Feste feiern


Ich freue mich schüüli auf den Muttertag und hoffe, dass mir das Kalb auch einen zerzausten Tulpenstrauss bringt. Natürlich habe ich den Swiss-milk-Wettbewerb gemacht, denn ich will unbedingt zwei Herztassen gewinnen. Vielleicht haben ja meine Kinder ihn auch gemacht und ich erhalte dann noch mehr Herztassen mit Kalb. Das wäre schön, so ein Dutzend Herztassen. Ich könnte das ganze Jahr hindurch Herztassen putzen, dort, wo sich die Rückstände der Swissmilk ansetzen. Als fleissige Mutter hätte ich auch 2007 einen Tulpenstrauss verdient, hoffentlich dann überreicht von einem Simmentalerfleck. Diese schwarz-weissen Freiburgerschecken sind nicht mein Geschmack und ich finde, dass endlich einmal die Berner drankommen sollten!! Die machen ja schliesslich auch Milch und können auch tanzen und schutten!

Osternest für Heimhasen

Am Wochenende waren wir wieder einmal im Knabenheim. (Über Weihnachten waren wir natürlich auch, aber das habe ich zu bloggen vergessen. Schade, das ferngesteuerte Auto hätte ein paar gute Fotos gegeben, die neue Jacke hingegen langweilte den Heimbewohner eher. Lieber hätte er neue weisse Turnschuhe gehabt.) Dazu gab’s zu Ostern noch eine vom Heimkind selbst ausgewählte CD, erst im Nachhinein habe ich gesehen, dass auch noch eine DVD mit einem Baller-Clip in der Hülle drin war. Ich hab’s dem Betreuer zerknirscht gebeichtet, er wird sie visieren.

Mit dem serbisch-orthodoxen Weihnachtsfest geht heute die Feierzeit dieses Winters zu Ende. Und weil morgen Sonntag ist, haben die Quartiere des Westens entschieden, den Schmuck bis Montag zu lassen: Die Laternen, die Lichter an den Tannen und den Stern von Bethlehem.

Auch gibt es dieses Jahr die Entsorgung der Bäume gratis am 9. Januar, so dass eben auch die Orthodoxen, die hier nicht Tannen, sondern Geäst anderer Bäume schmücken, vom kostenlosen Angebot der Müllabfuhr profitieren können. So ist’s allen Recht getan.

Gefeiert werden im Herbst Gauri Puja und Deepavali von den Hinduisten, davon merken wir im Quartier nur wenig, denn die Feste sind oft ausserhalb der Stadt. Aber wir sehen schön geschmückte Menschen im Bus.

Meistens im November ist dann Id al-Fitr (je nach Nation auch Bayram, Ramadanfest – aber das ist irgendwie mehrmals), das ist hier fast wie Weihnachten. Es reisen viele Verwandte an und das Fest wird von aussen gesehen sehr ähnlich begangen. Viele Geschenke, gut gekleidete Männer und Frauen in fliessenden Röcken, aber auch Stressgespräche im Lift über fordernde Schwiegerväter.

Auf Dezember fällt Loy Krathong, ursprünglich ein hinduistisches Fest aber heute in Thailand auch ein offizieller buddhistischer Feiertag, der vielen hier wichtig ist. Auch Chanukka berührt den Dezember, aber ich kenne hier im Block nur eine jüdisch-christliche Familie, also realisiere ich das nicht so sehr.

Ich sage nicht, dass es immer eitel Freude ist, aber die Lichterfeste sind noch nie im Geringsten zu einem Problem geworden, im Gegenteil, irgend jemand feiert immer und irgend jemand arbeitet immer. Die Gemeinschaftsräume werden geteilt, alle sind guter Dinge.

Wenn die Feiern nicht auf Wochenenden fallen, haben wir im Kanton Bern eine Regelung, die erlaubt, dass Kinder 5 Halbtage in der Woche unbegründet der Schule fern bleiben können, wenn sie sich am Vortag abmelden. Jeder kommt so zu dem Fest seiner Kultur.

Ich halte das für die richtige Art mit unserem Menschen- und Lebensgemisch zurecht zu kommen. Ich wehre mich gegen die Welle, auf der die Radikalen reiten, weil das Zusammenleben nicht einfach ist, weil es Kraft und Mut braucht – und – am meisten von allem – Zeit. Ich wehre mich gegen ein Asyl- und ein Ausländergesetz, für die ich mich vor den Kindern bis in alle Ewigkeit werde schämen müssen.

Ich wünsche mir für das neue Jahr, dass nicht nur die aus den schöneren, geputzteren und freundlicheren Quartieren diese besorgniserregende Entwicklung abwenden helfen. Sondern dass auch wir hier als Berns Westen ein weniger feindliches Zusammenleben und Abstimmungsverhalten an den Tag legen.

Bald ist Newroz. Und die kurdischen Kinder werden über das Feuer springen und dem Winter den Garaus machen.

Neujahrsnacht im Blogk

Alles Gute von uns in die Welt hinaus. Und gerne auch umgekehrt.

Marzipanstern von Bethlehem

Ein Bethlehemstern für ein Bethlehm-Kind.

Um vier Uhr früh zünde ich auf dem Balkon die Geburtstagskerzen für meine Tochter an. Die Flämmchenreihe brennt ruhig trotz des Nieselregens, lässt sich nicht unterkriegen, genau wie mein Kind …

In der Stadt ist man am „Angstsalzen“. Anscheinend ist dies ein Fachausdruck in der winterlichen Strassenwartung. Angstgesalzen wird bei unsicheren Wetterverhältnissen – eine vorsorgliche Massnahme gegen Glatteis. Das Spezialfahrzeug wirft mittels eines Rades grobkörniges Salz auf die Fahrbahn. Nun sind die AutofahrerInnen sicher, während sich die FussgangerInnen auf den gefrorenen Trottoirs süüferli zur Arbeit schleichen.

Der Hund meiner Vorgesetzten buckelt, spreizt die Vorderbeine und kotzt einen rosa Schwall mit Fleischbrocken auf den (altrosa) Teppich der Bibliothek.
Ich mag zum Zmittag keine Knäckebrote essen.

Der Berner Künstler CEL ist tot. Auch Hanns Dieter Hüsch hat uns verlassen. Als Fahrender durchstreifte er auch unsere Stadt …

Die Nadel zeigt, wo Nordosten ist, der Bär wacht über unserem Tram und ich kaufe heute „Frieda auf Erden“.

Im Club cultural Cervantes ist man flexibel. Ganz klar, dass die Fiesta auf heute Sonntag verschoben wurde, denn gestern Abend widmete man sich ganz dem Fussballgott

Trotz des milden Herbstwetters kamen die spanischen Gäste in den Grossen Saal des Quartiers, hängten neben die Clubfahne auch eine mit Schweizerkreuz, deckten die langen Tische für zweihundert Leute, bauten eine Bar auf und belegten Teller mit leckeren spanischen Wurst- und Schinkenscheiben, Käse und Oliven. Nach der Vorspeise wurde Kartoffelstock mit Rindsragout und zum Dessert Glace mit Früchten serviert. Alles lief wie am Schnürchen, denn in der Küche und beim Service waren Profis am Werk. Man sprach, lachte und tanzte durcheinander. Die Musik war ohrenbetäubend. Ein Mann erzählte mir, er hätte in seinem Garten in Spanien vier Schweizerfahnen gehisst. So etwas! 

Absoluter Höhepunkt des Nachmittags war der Auftritt der über fünfzig Flamencotänzerinnen und der zwei Flamencotänzer.

Die Knaben und jungen Männer hätten leider nicht genug Disziplin für diesen Tanz, meinte eine spanische Mutter bedauernd.

Die Lehrerin Raquel mit den beiden Tänzern, 2005

So gibt es im Club Cervantes in Bern einstweilen nur zwei Flamencotänzer, die hoffentlich nicht von einem Fussballclub abgeworben werden.

In Alberts Familie bekamen die Männer zu Ostern ein Dutzend mit Zwiebelschalen gefärbte Eier. Für die Frauen waren deren acht vorgesehen. Die Schulkinder aus den Weilern der Sonnseite hatten mehr Eier in ihren Körbchen als die Dorfkinder von der Schattseite, wo die Hühner noch im letzten Schnee scharrten. Jedes Familienmitglied passte auf seine Eier auf wie ein „Häftlimacher„, damit ja keines in einem falschen Magen verschwand. Lieber liess man eines verfaulen, als dass man eins verschenkte.
Seit dreissig Jahren gibt es bei mir im Hochhaus einen Karfreitag der offenen Tür. Wer Zeit und Lust hat, kann zum Eierfärben, Plaudern und Essen kommen. Mindestens zwei Dutzend der Ostereier werden an die Nachbarn verschenkt.

Wie jedes Jahr lud 1st heute zum Eierfärben ein. Mich dünkt, in diesem Karfreitagskreis waren noch nie so viele Sprachen vertreten. Die 17 Leute hätten in folgenden Sprachen kommunizieren können: Schriftdeutsch und Dialekt, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch (aus Andalusien und aus Bolivien), Kurdisch (Krmantsch), Türkisch, Arabisch, Hebräisch, Albanisch, Schwedisch oder Norwegisch, Russisch und wäre mein Schwager auch gekommen, hätte er uns auf Chinesisch gesagt, wie ungern er (in diesem Kreis oder grundsätzlich?) Eier färbt.

Ich wünsche euch allen frohe Ostern und uns etwas mehr Kommentare!

Tschüss, Salut, Ciao, Adios, Güle güle, Tung, Selam,…

Der Truthahn gekauft und der Champagner gekühlt, bleibt unter uns jungen Leuten nur noch die Frage, was geht ab, nach 24.00 Uhr? Die Suche gestern nach der Super-Silvester-Party war total unpassend, hatte ich doch vorher etliche Nachrichten gelesen. So viele Tote, wie ich jetzt Schneeflocken vor meinen Augen sah, wurden geborgen.

Hast du auch kein Sylvester gefeiert, als zwei Millionen Kosovaren aus ihrer Heimat vertrieben worden sind?

Doch. Aber vorher bin ich dorthin gereist und habe einen Film gedreht.

Hast du denn jetzt auf den Genuss von Weihnachten verzichtet, wegen dem täglichen Morden in Irak?

Nein. Versteh mich doch! Lässt dich denn diese Tsunami-Katastrophe kalt?

Ich bin im Krieg geboren und der hat immer gewütet, bis wir in die Schweiz gekommen sind. Ich habe genug getrauert. Ja, jetzt bin ich kalt.

Auch du wirst wieder traurig sein. Stell dir vor, nein, lass gut sein.

Also betraten wir den Ticket-Corner. Dann gingen wir weiter ins Kornhaus. Im Kursaal dann weigerte ich mich, noch weitere Schritte zu unternehmen, um die Party zu finden.

Gestern Abend rettete mich dann der Dritte im Bunde mit seiner Idee, den teuren Silvester-Party-Eintritt den Tsunami-Opfern zu spenden. Und siehe da, vorhin läutete der Schüler Kamalaranjithan mit seinem Freund Miguel an der Tür. Er sei Mitglied der TYO (Tamil Youth Organisation) und sammle Spenden. Ein Eintritt mal drei, voilà.

Die Spitzbuben meines Schwagers beurteilen übrigens alt und jung, Schweizer, Albaner, Tamilen, Spanier und Marokkaner als die besten überhaupt.

Weihnachten im Blockquartier ist etwas sehr Besonderes. Ja, das sagen die draussen auf dem Land, die Waldweihnachten feiern und glückliche Ehen führen, von ihrem Fest natürlich auch.

Aber es sind so viele Fenster, so viele Lebensfilme, die hier ablaufen und an Weihnachten irgendwie übereinander abgespielt werden. Das ist einmalig. Denk ich jedes Jahr.

Manche Stubenfenster sind dunkel. Die der albanischen Bauarbeiterfamilien, die über den Jahreswechsel länger Ferien haben und deshalb nach Prisren und Pristina ausgeschwärmt sind. Zu den Gräbern ihrer Eherfrauen und -männer, Mütter und Väter und manchmal sogar Kinder. Denn beerdingt wird in Heimaterde. Egal wo gestorben wird. Und eine Person fliegt gratis mit dem Sarg und Kinder unter 12 auch.

Auch die Fenster der älteren Menschen im Block sind schwarz. Sie sind abgeholt worden, vom Betax oder von der Schwiegertochter, zu Anlässen in Altenheimen oder Familienfeiern in der Agglomeration. Da ist es schön, da ist es eben ebenerdig.

Dann gibt es Stuben in denen ein Gewusel herrscht, Kerzen brennen, Geschenke und Panetone gereicht werden. In einer 3 1/2-Zimmer-Wohnung im ersten Stock ist eine lange Tafel gedeckt, dort, wo sonst die Polstergruppe steht. Es sitzen bestimmt 20 Menschen dran. Ignoriert flimmert der in die Ecke gepferchte Fernseher.

Manche Wohnungen sind so oppulent geschmückt, dass ich nichts erkenne, als die auf den Balkon hinaustretenden Raucher, die geduldige den Weg durch die Lichterketten freilegen.

So weit ich sehen kann, leuchtet auf jedem Hochhaus ein Stern. Und in vielen Fenstern von Menschen, die Weihnachten nicht feiern, blinken kleinere davon. Denn der Stern von Bethlehem ist hier ein Symbol, das wir teilen.

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