Juni 2008


Schauen wir auf „Schweiz“ oder auf „Österreich“?
Wir schauen auf „Schweiz“. Denn neben dem Spiel hat auch der Kommentar von „Beni“ Unterhaltungswert. Manch spöttische Korrektur mussten sich die helvetischen Reporter im vergangenen Monat von ihren deutschen Kollegen gefallen lassen – unverdrossen haben die Schweizer in ihrem Schulschriftdeutsch kommentiert und wurden verstanden sowohl bei den deutschsprachigen Nachbarn, als auch bei den Welschen:

„Spanien zeigt, dass sie die Führung nicht gestohlen haben!“
„Das wäre fast eine Kopie des Tores von Torres geworden!“
„Aus verschwiegener Quelle haben wir vernommen, dass … “
„Die Spanier wirbeln wieder.“
„Am Schluss hat der Silva vielleicht ein bisschen mehr geschubst und dann hat der Podolski nachgeschubst.“¨
„Lehmann, der 39jährige Routinier, hat sich nicht düpieren lassen“
„Iker ist immer wieder der Mann, der herrscht über den Luftraum über dem Strafraum.“
„Noch ein Pässchen, noch ein Pässchen und noch eins …“
„Das Spiel ist so spannend und intensiv, dass wir uns nicht bei jeder einzelnen Aktion aufhalten können.“
„Die Zeit läuft, aber das Spiel ruht.“
„Jetzt wird die Zeit ganz knapp, ausser es gibt eine Nachspielzeit der Nachspielzeit.“
„Die Spanier stören gut!“
„Und ihn bewundere ich irgendwie ganz besonders, den Klassetorwart Iker García.“

Was wir nun wieder können: Uns den ungebügelten Wäschebergen zuwenden, die Fingernägel wachsen lassen, die runden Ecken in der Wohnung putzen, länger schlafen und vieles mehr.
Mit den Paninis bin ich immer noch nicht fertig: 20, 36, 47, 108, 126/127, 203/204/206, 218, 219 …

Die Hagelkörner haben in die Blätter der Rosen und der Hosta grosse Löcher geschlagen. Am Familientisch wird über den Einsatz von Hagelraketen, (gehören zu den helvetischen Errungenschaften), diskutiert. 2nd, male weiss zu berichten, dass die Hagelabwehrverbände an Mitgliederschwund litten und deshalb viel weniger Raketen gezündet würden als früher. Ausserdem sei es wissenschaftlich nicht erwiesen, dass diese Dinger überhaupt von Nutzen seien.
Ich erinnere mich an die heftigen Gewitter in meiner Jugend, als der Donner über die Voralpen rollte – vom Niesen bis zum Gantrisch – und ein gelber Himmel über uns hing. Dann kamen die Mannen mit den Raketen und wir Kinder fühlten uns trotz der unheimlichen Explosionen geborgen und beschützt. Mit der Bitte um einen blogk-Beitrag zu diesem interessanten Thema stosse ich aber auf Granit Hagel. Das habe man alles schon in der Zeitung lesen können.
Soll das nun heissen, dass hier nichts mehr geschrieben werden soll, was schon in der Zeitung stand? Manchmal ist es doch so, dass die Zeitung schreibt, was bereits in Blogs zu lesen war.

Ich befinde mich in einem riesigen, niedrigen Raum, einem Luftschutzkeller aus Beton, zugänglich nur durch Türen aus Stahl und drei Stockwerke unter der Erde. Darin so weit das Auge reicht Büchergestelle aus Metall. Auf den Tablaren in Doppelreihen steht Band an Band. Wer hier etwas nachschlagen will, muss sich auskennen in einem speziellen Ordnungssystem oder einen Eingeweihten fragen. Ich weise mich aus, dann werde ich zu meiner Signatur geführt. Sie befindet sich im Gang 15/16. Sobald ich fertig sei, solle ich mich beim Empfang melden, damit das Archiv wieder abgeschlossen werden könne.
Ausser dem leisen Brummen der Luftbefeuchtungsgeräte dringt kein Laut an mein Ohr. Nach einer Stunde bin ich fertig und will die Gruft verlassen, aber die Tür ist abgeschlossen. Mein Handy gibt einige Gluckser von sich und verstummt. (Dabei habe ich doch gerade für solche Situationen vorgesorgt und den Anbieter gewechselt). Kann man nach einem „toten“ Handy suchen, wie ichs in den Krimis gesehen hatte? Ich ziehe den Wänden nach auf der Suche nach einem Telefon – nichts. Wie lange würde es dauern, bis jemand dieses trostlose Untergeschoss von aussen betreten würde? In welchen Abständen werden die Verdunster nachgefüllt? Wann würde mich jemand vermissen? Ruhe bewahren, Ruhe bewahren.

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Heute früh zwischen Haus- und Bustür fotografiert:

Bier mit Ei

Bitte Lift und Treppe benutzen

Heute barfuss

Stehen gelassen

Auf dem Fussweg

Hier gehts zum Block

Flaschenhalter

Schatten fuer den boesen Mann

Der 27er gehört sonntags um 09:20 den alten Füchsinnen und Füchsen von Bern-West. Mit ihren abgeschabten Taschen, den ausgebleichten Liegestühlen und Sonnenschirmen, den eingebundenen Beinen und den Thermosflaschen gehts ins Bad. Jeder belegt im Bus mehrere Plätze. Ich stehe gerne, denn mindestens einer hat heute schon tüchtig Schnaps gefrühstückt. Mit abenteuerlichen Kopfbedeckungen hat man sich gegen die Sonne geschützt. Man kennt sich, macht ein Spässchen und strebt nach kurzer Fahrt den Lieblingsplätzen auf dem Rasen zu. Der Weiher ist gross und das Wasser klar und kühl. Den Alten macht das nichts aus. Sie stehen plaudernd im Wasser, rudern mit den Armen an Ort, sprechen über ihre Gebresten, die Nachbarn, die Reise ins Wallis oder wie das Wasser gestern und vorgestern und vor einem Jahr um diese Zeit war. Sie sind hier seit Jahren zu Hause, haben hier schwimmen gelernt, brachten später die eigenen Kinder mit und werden hier alt und faltig. „Isch das nid wunderbar hüt i däm Wasser?“ fragt mich ein grauhaariger Mann, an dem ich vorbei schwimme. Nun rudere auch ich für ein kurzes Schwätzchen an Ort. Er komme jeden Morgen, versuche sich fit zu halten. „I ha drum eis Bei ab. E schöne Tag no“ – und weg ist er.

Als meine Mutter die ersten Fischstäbchen in Rapsöl und Eisenpfanne auf dem Feuer briet, ging ich schon in die Oberschule. Vor meinem ersten Fondue fürchtete ich mich, da ich dazu in eine „vornehme“ Familie eingeladen war und noch keine Ahnung hatte, wie flüssiger Käse „anständig“ mit einer Gabel gegessen werden konnte. Mit der ersten Orange meines Lebens hatte ich kein Glück. Mein Vater hatte sie mir an einem Kiosk gekauft. Es war ein kalter Wintertag und ich hielt sie fest mit meinem Händen mit Fausthandschuhen. Auf dem Heimweg über den „Hängelisteg“, der bei jedem Schritt schwankte, purzelte mir die Kostbarkeit in die Emme. Als Tramperin erhielt ich Jahre später einen Platz auf einem Lastwagen vollgeladen mit grünen „Bällen“. Das Sitzen darauf war unbequem, aber in dieser Gegend konnte man froh sein, wenn überhaupt ein Gefährt auftauchte. Ich fragte den Fahrer, worauf ich denn sässe. „Avatiach“, sagte er. Als ich an der Kreuzung vom Lastwagen herunter sprang, rollte so eine Avatiach von der Ladefläche und zerplatzte auf dem Boden. „Für dich“, lachte der Fahrer und brauste davon.
Fischstäbchen und Fondue esse ich nicht mehr. Orangen liebe ich immer noch, aber die Wassermelone wird von nichts übertroffen. Gerade war ich im türkischen Laden, habe ein paar Dutzend dieser „Avatichim“ abgeklöpfelt um die süsseste zu finden. Sie ist gegen sieben Kilo schwer, und ich habe mich nachher auf dem Heimweg verfahren, da durch die Bauerei fremde Busse auf meiner Linie verkehren. Aber was tue ich nicht alles für eine Wassermelone …

Gestern war in der Gasse noch ein buntes Treiben in Orange. Sogar der Wirt unter mir konnte sich über mangelnde Kundschaft nicht beklagen. Ein junger Kollege schrieb den ungewohnten Andrang allerdings dem Umstand zu, dass die Holländer die Beiz wegen dem „green“ in ihrem Namen mit einem Coffee Shop verwechselten. Der Schnittlauch auf der Suppe sehe auch etwas blättrig aus.
Scheinbar mühelos übertönte eine Sängerin mit ihrer Stimme jeden Lärm: „Ebben, ne andrò lontana … “ .
(Wie lange ist es her seit ich Diva gesehen habe? Den jungen Kollegen sagte die Musik nichts.)
In die Ferne sind sie gezogen, die Orangen, welche noch gestern die alte Gasse belebten. Nur ein leichter Geruch nach verdautem Bier blieb an den Sandsteinwänden hängen.

Was han-i mir doch i de letschte drüü Jahr im Böss gäng müesse alose wäge däm Baldachin: Dä verschandli dr Iigang zur dänkmalgschützte Stadt u dr Blick uf d’Heilig-Geischt-Chiuche, är verhinderi e gueti Durchlüftig vo de Gasse, sig sowieso es Gschwüür wo nume viel choschti u de absolut nüt bringi. D’Gägner si glücklech gsi über jedi Ischprach u Beschwärde, wo dr Bou vo däm Glasdach het wölle verhindere. U sie hei sech gfröit über die, wo doch no e chly Grüz im Gring heigi u dene Lingge uf d’Finger luegi. Mi het du dä Baldachin sibe Meter weniger läng gmacht, als urschprünglich planet, het hie bir Chiuche u dert bim Löb-Egge Glas wäg glaa.
U itze, was muess i mir bi däm Rägewätter im Böss wider alose? Die, wo das Dach planet heigi, heigi sech würklech nüt überleit. Mi wärdi uf de letschte sibe Meter vor em Bahnhof no pflotschnass, mi hätt doch – wenn schon, denn schon – grosszügiger chönne überdache.

Ipermercato

An den übrigen 26 Kassen dieses Supermarktes in Pisa warten die Italiener mit ihren übervollen Einkaufswagen geduldig, bis sie an die Reihe kommen. Ich werde von Gianluigi bedient, einem charmanten jungen Mann, der anscheinend eine örtliche Fangemeinde von Frauen jeden Alters hat.

Feinster Kaffee

Allein für den Kaffee würde sich die Überfahrt mit der Fähre von Piombino nach Portoferraio lohnen. Bezahlt wird an einer improvisierten Kasse. Den Bon bringt man an die Bar, wo zwei Männer in weissen Hemden das duftende Getränk aus einer Kaffeemaschine hebeln und klopfen. Drei Arbeitsplätze an Stelle eines Automaten! Mit solchen werde ich bald wieder vorlieb nehmen müssen.

Glasklar

So weit das Auge reicht ist das Wasser glasklar. In elbanischen Häusern, auf Wegen und Treppen kommt „Pippo“ erfolgreich zum Einsatz. Endlich, nach jahrelangem Suchen habe ich meinen Traumbesen (Nr. 10285) gefunden – ausgerechnet im von Müllskandalen geschüttelten Italien!
Ehrlich gesagt weiss ich auch nicht, wo die Insulaner ihren Abfall entsorgen. In den Stollen der stillgelegten Bergwerke? Bedeckt die üppige Vegetation gnädig die Müllhalden?
Der Elba-Kalender 2009 ist neben Grappa, Honig, Reis, Wein, Käse und Olivenöl ein beliebtes Geschenk für die Daheimgebliebenen.

Heute fuer Kreti und Pleti

Immer kommt einem etwas dazwischen. Blogk muss dann warten.
Heute ist gar nicht mein Tag. An der Migros-Kasse platzt mir ein Sack mit kleinen Hörnli. Diese hüpfen, endlich frei gelassen, übers Band und auf den Boden, so dass die nachfolgenden Kunden darauf ausgleiten wie in diesen Stummfilmen. Ich erschrecke heftig, beteuere dem deutschen Kassier mit Pferdeschwänzchen unter der Glatze, dass ich schon Genossenschafterin seit vierzig Jahren sei und mir so etwas noch nie … Mit dem Bäbiwägeli, das ich für Kleinesmädchen gekauft hatte, schlage ich auch noch die paar Dutzend über dem Fliessband baumelnden Kaugummipäckli mit Fussbällen drauf herunter. Der Kassier bleibt cool: „Nur keine Hetzte, alles wird gut, mein Kollege kommt und hilft. Möchten Sie die beiden Kindergummistiefel wirklich in zwei verschiedenen Grössen?“
Auf dem Bundesplatz werden Walzer gespielt. Die Grossleinwand hängt und „blogk“ ist live dabei.
In der nächsten Woche bin ich auf der Insel. Napoleon blieb ein knappes Jahr.