus keine Kerzen mehr anzünden. Zu viele Bauernhäuser hat er in seinem langen Leben brennen sehen.
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Das Schöne an der TV-Weihnachsfilmewelt ist: alles kommt gut! Alleinerziehende Müttern treffen in einem stehen gebliebenen Zug ihren geschiedenen Mann und retten mit ihm zusammen im Schneesturm den gemeinsamen Sohn. Die junge Witwe kümmert sich in Afrika um die Kinder ihres verstorbenen Gatten aus erster Ehe, findet dann ein neues Glück in der Person des sich aufopfernden Arztes und überwindet en passant noch ihre Angst vorm Fliegen. Oft tauchen in solchen Geschichten auch Engel auf in der Gestalt von gebildeten Clochards, welche berufstätigen Müttern unter die Arme greifen, indem sie deren Kinder wieder gehen, sehen, sprechen lernen, Viehweiden, Wohnhäuser und Kirchen vor Bauhaien verteidigen und die Motorräder der toten Väter reparieren. Gewaschen und in die Kleider der verstorbenen Ehemänner gesteckt, sehen solche Himmelswesen dann so richtig zum Anbeissen aus. Meist dürfen sie auf der Erde bei ihrer Liebsten bleiben, aber manchmal verschwinden sie nach der guten Tat. Es bleibt dann eine Feder ihrer Flügel auf dem Weihnachtsbaum zurück oder die Familie kehrt mit einem besonderen Glücksgefühl und bereit, alle zu lieben, von der Mitternachtsmesse in das festlich geschmückte Heim zurück.
Kein Wunder, dass sich die unmöglichsten Wünsche und Vorstellungen für die Heiligen Tage in den Köpfen der Leute festsetzen.
Zum Glück gibt es noch die Sendungen über Krisenbewältigung an Weihnachten und den Bericht über das fachgerechte Aufbewahren der Trüffel!

Gestern hab ichs getan! Als er lässig seine prall gefüllte feldgrüne (-graue?) Reisetasche auf die Sitzbank der Bushaltestelle fallen liess, grüsste ich ihn und fragte: „Sagen Sie mir bitte, haben Sie in der Kaserne immer noch keinen Waschsalon?“
Er lächelte höflich, rückte sein hellblaues Beret zurecht (Sanitätstruppen, Veterinärtruppen, Rotkreuzdienst?) und sagte: „Nein, leider nicht.“ „Also müssen samstags immer noch Mütter, Frauen und Freundinnen die Militärwäsche waschen?“
„Nicht unbedingt. Uns steht ein Waschdienst in Münsingen zur Verfügung. “
Diesen hat der flotte junge Mann im Kampfanzug sichtlich nicht in Anspruch genommen.
Das 21. Jahrhundert hat immerhin eine Erleichterung im Waschfrauenhilfsdienst gebracht: die Wehrmänner werden nun samstags um 07:00 Uhr in den Urlaub entlassen, statt erst am Mittag.
Stelle man sich vor, aus der Rekrutenschule kehrten Fachmänner für die allgemeine und spezielle Textilpflege mit logistischem Flair ins zivile Leben zurück, das wäre ein richtiger Beitrag zum Frieden.

Neben der Tür zur Kinderkrippe hat ein junger Mann ein Stativ mit Fotoapparat aufgebaut. Es ist etwas vor acht Uhr morgens, die Kinder sind auf dem Weg zur Schule, die ersten BewohnerInnen auf dem zum Denner.
Ah, diesen Samstag gibts wohl zur Abwechslung eine Fotoreportage über unser Quartier: ein zerschmettertes Fenster, ein verspraytes Plakat vom Drehrestaurant des Schilthorns, kunstvoll beleuchtet, denke ich und halte freundlich lächelnd auf den Fotografen zu: „Guten Tag, darf ich Sie fragen was Sie hier fotografieren?“
„Mais oui!“ Er sei Student der Hochschule der Künste und interessiere sich für
Le Corbusier und dessen Einfluss auf die Architektur dieser Siedlung. Schon vor einer Stunde habe er Aufnahmen von den Schafen auf der Weide zwischen den Blöcken gemacht. Ich sei bereits die dritte Person, die ihn anspreche. Dass ihn die Leute grüssen, finde er so etwas von nett. Er müsse nächstes Jahr noch eine Arbeit über das Thema „Heimat“ schreiben und er habe gerade beschlossen, über das Quartier zu schreiben.
Da die Hochschule für Künste nur ein paar Strassen entfernt sei, (Haltestelle „Bethlehem Säge“), wäre es kein Problem, Berns westlichsten Westen besser kennen zu lernen.
Es ist ganz klar, dass er auf Blogks Unterstützung zählen kann.

Turnschuhe ausgelüftet

Hier wieder einmal ein Beispiel, wie fantasievoll in Berns Westen umgenutzt wird. Es wäre doch schade, die momentan wegen Bauarbeiten still gelegten Trolleybus-Leitungen einfach leer zu lassen.
Ich frage mich nur, ob vielleicht Herr Käppelis Schuhschrank … ?

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Vor dem Hauseingang stapeln sich Tische, Schränke, Gestelle, Stühle, Bett. Es ist noch früh am Morgen, und ich frage den Hauswart, ob jemand aus meinem Eingang ausziehe. „Ja, wissen sie denn nichts? Herr Käppeli ist gestorben.“
Dann kommt Frau Vogel, die Schwester des Toten. Ich kondoliere, noch ganz benommen von der Nachricht.
Ihr Bruder habe alles bestens hinterlassen, die Tausende von Dias, Filmen und Musiknoten angeschrieben, die Ordner aus der langjährigen Quartier- und Kirchenarbeit immer nachgeführt, die Computerprogramme, geschrieben für verschiedene Firmen, in Handbüchern korrekt festgehalten.
Aber sie habe alles rübis und stübis weggeworfen, sie musste, denn sie könne das alles nicht aufbewahren, verstehe vom Filmen und von Computern gar nichts.
Hinten auf der Terrasse zerschlägt ein Mann einen Tisch, während ein anderer mit den Füssen einen Schuhschrank eintritt.
Frau Vogel verspricht, mir den Lebenslauf ihres Bruders in den Briefkasten zu werfen. Er habe ihn selber geschrieben.
Als ich am Abend nach Hause komme, schleppt die Italienerin aus dem Untergeschoss einige Wäschekörbe mit Schischuhen, Mixer, Geschirr, Luftbefeuchter aus der Wohnung von Herrn Käppeli.
Immerhin etwas, das noch gebraucht wird – nicht ganz rübis und stübis.

flengel

Zu schade, um hier im Kommentar von lizamazo versteckt zu werden

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