Zum Anbaden

In Berlin sei „Anbaden“ bis spätestens zu Pfingsten üblich, erzählt mir meine Kollegin, die im Osten dieser Stadt aufgewachsen ist. Also bin ich, obwohl zwei Wochen später als in anderen Jahren, nicht zu spät dran. Das Bassin ist beinahe leer, einige Alte Häsinnen und Hasen stellen Schirme und Liegestühle auf und plaudern mit den Nachbarn. Bei einer Wassertemperatur von 22° fällt mir der Einstieg nicht schwer. Schon nach den ersten Zügen lockern sich die Winterknochen. Ich schwimme in 25’000m3 Wasser – jupi!
Das Bad lernte ich anfangs der fünfziger Jahre kennen. Die Tannen waren noch magere Grotzli, hinter welchen sich die Kinder bis auf die Unterhosen auszogen. Als Landkind genierte ich mich ein bisschen, aber meine Stadt-Tante Friedali ermunterte mich, doch wenigstens mit den Füssen im Wasser zu schwaddern. Das Bad war damals noch ein Naturweiher mit sumpfigen Ufern, einigen Ruderbooten und einem „Inselchen“ aus leeren Ölfässern, von welchen übermütige Stadtbuben sich gegenseitig ins Wasser schubsten. Einmal, so wünschte ich mir, möchte ich auch zum Inselchen schwimmen können.
Heute umrunde ich dieses Eiland aus Beton einige Male und setzte mich dann mit Kaffee und Buch unter eine Platane.

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Maibummel waren mir während meiner ganzen Schulzeit verhasst. Nie besass man das passende Schuhwerk, die Flaschen und Dosen, Rucksäcke oder Taschen. Vaters Militärrucksack oder der abgeschabte „Affe“ waren für uns Kinder viel zu gross. Auch das Picknik war ein Problem, hatte man doch kaum Geld, die obligaten Weggli mit Aufschnitt, das Ovosport, das Studentenfutter und die Sugus zu kaufen. Auf jeden Fall habe ich einige Hügel in Ermangelung der vorgeschriebenen Wanderschuhe in Schischuhen (Lederschuh mit Holzsohle) erklommen: Napf, Justistal, Sichle, Eriz, Krümmelwege, Möntschelen, Pilgerweg zur Beatushöhle, Gurnigel usw. Unvergesslich bleibt mir ein lichter Buchenhain in der Nähe von Krauchthal. Der Lehrer wollte uns einige besonders eindrückliche Findlinge zeigen, welche von den Gletschern vor Urzeiten zurückgelassen wurden. Der steile Waldboden war bedeckt mit dem Laub des vergangenen Jahres. Darauf fanden die Holzböden meiner Schischuhe keinen Halt, trugen mich flott nach unten, einem der eiszeitlichen Felsblöcke entgegen. Ich konnte mich fest krallen. Diesmal trug ich das Picknick in Mutter Sonntagstasche mit goldenem Monogramm „H.G.“ Beim Aufprall gab es ein dumpfes „Plopp“. Als ich die Tasche öffnete, war die Sirupflasche zerbrochen und die klebrige Flüssigkeit drang schon in Butterbrot und Seidenfutter ein. Um mir eine Freude zu machen, hatte Mutter mir eine Literflasche Himbeersirup eingepackt – unverdünnt, denn mit gekauftem Sirup hatte Mutter keine Erfahrung.
Neben den Findlingen gab es in diesem Wald auch einen Brunnen, so dass ich keinen Durst leiden musste.
Auf dem Heimweg flog ein seltsam brummende Maschine über uns hinweg. Wir Kinder hatten so etwas noch nie gesehen. Der Lehrer sagte: Das sei ein „Heliokopter“.
Mutter putzte die Tasche, die noch lange Jahre im Gebrauch blieb.

Es git eifach Lüt, bi dene isch gäng öppis. We si meine, es sig grad nüt, geits nid lang u de steit wider öppis a. Mir ghöre o zu dene, wo sech gäng mit Öppisem müesse usenang setze. Mängisch möcht me e zytlang nüt ha. Bis de öpper chunnt u verzellt, är heigi nie nüt u är warti nume druf, dass är ändlech öppis heig.
Guet isch es, we das, was me macht nid Öppis u Nüt wird. Gäbig sigs, we me us Nüt Öppis chönn mache.

Geranienbaum

Die Trachtenfrau steckt mir ein Sträusschen Gartenbürsteli, zusammengebunden mit einem Bändchen in den Bernerfarben an den Mantelkragen. Sie trägt die Berner Sommertracht mit wollenen Pulswärmern in Löchlimuster, hat Bundesrat Couchepin am diesjährigen Graniummärit auch schon Blumen angeheftet. Die Geraniensorten werden jedes Jahr vielfältiger, die Gärtner und Gärtnerinnen jünger und die Kundschaft immer älter.
Zum Glück gibts den gratis Hauslieferdienst von Bernmobil.

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Saisongemäss möchte ich hier einen verdienstvollen Könizer, den Imker Hanns Zark vorstellen. Ohne seinen Biografen Rätus Luck hätte dieser Bienenmann, seiner Zeit immer einen Schritt voraus, nie einen Eintrag ins HLS (Historisches Lexikon der Schweiz) erhalten. Auch sein schlicht-ergreifendes dichterisches Werk wäre der Menschheit für immer verborgen geblieben, hätte mir heute nicht die Frau des Biografen, Annemarie, einige unveröffentlichte Verse von Hanns Zark zugeschickt. Darunter befindet sich auch ein Envoi zum Band „Schwänzeltänze“.
Ich finde, die Zeilen passen gut zu meinem vorgängigen Bericht und sollen hier einem weiteren Publikum zugänglich gemacht werden:

Der stärkste Baum wird einst der Höhlung Beute.
Die stärkste Hand erlahmt und fällt.
Es schwindet rasch dahin das schöne Heute,
und aller Glanz entweicht aus dieser Welt.
Gedanken aber, Melodien, Lieder
sind unvergänglich, welken nie und nimmer,
sie bleiben bei uns, stark und treu und fest.
Sie klingen aus zwar, doch sie kehren wieder,
sie sind ein tröstlich Licht, ein heller Schimmer-
sie sind der Honigvorrat, der uns überwintern lässt.
(Rätus Luck, 28. Juni 1937 – 22. August 2012)

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Der Orange Riese hat sich für die Senioren etwas Nettes ausgedacht: die Senioren-Vorteilskarte! Das gepflegte Seniorenpaar mit gefülltem Frischekorb auf dem Prospekt strahlt mich an. Es hat gerade mit einem Rabatt von 10% mit der persönlichen Vorteilskarte eingekauft. Die beiden haben auch einen Cumulus-Karteneintrag und erhielten deshalb zusätzlich zur Ermässigung auch noch Cumulus-Punkte. Das trägt bei zu ihrem Glück. Ich könnte altersmässig von diesem Angebot auch profitieren, hätte der „Vorteil“ nicht einen Haken. Vergünstigt einkaufen kann man nur am Mittwoch (für mich ein voller Arbeitstag) zwischen 09:00 und 17:00 Uhr und das nur im MM Westside Bern-Brünnen! Die Vorteils-Karte scheint also hauptsächlich ein Vorteil für den Orangen Riesen zu sein. Wenn nichts läuft, sollen die Alten kommen.
Da gehe ich lieber am Samstag zehn Minuten vor Ladenschluss hin, wenn sich die Hausfrauen vom Balkan in den Kampf um die verbilligten Torten usw. stürzen.

Nicht nur die Alten

Ein Stück weit gehe ich im Umzug mit. Mir scheint,
dass viel mehr junge Leute dabei sind, als in anderen Jahren.
Beim Kornhaus schwenke ich ab,
um mir die Jörg-Müller-Ausstellung anzusehen.

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Ganz klar benutzen wir das Wort, welches jüdische und muslimische Menschen beleidigen könnte, nicht! Ich bin sehr froh, dass wir für diese Grippe seit gestern einen newen Namen haben, welcher die Gläubigen nicht so in die Sätze bringt.
Kein Problem gibt es mit dem Schlämperlig „Schweinefleischfresser“. Das Wort darf unbedenklich weiterhin gebraucht werden. Wer sich beleidigt fühlt, ist selber schuld.

In der Institution, in welcher ich arbeite, kann man in diesen Tagen Seltsames beobachten. Frauen und Männer sitzen beim Kaffee und werfen dann plötzlich nacheinander die Arme hoch. Sie üben die „Welle“. Bis zum Spiel YB-Sion am 13. Mai sollte diese auch bei den Fusballgrünhörnern sitzen, so dass beim Cupfinal niemand mehr falsch „wellt“.
Mit einigem Bangen warten wir auf die angekündigten Konsequenzen, denn bei einem Ausschluss der Öffentlichkeit wärs auch mit der YB-Wurst Sense – ausser, wir würden uns in dieses Treppenhaus zurückziehen und auf die Bell-Männer warten.

Meine Eltern besassen nie ein Auto. Trotzdem machten sie mit uns so oft wie möglich ein Reisli. Sie reisten selber gerne und waren der Meinung, dass ein „Immer-in-das-gleiche-Loch-hinunter-Sch …“ dem Weitblick nicht förderlich sei. Sie liessen uns schon als Kinder alleine reisen, etwa zu einem Besuch bei Verwandten. Damit wir unterwegs nicht in den falschen Zug stiegen, avisierte unsere Mutter die Bahnhofhilfe.
Als wir Kinder erwachsen waren und nicht mehr nur ins Emmental, das Berner Oberland oder in den Tessin reisten, wurde es für Mutter schwieriger. Nur ungern liess sie uns in fremde Länder ziehen. Bei einem Schneesturm in der Toscana konnte sie ohne weiteres die Rettungsflugwacht losschicken, um ihre Tochter mit Kindern zu „evakuieren“. Haben wir uns damals oft genervt über unsere Mutter, die immer die Abwesenden am liebsten hatte und den Anwesenden mit ihrem Geklön das Leben schwer machte!
Nun reisen meine Kinder und Enkelkinder. Darüber freue ich mich sehr, reise in Gedanken mit, erhalte interessante „Post“, schicke keine Rettungsflugwacht bei Sand- und Schneestürmen in Texas und New Mexico oder Kosovo. Schliesslich will ich ja nicht sein wie meine Mutter.
Dass ich ein bisschen schlecht schlafe, die Tage zähle, bis alle wieder daheim sind und die Abwesenden henne vermisse ist natürlich etwas ganz anderes.

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Ostereier auf Linsen in Langenthaler 1935

Dieses Jahr konnten die Osterhäsinnen aus dem 16. Stock zwischen Thun und Olten 150 Eier verteilen. (Die Osterhasen kümmerten sich geduldig um den Nachwuchs.) Dank der Unterstützung des Hausmeisters klappte es mit dem Färben auch am neuen Ort. Besonders die Espressomaschine auf dem Balkon war ein Hit. Herzlichen Dank für alle Geschenke, von denen einige schon vor dem Fotografieren verspeist wurden. Mit den warmen Handschuhen aus Bolivien bin ich für den nächsten Winter bestens ausgerüstet.
Mit herzlichen Grüssen über Bach, Fluss, See und Meer!

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Auf dem leeren Fusballfeld wird ein Film gedreht. Eine junge Frau in Schlabberhose und Turnschuhen läuft mit ihrem Hund, einem weissen Schnauzer, auf die Kamera zu. Noch einmal, nachdem der Regisseur ihr vorzeigte, wie er sich so etwas vorstellt. Wir bleiben ein bisschen stehen und ratiburgern, in welchem Sendegefäss des Schweizer Fernsehens so etwas gesendet wird. Wir sind auf Kräutersuche. Die paar sonnigen Tage liessen Gräser und Blätter spriessen, leider auch an den hintersten Borden zwischen Hundekot. Sogar auf den Spielplatz am Waldrand hat Hundchen seine Häufchen gesetzt – und weit und breit kein Frauchen oder Herrchen mit Gagisäcklein.
Ein Specht hackt auf einen Baumstamm. Wir können ihn nicht sehen und versprechen Kleinesmädchen, im Vogelbuch nachzuschauen. Obwohl es von Jahr zu Jahr schwieriger wird, haben wir genug kotlose Kräuter beisammen, um ins traditionelle Familien-Freunde-Nachbarn-Eierfärben einzusteigen.

Fast wie im Elsass

… in Castroville, Texas.
Meine Mutter musste sich immer lange gedulden, bis sie ein Föteli von ihren reisenden Kindern erhielt, schwarzweiss in einem „Aerogramm“.
Dank diesen ausgeklügelten SchwarzBeeren können die heutigen Mütter und Grossmütter beruhigt sehen, dass nicht alles wild ist in Texas.

Si hei ne am drüü am Morge us em Gfängnis greicht u si mit ihm uf Chlote gfahre. Verschnüert wie nes Päckli hei si ne zäme mit zwene angere Liberianer i ds Flügzüg verfrachtet. Dert het er ersch gmerkt, was mit ihm passiert, wiu er vorhär isch ruehig gschteut gsi. Einezwänzg Polizischte hei die drei gfesslete Afrikaner begleitet. Z’Monrovia (kaputteschti Houptschtatt vo dr Wäut) het ds Flugzüg kei Landeerloubnis übercho u het drum Gambia agschtüüret. Es het es rächts Bakschisch vo dr Schwizerpolizei bbrucht, dass die Behörde am Flughafe zwe vo dene dreine Schwarzafrikaner übernoh het. Mit nüt aus de Chleider uf ihrem Liib het me die Manne i däm frömde Land ihrem Schicksal überla.
Dr Trip isch no nid z’Änd gsi, mi het ja no eine gha zum Usschaffe. So isch me de uf Dakar gfloge u het dert probiert, die unliebsami Fracht los z’wärde. D’Senegalese hei de einezwänzg Polizische d’Päss abgno u gseit, die überchäme si ersch zrügg, we si dr Liberianer mitnähmi. Wius inzwüsche gäge Abe gange isch, het z’Flugzüg Kurs gäge Nordoschte gno u dr Übrigblibnig isch nach däm Tagesusflug wider i sim Schwizergfängnis glandet.

Heute traf ich die Bibliothekarin unserer Gefängnisses hier in der Stadt. Sie darf sechzig bezahlte Stunden pro Jahr arbeiten. Ihr Bücherkredit ist 0. Die Zelle, in welcher sich die Bibliothek befand, wurde vor einiger Zeit wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung zugeführt und so versucht die Frau, auf jedem Stockwerk ein paar interessante Bücher aufzustellen. Das ist nicht einfach, da die Inhaftierten aus vielen verschiedenen Ländern stammen und bei den dem Gefängnis gespendeten Büchern selten etwas Passendes dabei ist. Ab und zu kauft die Bibliothekarin aus der eigenen Tasche ein Wörterbuch, z.B. Arabisch-Deutsch, was aber leider nur ein Tropfen auf den heissen Stein ist.

Mittagsrast

Mittagsrast über der Spitze des Münsterturms in Bern am 24. April 1894:
Stadtgeometer Friedrich Brönnimann (links) mit seiner ältesten Tochter und Adjunkt Mathis (aus: ISBN 978-3-03919-116-1)

Onkel Ernst wohnte in der Kramgasse und so kam ich als Landkind oft in die Stadt. Die Grossmutter flocht mir die Zöpfe, zog mir das Sonntagsröckli an, und wir fuhren im Zug nach Bern. Zuerst strebte ich dem Caran-d’Ache-Schaufenster im Bahnhof zu. Dort bewegten sich Zwerge, Bären, Hasen in lieblichen Landschaften je nach Saison, malten an Tafeln, sassen auf Stühlchen und schrieben an kleinen Tischchen mit bunten Stiften. Dazwischen lagen nigelnagelneue Farbschachteln, Kreiden, Pinsel und Bleistifte der Firma – ein Traum für ein Landkind.
Anschliessend gingen wir unter den Lauben hinuter in die Kramgasse. Am Zytglogge stand ein Verkehrspolizist mit weissen Handschuhen auf einer Kanzel. Auch hier brachte Grossmutter mich nicht so schnell weg.
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Eigentlich jage man bei einem solchen Regen keinen Hund aus dem Haus, meint eine Genossin, aber der Vortrag zu „Bewährungshilfe und alternativer Strafvollzug“ werde sicher interessant und ausserdem schwemme der Regen alles Zeugs weg, was auch nötig sei. Ich mag nicht fragen, welches Zeugs sie meint. Nach und nach tropfen noch weitere Genossinnen und Genossen ins Säli. Ich zähle 25, Durchnittsalter 60. Es dürfen drei neue Mitglieder, davon zwei anwesend, mit Kuss und rotem Schoggiherz begrüsst werden. Nach einer heftigen Diskussion um ein Bauvorhaben auf der grünen Wiese (Recycling und Sortierwerk von Bauschutt), gehts ziemlich verspätet zur Bewährungshilfe. Zuerst gibts ein paar Grafiken und Karten in Militärgrün und Blutrot und dann die Geschichte von einem Klienten, den die Referentin „Tim“ nennt. Sie hat ihn fünf Jahre durch den Strafvollzug begleitet und ihn so weit einsichtig gemacht, dass der Bursche ein „Gefühl für die Ängste seiner Opfer bekam“. Er hatte sie gefesselt und ihnen eine Pistole an die Schläfe gesetzt – natürlich ungeladen, wie Tim die ganzen Jahre stets beteuerte. Sogar eingezahlt für die „Opferhilfe“ habe er. Schritt für Schritt habe man ihn einem normalen Leben entgegen geführt, zwar mit elektronischen Fussfessel, aber in Wohnung mit Freundin und bald auch Kind.
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Wider einmal haben sich fremde Fötzel auf dem lieblichen See nahe an meinem Quartier angesiedelt. Obwohl ihnen das streng verboten ist, haben sie ein Nest gebaut und – welche Chuzpe – auch noch Eier gelegt. Ich nehme an, dass der Jagdinspektor P.J. es nicht selber erledigte, sondern seinen Wildhüter H.U.H. anwies, die Eier der Exoten anzustechen, um so „eine unkontrollierte Ausbreitung“ zu vermeiden. Nun bleibt dem armen Mann der „ethische Konflikt“ (Link erneuert am 07.06.22) nicht erspart.
Weiss denn heute nicht jedes Kind, dass das Beobachten von Pärchen durch Feldstecher nicht ausreicht, um Fortpflanzung zu verhindern?

Licht für die Nachtfalter

Meine Mittagspause verbringe ich im Antiquariat am Rathausplatz, eingezwängt zwischen Büchergestellen, Kisten und Kunden. Jemand hat eine Platte von Georges Brassens aufgelegt. Der Ladeninhaber ist gestorben und ein Kilo Bücher kostet heute Fr. 1.- (Ich verlasse das altehrwürdige Geschäft mit bescheidenen 5 Titeln).
Die Biese fegt durch die Gassen und bläst Walme von Zibelemärit- und Fasnachtskonfettis an die alten Mauern. Heute ist Vermummung angesagt. Ein Strassenmusiker auf der Münsterplattform singt französische Chansons. Im Schwellenmätteli liegen die Kiesbänke trocken in der Sonne. Von Schmelzwasser keine Spur. In den Lauben wird die Beleuchtung für die Museumsnacht installiert und die Motten machen einen Probeflug.

Motten in der Laube

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Dass die vier Schweizerinnen von ihrer Reise durch Marokko begeistert sind, hängt sehr mit dem einheimischen Reiseführer zusammen. Er führt die Frauen an die schönsten Plätze und weiss zu berichten, was in keinem Buch steht. Die Touristinnen sind von diesem charmanten, gut aussehenden, hilfsbereiten Mann sehr angetan.
Wieder zurück in der Schweiz, schicken sie ihm ein Dankespaket. Zu ihrer grossen Enttäuschung bleibt eine Antwort aus dem Magreb aus. Mindestens eine Karte hätten sie schon erwartet.
Sie können sich nicht vorstellen, dass bereits andere Touristinnen an die schönen Plätze geführt werden und im Beduinenzelt Kuskus essen. Der Reiseführer erinnert sich wahrscheinlich nur noch schwach an „Der Chef“, „Der General“, „Der 6. August“, „Das gelbe Pferd“. Bereits hat er in der Sprache des Hohen Atlas neue Namen an neue Kundinnen vergeben.
Die Frau des charmanten Guides nimmts gelassen. Sie weiss, wie unmöglich ihr „Omar Sharif“ zu Hause ist.
Ganz klar, dass sie ihm das Schreiben der Dankeskarten nicht abnimmt.

Wer mit Telefonbuch, Pschyrembel, SBB-Fahrplan, Publicus, Statistischen Jahrbuch schon durch ist, sollte es unbedingt mit dem „Kommentar zum Europäischen Arzneibuch“ (10 Ordner) versuchen – ein richtiger Gesundbrunnen für Laien!

Aprotinin
Atropin
Arginin
Asparigin

Benzocain
Benazepril
Benzyl
Biotin
Bisacodyl

Cefalotin
Cefapirin
Cefatrizin
Cefazolin
Ceftazidim
Cefuroximaxetil …

aber auch:

Bärentraubenblätter
Eschenblätter
Ginkoblätter
Spitzwegerichblätter
Zitronenverbenenblätter
Arnikablütenblätter

Lindenblüten
Malvenblüten
Holunderblüten
Hibiskusblüten
Weissdornblüten
Bitterorangenblüten

Vogelknöterichkraut
Blutweiderichkraut
Wassernabelkraut

Taigawurzel
Grosser Wiesenknopfwurzel
Teufelskrallenwurzel
Baldrianwurzel
Liebstöckelwurzel
Süssholzwurzel
Roter Sonnenhut-Wurzel

Mariendistelfrüchte
Mönchspfefferfrüchte
Sägepalmenfrüchte

Zimtrinde
Zitronenrinde
Weidenrinde

Sternänis
Artischocke
Thymian
Bockshornklee
Bitterklee
Fieberklee

Honig

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