Aus erster Hand


Kleinesmeitli hat wie andere Bébés sehr viele Geschenke bekommen. Da die Mutter seit sie selber Kleinesmeitli war, einen totalen Listen-Tick hat, ist kein Geschenk entgangen. Nachfolgend ein Auszug aus der Liste von Geburt bis Ende September. Natürlich gibt es auch eine vorgeburtliche Liste und eine laufende Liste. Alle Listen – auch die mit allen SMS – kommen ins Fotoalbum, auf dass der Archivierungs-Fimmel weitervererbt werde.

Mittwoch 16. 8. 2006
1st: Blumen vom Rosenkavalier, drei weisse Rosen in grün
2nd, f: Zwetschgen, m&m’s, Ballistos
Freundin1: tibetanische Weisheit, selbst gehäkeltes Chäpli, blau-weiss gestreiftes Body, Eimalzin
Freund1: Rosenstöckli, Raffaelos
2nd, m: 6 Mandelbärli
Patin: 10 Tafeln Schokolade
Freund2: 50.-

Donnerstag, 17. 8. 2006
2nd2nd, mt: Sonnenblumenstrauss von der Tscharnegut-Floristin
Freundin2: T-Shirt und Pyjama
Bekannte: farbige „säufer“-Tüchli, rosa Bademantel
Schwägerin 2nd2nd, f: 2 Rosen

Freitag, 18. 8. 2006
Freundinnen 3&4: Froschkönig-Finkli
Albanischer Cousin: Blumenröckli mit Höschen und Hütchen, grünes T-Shirt mit Schmetterling, weisse Hosen, (später) eine Priese Zucker
Bettnachbarin: Champagner im Spital

Samstag, 19. 8. 2006
Freundin5: grosses Pack Pamper’s
Albanischer Cousin: Sternzeichen Löwe aus Glas
Albanischer Cousin: Uhr mit zwei Schafselefanten
Tante von 2nd2nd, f: Bügeleisen

Sonntag, 20. 8. 2006
1st: Apfelkuchen

Montag, 21. 8. 2006
Nachbarn: selbst gemachte Karte
Hebamme: Weledapäckli mit rosa Söckchen

Dienstag, 22. 8. 2006
Bekannte: Kirschenkernkissen, rundes Holzspielzeug
Bekannte: Gutschein „zur goldenen Wiege“ 40.-, rote Söckli
Nachbarin: Blumenstrauss in rosa

Donnerstag, 24. 8. 2006
Freund3: Kuscheldecke und Karte
Freundin 6: dreieckiges Holzspielzeug
2nd, f: Kleider für 100.-

Samstag, 26. 8. 2006
Urgrossvater: 50.-

Sonntag, 27. 8. 2006
Bekannte: Käferli-Waschlümpli und Karte
Albanische Freunde: Kleider, 6 blau-goldene Gläser, Bluse für Kinds-Vater, 100.- für Kinds-Mutter

Montag, 28. 8. 2006
Nachbarin: Karte mit 20.-

Dienstag, 29. 8. 2006
Nachbarin: weisses langärmliges T-Shirt
Eltern von Freundin1: Kaputzen-Pulli aus Italien
Bekannte: Karte mit 30.-

Donnerstag, 31. 8. 2006
Nachbarin: grünes Dinosaurier Body
Nachbarin: „Lissi Baby“-Puppe
Nachbarin: Schachtel „Baron“ Pralinen, rosa Trainer-Hose und –Pullover
Freundin7: grosser Schoki-Glückskäfer, weiches Äffchen

Freitag, 1. 9. 2006
Nachbarin: rosa Badetuch mit Waschlümpchen
1st: Zwetschgenkuchen

Samstag, 2. 9. 2006
Bekannte: selbstgestrickte Finkli
Frundin aus D: 3 Paar Socken, 2 Paar Strumpfhosen, „In the jungle“ Libli und Höschen, 5 Bodys, Gelee Ananas und Bananen, Wicklein (Süssigkeit mit Nüssen und Kernen)

Dienstag, 5. 9. 2006
Nachbarin: Karte mit 20.-, Komplett Anzug (Höschen, Libli, Essmänteli und Handschuhe. Alles in Rosa und Weiss)

Donnerstag, 7. 9. 2006
Nachbarn: Karte mit 50.-
Nachbarn: Karte
Bekannte: 3 Sonnenblumen
Nachbarin: kleine Sonnenblume und Spielzeug 30°

Freitag, 8. 9. 2006
Schwiegermutter: selbstgestrickte Söcklein und weisses Libli für Linda , Llikum me arra, Përpeq, 3 Paar Socken (Styled in Türkiye) und ein Herren Unterhemd für Nexhat, 2 Paar Kniestrümpfe für Sarah
Patin: 1 l Sauser, grosser gelber Rosenstrauss, gestrickte, fein gefütterte hellblaue Jacke (68), Söcklein (new born), Body

Samstag, 9. 9. 2006
Nachbarn: Schachtel mit 11 Aachener Köstlichkeiten, Manchesterhose (80), langärmliges rosa T-Shirt (80), Champagner litchi, Kitsch-Kerzenständer

Montag, 10. 9. 2006
Vorgesetzter: Brief und 50.- LOEB-Gutschein

Dienstag, 12. 9. 2006
Bekannte: beige Hose mit Räuschchen und lila Libli (74)

Freitag, 15. 9. 2006
Nachbarin: farbiges Röckli (80), kurzes Body, Aprikosenschnitten-Dessert, violetter Trainer
Nachbarin: Brief und Body (68)
Bekannte: Maus aus „Chlätterbär“

Samstag, 16. 9. 2006
2nd, m: 3 Rosen zum „Geburtstag“ für Kleinesmeitli

Montag, 17. 9. 2006
Bekannte: Karte
Bekannte: Karte, Bär mit aufziehbarer Musikdose, verpackt in selbstgemachter Malerei
Alte Freundin der Familie: Karte mit Zitat aus „Le petit prince“, WWF Delphin, „Princess“ Pijama

Donnerstag, 21. 9.2006
Tamilische Familie: Plastikgeschirr, Schachtel Biscuits, rosa Trainer (OTTO)

Freitag, 22. 9. 2006
Nachbarin: Karte und 20.-
Alte Freundin der Familie: esprit Manchester Röckli und Bluse, Karte und 100.-
Eltern 2nd, male: Jeans-Röckli, Libli und Karte
Bekannte: Baby-Bad für erschöpfte Eltern, Pflegeöl, Waschlümpli und Karte

Mittwoch, 27. 9. 2006
Bekannte: Jeans-Röckli, rosa Libli und Rüschchen-Söckchen (4-6 M)
Nachbarin von 1st: Karte, Entchen Waschlümpchen und rote Decke mit blauem Esel

Freitag, 29. 9. 2006
Nachbarin: 20.-
Nachbarin von 2nd, f: schwarzes Tuch mit farbigen selbst gestickten Blumen
Mutter von Freundin1: farbiges Stühlchen

Samstag, 30. 9. 2006
Freundin von 2nd, f: Päckli (noch unausgepackt)

Mein Lift

Weil nicht alle hier Lesenden mit Liften vertraut sind: Das ist „mein“ Lift in Abwärts-Fahrt. Man kann sich ihn als fahrende Kabine vorstellen, ähnlich wie die Dinger der Fassadenputzer. Die Kabine ist auf einer Seite offen und rast eine Wand entlang, die pro Stock zu öffnen ist. Man muss aufpassen, dass man sich nichts einklemmt, keine Schnürsenkel, keine Haare, keine Taschen, vor allem nicht die Kinder. Denn der Lift ist so alt, dass er häufig auch in solchen Fällen noch den Kontakt herstellt, trotzdem losfährt und einfach reisst.

Der Lift von 2nd2nd ist sauberer. Die haben halt auch einen emsigen sehr präsenten Hausmeister. Bei unserem gibt’s nie eine Umfrage, aber der ist auch aus dem Berner Oberland und nicht aus dem Kosovo. Das ist natürlich etwas anderes.

Heute traf ich beim notdürftigen Einkauf in Eile eine Mazedonierin, die ich seit Ewigkeiten kenne. Sie ist eine intelligente und interessante Gesprächspartnerin, normalerweise unterhalten wir uns trotz unterschiedlicher Auffassungen sehr zivilisiert.

Sie hat zwei von ihren drei Kindern reinrassig verheiratet und hat nun nur noch die Sorge, auch das letzte Kind – eine Tochter – an den mazedonsichen Mann zu bringen.

Heute habe ich sie mit älterer Tochter und Enkel gesehen und sie hat sich nach meiner Schwester erkundigt. Hat gefragt, was sie für ein Kind bekommen hätte und ob es ihr gut gehe. Weil ich wusste, dass ihre Tochter gerade eine Fehlgeburt hatte, habe ich mich zuerst sehr zurückgehalten. Als sie jedoch weiter und im Detail fragte, wie sich die jungen Eltern machten, bin ich leicht bissig geworden. Ich gab zur Auskunft, dass alles rund liefe, wenn denn die albanische Schwiegerfamilie sie nicht so miserabel behandeln würde. Als sie meinte, das könne ja nicht so schlimm sein, ergänzte ich, dass diese Familie uns wie auch unsere ganze Unterschicht-Nachbarschaft um ein Vielfaches an Vorurteilen übertreffe und gab ein paar Beispiele.

Ach! meinte sie, das sei nur Blabla und das erste Jahr sei sowieso schwierig!

Tja, Blabla sei für mich persönlich etwas anderes und auch gesetzlich machten wir ein paar Unterschiede zwischen Blabla, Beschimpfungen und Drohungen.

Aber, aber, meinte sie weiter, die Familie sei halt in tiefer Trauer, dass der Sohn keine Frau der richtigen Abstammung hätte – so traurig, dass sie halt gar nicht mehr sähen, dass meine Schwester ja so eine Nette sei.

Eine Nette! rief ich. Nein, mangelnde Nettigkeit sei ganz gewiss nicht das Problem. Für Geld und Bewerbungsschreiben könne man bei der Netten und dem Sohn jederzeit anklopfen, da kenne man keine Berührungsängste. (Ich sah im Geiste meinen ruhigen Schwager sich meinetwegen durch alle Böden schämen, aber ich vermochte mich nicht mehr zu bremsen.)

Heute eine Nette, morgen eine Nutte, wie es gerade beliebt, nicht wahr? Aber alle Albanerinnen sagen mir, das seien nur leere Worte, nicht schlimm, nur Ausdruck von Trauer; verständlicher Trauer. Allah hu Akbar aber nur Worte ohne Inhalt? Alle Rede ohne Bedeutung, hä? Befinde ich mich eigentlich im Europa des 21. Jahrhunderts um mir Abstammungstheorien und Blut-und-Boden-Rhetorik anzuhören?

Nein. Ich sagte nicht, verreist doch alle zurück auf eure Scholle, damit jedes Kind reinrassig bleibe. Nein, mein politischer Schutzengel hat mich gerettet. Heute, 14:12, in einer trostlosen Denner-Filiale am Rande der Stadt.

Der weiss, was sich gehört. Und ist da, wenn es drauf ankommt. Danke sehr.

Nicht etwa die Mutter hatte Verspätung beim Zeichnen der Geburtsanzeige. Nein, die Tante hatte Verspätung beim Scannen. Obwohl sich so viele erkundigt haben. Entschuldigung.

Vorderseite:

Geburtsanzeige_ Front

Rückseite:

Geburtsanzeige_Rueckseite

Verbunden 2

Inzwischen sind die Himbeeren schon über die ersten Schnüre hinaus gewachsen. 3rd konnte vorigen Samstag umfangreich ernten.

Seit ich denken kann kommen Leute hierher, um unser Quartier zu besichtigen. Mal Wohlwollende, die die corbusier’sche Tradition zu erkennen glauben, mal Nasenrümpfer, die sich einfach einen Loop genehmigen, bevor sie den Wanderweg unter die Füsse nehmen, mal Kunststudenten, die Wohnbeton anfassen und artgerecht verwursten wollen und mal Gelangweilte, die von irgendwem zur Schnuppertour verdammt wurden.

Heute waren’s Jugendliche aus einem Gymnasium, die die Aussenquartiere kennenlernen sollten. Schon auf dem Bus sind sie mir als zu sauber und teuer gekleidet ins Auge gesprungen, auch weil sie über dies und das geschnödet haben, das Eingeborene längst nicht mehr wahrnehmen. Aber ich dachte halt, die kommen jemanden besuchen, immerhin schaffen es von unserem Schulkreis auch 14% aufs Gymnasium.

Ich spreche also gerade mit einem, der eine Lehre bei der Bank macht und sehr zufrieden ist, wechsel im Laufen zu einer Gesprächspartnerin mit vier Kindern, die mit mir etwas in Sachen Quartierverein besprechen will und höre dann mit einem Ohr, wie einer der sauberen und teuer gekleideten Jungs aufschreit: „Hei, sogar die hie hei e Schuel!“ während er auf unsere verspucktes Schild zeigt, auf dem „Schule“ und ein Pfeil nach unten steht, weil die Schule eben unten ist.

Ich habe ihn lächelnd aber ohne ein Fünkchen Humor bestätigt, „Jawohl. Dieses Land hat einmal beschlossen, dass jeder eine Schule besuchen darf, sogar wir hier. Leider hat das Land dann lange Zeit vergessen, dass Schulen wie Quartiere auch gepflegt werden müssen, vor allem wenn die Leute zu arm dran sind, um es selbst zu tun. Lassen Sie mich drei Mal raten, aus welchem Stadtteil so viel Hochnäsigkeit herkommt?“ Das Jüngelchen guckt ein wenig erstaunt, bleibt aber cool und meint „Also, ja, klar.“ „Spiegel?“ „Nein.“ „Kirchenfeld?“ „Ja.“

Ich gehe zufrieden nickend von dannen und erheitere mich an der Frage, wie er diese Begegnung mit der autochthonen Bevölkerung in die Gruppenarbeit einbringen wird.

Verbunden 1

Zu Grossvaters 95. Geburtstag beginne ich eine Serie mit Bildern seiner wunderlichen Eigenart, alles verbinden zu wollen.

Herr Wächter ruft mich an, um mir mitzuteilen, dass der bestellte Anschluss für mein Notebook wahrscheinlich schon funktioniere. Er hätte ihn gerne getestet, aber letzte Nacht sei ins Haus eingebrochen worden und alle Notebooks seien weg – gestohlen. Zum Glück stehe die Geburtstagskasse noch unangetastet an ihrem Platz, aber das Münz in den Getränkeautomaten sei fachgerecht entnommen worden. Die Diebe hätten die Büros ordentlich hinterlassen, ohne Kratzer, ohne Scherben. Gottseidank seien die Laboratorien verschont geblieben, blöd hätte das heraus kommen können!
Als abends noch regelmässig in den oberen Stockwerken geputzt wurde, sei nie etwas passiert, aber jetzt, wo man überall spare, müsse man sich über so etwas nicht wundern. Es sei eben nicht immer alles gespart, was danach aussehe.
Ich frage meine Freundin Marwa: „Wie bricht me so-n-e Outomat uf, ohni Spure z’hinderla?“
„Mi git ihm e feschte Schutt, de geits ganz eifach.“

Kommode

E-Mail von einer Freundin in einem anderen Block:

Nachdem ich erfahren habe, dass der Mann, der seine zwei Kinder erschossen hat und dann sich selbst, zwei Hauseingänge weiter wohnte, fand ich diese Blocksiedlung auf einmal wieder schrecklich trist und no future versifft. Aber das ist natürlich vollkommen irrational, passiert ja in allen Kreisen.
Langsam erhole ich mich wieder und die Grabkerzen und Teddybärs sind nun auch weg.

Gestern noch ein Schock in der Waschküche. Da lag eine dicke Strähne blonden Haars auf dem Auswringer. Sofort ein Film in meinem Kopf, ich wusste es doch, letzten Di klingelte bei uns um halb 8 die Polizei – ich öffnete nicht, sah sie aber dann ins Auto einsteigen – der alte Italiener mit der Alkohlfahne, getraut mit junger Rumänin mit eben solch langen blonden Haaren. Ich wusste es doch, dass er sie schlecht behandelt, sieht man vom Schiff aus und letzthin im Lift hat er noch eine Wunde am Arm
gehabt. Notwehr der Frau, ganz klar. Ich habe schon fast die Abwartsfrau alarmiert, aber doch zuerst noch E. mit dem Natel aufgescheucht, der sich diese Strähne mal anschauen gekommen ist. Und er fand heraus, dass es so Isolationsmaterial ist für Wasserleitungen. Hab ich echt noch nie gesehen so was, ich glaub immer noch daran, dass es Haare waren. Perückenhaare mindestens. Aber hoffen tue ich, dass E. Recht hat. Und sonst hoffe ich, dass die Frau abgehauen ist ins Frauenhaus und nichts Schlimmeres passiert ist.

Auch uns hat der eingangs im Mail erwähnte Fall aufgescheucht, der passte 1:1 auf die Familie von 3rds Freund D., von der ich hier als erstes geschrieben habe. Erst als ich endlich eine Verwandte am Telefon hatte, die schwor, unsere Freunde gerade noch lebendig in der Kirche gesehen zu haben, konnten wir uns beruhigen. Uns erstaunte es aber nicht in der Zeitung zu lesen, dass dieser suizidale Familienmörder – oder wie man die inzwischen nennt – ein Spieler war. Das Gewaltpotential von jedem wird analysiert und diskutiert, aber nicht das von Spielern. Dabei hat sich dieses Problem mit der Zulassung der Casinos (einer per Abstimmung und wider meinen Willen abgesgneten Einnahmequelle für Väterchen Staat) massiv verschärft.

Es ist nicht neu: Egal wie tief ein Mann sinkt, es finden sich immer Frauen und Kinder, die er mit sich in den Abgrund reissen kann. Für diese Erkenntnis reichte dem grossen Büchner ein Fragment und alt und weise brauchte er dafür auch nicht zu werden.

Handwäsche

Pro Jahr spreche ich viermal mit meinem Nachbarn zur Linken. Ich weiss, das ist wenig, hängt aber keinesewegs mit der vielzitierten Anonymität im Block zusammen. Herr J. kann den Zeitpunkt unserer saisonalen Plauderei selber auswählen. Dazu beugt er sich gefährlich weit über die Balkonbrüstung und erteilt mir Ratschläge, wie ich meinen Balkon klinisch rein und frei von jeglichem Unkräutlein halten könnte.
Auf seiner Terrasse nimmt er jeden einzelnen Verbundstein aus dem Splitterbett, fegt ihn mit Schmierseifenwasser und einer weichen Bürste. Den Splitter schaufelt er in ein Löcherbecken, wäscht die Steinchen einzeln, passt auf, dass er dabei nicht ein Sämchen Unkraut übersieht und setzt das Ganze in nächtlicher Fleissarbeit wieder zusammen. Auch seine Kupfervögel auf dem Geländer pflegt er sorgsam, kontrolliert besonders die Halterungen, denn er möchte nicht, dass jemandem aus 40 Meter Höhe ein Rabe oder eine Wildente auf den Kopf fallen.
Heute kam er zurück von den Kanaren. Es war dort windig und sehr warm.
Aber nun muss er sich wieder ans Steinewaschen machen, ist sichtlich enttäuscht, dass ich seine bewährte Methode der ökologischen Unkraut- und Schmutzvertilgung nicht übernehmen will.
Auf meinem Balkon gibt es ca. 1800 Verbundsteine!

Junge, ca. 7 Jahre:

Der Samichlous, dä geit i d’Schueu
Cha nid läse ohni Stueu.

Ig bi nid Oscherhaas
Ig bi nid Oscherhaas
Du bisch äs Oschterhaas
Du bisch äs O-Oh-sch-ter-haaaas!

***

2 Mädels, ca. 12 Jahre

-Ig ha huärä MSN-Verboooooot.
-Neeeei, huärääää.
-Doch, ächt.

***

2 Männer, ca. 88 Jahre

-Jetzt wei si no Zoll erhäbe. Uf d’Strass.
-Ja, ig ha dervo gläse.
– Das die keni angeri Problem hei.
-Ja, das faut-ne-ja nume drum y.
– Wüu si kener angere Problem hei.

[Content.]

***

Aus Vaters Kindheit im Emmental:
„Im Deckhüsli hi si es Chueli u zwüü Guschti gha, derzue e Dreispitz Land. Iinisch im Apriu hi d‘Ängerlinge d’Würze vouständig abgfrässe gha, so dass d’Ching dä Bitz Gras bis a ds Hüsli zueche hi chönne ufroue wie-n-e Teppech. D’Mueter het e Schüssle bbrunge u mi het se mit de dicke wiisse Larve gfüut. D’Hüehner hi sech druf gstürzt u aui gfrässe.
Drvo si si chly muderig worde, hi ganz schwarz gschisse u lang nümme ggliit.
Im Mai het me mit dr Schueu müesse ga chäfere. Mi het es Tuech unger d’Bueche ggliit u het mit em Schüttuhagge die Maiechäfer ache gschüttlet. (We de d’Sunne isch cho, si d’Chäfer munter worde u hi sech wider a d’Bletter gchrauet). D’Ching hi se i auti Bränte gsammlet und se em Lehme Chrigu bbrunge. Dä isch Chäfervogt gsi, het aus gwoge u für ds Kilo es Zwänzgi zaut. Mit däm Gäut isch me de ga riise. Dr Chrigu het im-e-ne Wöschhafe Wasser gchochet u het die Chäfer drmit übergosse. Ersch we si tod si gsi, het er se dörfe i ds Bschüttloch ache gheie.“

Unser Quartiergärtner hat in den letzten zwei Jahren ein vermehrtes Vorkommen von Engerlingen festgestellt, ja, sogar in meinen Blumenkübeln einige Exemplare gefunden. Mir graust vor diesen blassen zusammengekrümmten „Würmern“. Interessant finde ich aber die Forschung.
So kann man in der Schweiz die Maikäfer-Flugjahre berechnen:

Quersumme geteilt durch 3, Rest 0: Basler Flug (2004, 2007)
Quersumme geteilt durch 3, Rest 1: Berner Flug (2005, 2008)
Quersumme geteilt durch 3, Rest 2: Urner Flug (2006, 2009)

Gedenken

„Letztes Jahr hatte meine Tochter einen Schilddrüsentumor. Wir hatten die besten Ärzte und sie bekam die beste Pflege. Seitdem denke ich immer an die Kinder von Tschernobyl“, erzählte mir heute meine Arbeitskollegin.

(Foto: Plakat an der Heiliggeist Kirche, Bern)

ProWohnqualitaet

Wenn ich mich so umhöre- und schaue, hat dieses Statement niemand gelesen überhaupt wahrgenommen begriffen an sich herangelassen.

Nur schnell, er macht nicht lange, nur hurtig will er etwas erzählen darüber, warum er ein Roter geworden, ein Roter geblieben und nicht ein noch Röterer geworden ist. Nach sechzig Jahren Parteizugehörigkeit ist er kein Jungspund mehr, aber noch im Saft, wenn es darauf ankommt.

Beigetreten ist er wegen dem Iten, dem Iten Klaus, einem Zweier [Jg. 1902], wir kannten ihn ja sicher. Er selber war ja zuerst ein Roter Fuchs gewesen, damals in der Druckerlehre. Dazu war er noch in der Gewerkschaft, ja natürlich. Das war ganz anders, das war noch etwas für jeden Beruf einzeln. Dort hat ihn dann mal einer zu einer Parteiversammlung der Sozialdemokraten eingeladen, und das war eine Ehre damals, das weiss man ja heute nicht mehr. Heute empfindet man das ja als Zwang.

Und an dieser Versammlung hatten ein Alter und ein Junger einen Disput, aber es würde zu weit führen, wenn er den auch noch erklärte, er wolle ja nicht lange machen, andere würden auch noch geehrt, für 50 und 45 und 40 und 25 Jahre SP und wollten ja auch noch etwas sagen.

Jedenfalls war da an dieser Mitgliederversammlung diese heftige Debatte zwischen dem Alten und dem Jungen. Und da hat er sich auf die Seite des Jungen geschlagen, einfach weil er es gewohnt war von der Druckerei und den Roten Füchsen, dass den Jungen sonst gar nicht zugehört wird. Wenn sie nicht zusammenhalten, kommen sie nie zu Wort, kein einziges Sterbenswörtchen wird ihnen gewährt. Er hat sich also in die Bresche geschlagen für den Jungen und da hat der Iten ihn am Arm genommen. Und der Iten Klaus, der hat ihm dann ruhig erklärt: Schau, du hast recht. Und auch der andere Junge. Wir wissen das. Es ist immer die Frage, wie man etwas anschaut. Aus welcher Perspektive. Eine Frage, wie alt einer ist, wo er arbeitet, wie lange er noch zu arbeiten und wie viele Kinder er zu ernähren hat. Und deshalb kann man es so oder anders sehen. Und deshalb hat auch der Alte recht. Ihr hört ihn an, er hört euch an. So läuft das hier.

Und dann – wegen dem Iten Klaus – hat er erlebt, dass die rote Politik gar keine Hierachie braucht wie im Militär, dass man einander zuhören kann und dass man normal reden und auch einmal den Standpunkt wechseln kann. Und dann ist er geblieben, sechzig Jahre, wegen dem Iten Klaus.

Er hat geschlossen.

[Ich liebe Ehrungen in der SP. Es ist ein Anlass der schönen Geschichten. Und bevor die SVP in diesem Kanton die Mehrheit bekommt, muss das mal gesagt sein.]

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Ich bin gerade ausgestigen und die alte Dame kommt mir am Stock entgegen, vor ihr springt ihre jüngste Enkelin hin und her. Das Mädchen ist neu in die Nähe der Grossmutter gezogen, sie und ihre Eltern haben vorher in Amerika gelebt und drum frage ich, wie sie sich alle eingewöhnt hätten. Die alte Dame seufzt und meint, es sei einfach so schwierig, beide Eltern hätten keine Arbeit. Ich finde das auch etwas Schreckliches und frage, ob es mit der Unterstützung oder dem Stempeln klappe? Ja, das schon. Aber es sei halt ein Minimalbetrag.

Wenn sie sich nur vorstelle, wie viele Ausländer hier einfach so mir nichts dir nichts in die Schweiz kommen und die hohle Hand machten, wie man ihnen einfach alles hinterher werfe und sie, sie müsse ihre arbeitsame Tochter und ihren begabten Schwiegersohn hier einfach mit dem Minimum abspeisen, dabei seien sie alle richtige Schweizer!

Unerwähnt bleibt, dass die Tochter vor Jahren nach Israel ausgewandert ist und dort den Sohn eines ebenfalls migrierten Schweizers geheiratet hat, welcher kein Wort in einer unserer Landessprachen spricht. Beide wollten nicht länger im Kibbuz leben und verliessen Israel in Richtung Amerika. Dort wiederum entschieden sie sich für die Schweiz, mit der die Frau seit ihrem Berufsabschluss keine Erfahrung mehr und der Mann noch gar nie Kontakt gehabt hatte.

Das fidele Mädchen hüpft singend am Randstein, während die Grossmutter mir weitere Untaten der Sündenböcke ohne Schweizer Pass aufzählt. Ich hoffe inbrünstig, dass die Lederjacken der Tamilen nicht dabei sein werden und gottlob kommen nur die Brillen. (Flüchtlinge bekommen bei uns soviel ich weiss wirklich eine Brille, wenn sie nichts sehen. Einheimische müssen ihre Brille hingegen selber berappen. Eine Schande so etwas.)

Ich stehe an der Bushaltestelle und beobachte die Erweiterung der Taubenplage an der Blockfront. Leise zupft mich jemand am Ärmel. Die Frau, die unter meiner Mutter wohnt, beugt sich vor und sagt: „Ich habe Bescheid bekommen vom Baumgarten.“

Ich verstehe. Das bedeutet, dass sie sich jetzt entscheiden muss, ob sie ins Altersheim umzieht. Wenn sie noch rüstig zügelt, kann sie noch vieles selber bestimmen, wenn sie zu lange wartet, wird für sie entschieden und sie muss sich irgenwo in ein Zimmer hineinquetschen lassen.

Ich frage zögernd „Und, haben sie sich schon etwas dazu überlegt?“

„Ach!“ Sie legt die eine Hand an die Schläfe die andere, mit der beigen Handtasche am dünnen Unterarm, ans Herz. Dann reisst sie beide Hände in entgegengesetzter Richtung auseinander und ruft: „Kopf und Herz sind so weit auseinander wie nie zuvor!“.

Liebste Frau

Das finde ich auch.

Heute haben wir einen neuen Teacher bekommen, er ist zwar nett und gescheit, hat aber leider noch nie etwas von Didaktik gehört.. er spricht so unendlich, dass sogar die deutschen Kollegen finden, er spräche ohne „Punkt und Komma“.. Und dann immer noch alles voller Füllwörter, „dann ist das ganz wichtig, dass Sie das wissen, einfach, dass Sie hier mal sozusagen als Basis einsteigen und dann von hier aus quasi weitergehen und dann alle weiterführenden Aufgaben von hier aus erledigen können, wenn Sie hier quasi mal gestartet sind; nun, also, auf der nächsten Seite sehen Sie nochmal so eine Zusammenfassung, was Ihnen quasi nochmal zeigt, wie das alles aufgebaut ist, sozusagen, und ich sage Ihnen das nun einmal, ich weiss, es klingt nach viel Neuem – es IST viel Neues, das wird dann für die Zertifizierung schon wichtig, also nicht grad jedes Details, aber sozusagen die Grundlage, nur damit Sie jetzt diese Begriffe schon mal gehört haben, wir kommen dann in den nächsten Kapiteln, vier oder fünf, wieder darauf zurück, und dann haben Sie es dann ja schon mal gehört, also wenn wir uns jetzt nochmal dieses Schema anschauen, dann sehen wir hier wieder diese Komponenten, die sozusagen als Basis für alles andere „….

Gute Nacht.

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