2009


Treppenhäuser, besonders hinunter in Keller und Tiefgarage, sind meistens nicht gerade die freundlichsten Orte. Herr und Frau Hauswart wollten das in unserem Block ändern. Nun hat die Verwaltung grünes Licht zum Streichen von Decken und Wänden gegeben. Häufig wird in diesen Fällen die Standartfarbe 90/10 verwendet. Der Vorschlag des Verwalters: Grün oder Gelb. Der Hauswart wollte kein Grün – zu trist in Räumen ohne Tageslicht, aber auch kein Dottergelb wie dasjenige der Post. Der Maler hat ein frisches Vanillegelb für die Wände gemischt und die Decken weiss gestrichen. Das sieht super aus, und man geht nun viel lieber in den Keller.

Die Gäste an den Gartentischen der „Harmonie“ tun so, als ob nichts wäre.
Dabei wird in ihrer unmittelbaren Nähe seit Stunden demonstriert.

Solidarität

Die Stimmen dringen bis weit hinunter in meine Gasse. So muss es
jetzt in Teheran sein, denke ich und bin erstaunt, auf dem Casinoplatz
dann nur ein kleines Grüppchen Iraner und Iranerinnen neben
einem Bild von Maryam Rajavi vorzufinden.

Demokratie!

Ein kleiner Junge filmt profimässig seine demonstrierenden Landsleute,
während eine Gruppe japanischer Touristen vergnügt knipst
und dabei den Anschluss an die Reiseleiterin verliert.
Und ich bin nicht klüger als damals vor dreissig Jahren,
als im Iran die Islamische Republik ausgerufen wurde
und mit einem Schlag alles nur noch „Khomeini“ war.

Dani war so ein liebernetterklugerbesonnenerjunger Mann, blond mit blauen Augen, hilfsbereit, ein schöner Gegensatz zu unserer Familie, alle schwarze Haare, schwarzäugig, aufbrausend. Als ich die Augenoperation hatte und nicht gut sehen konnte, hat er auf meine Medikamente farbige Punkte geklebt, damit ich wusste, welche Pillen ich zu welcher Tageszeit schlucken musste. Und was hab ich ihm alles gekocht, hier ein Pfännchen, dort ein Plättchen mit feinen Gewürzen und nicht mit Deckel drauf, wie bei ihm zu Hause, wo Eltern mit Geschäft jeden Tag Essen aus der Geschäftskantine essen. War der Junge glücklich und wie habe ich ihn geliebt, habe zugeschaut, wie er meine Tapas isst, bin daneben gestanden mit Küchentuch überm Arm!
Dann, plötzlich eines Tages aus heiterem Himmel fertig! Meine Tochter Nanette sagte: Mit Dani und mir ist es aus – Schluss.
Du gloubsch nid wie ha-n-i ggrännet, ha nume no ggrännet. Er war mein verlorener Sohn fünf Jahre lang. Meine Tochter war zornig, sie wollte von mir getröstet werden. Ich habe dann Danis Vater angerufen. Auch er war ganz niedergeschlagen und sagte:
Ohne Nanette fühle ich mich amputiert.

Nicht grössser als ein „Naselumpe“ muss ein Gärtchen oder ein Balkönchen sein, um darin und darauf zu grillen. „Brätle“ sagen wir dem. An diesem Wochenende bleibt kein Ofen Grill kalt und alle, alle frönen diesem höhlenmenschlichen Vergnügen.
Mit Kuchen, diversen präparierten Fleischstücken, einer mächtigen Schüssel Tabouleh und geleitet vom neuen „GPS“ (zum Üben), fahren wir in ein Dorf im Berner Mittelland. Meine Freundin hat vor drei Jahren, zusammen mit Mann, Tochter samt Enkelkindern die alte Dorfbäckerei gekauft. Im ehemaligen Tea Room ist jetzt das Wohnzimmer, der Laden mit den grossen Fenstern dient als Spielzimmer für die Grosskinder, auf der mit Reben umrankten Terrasse, wo früher die Gäste bei Kaffee und Kuchen sassen, steht eine Hollywoodschaukel.
Das absolute Prunkstück des Hauses, hervorgegangen aus hunderten von Arbeitsstunden in der Freizeit, ist der grosse Garten mit Bäumen, Sträuchern, einem Spielhaus und einem Planschbecken für die Kleinen. Grill, Bierfass und bodenständiges Buffet stehn im Schatten für die Gäste bereit. Zwei lange Butterzöpfe sind aufgeschnitten. Die zahlreichen Kinder spielen nach Herzenslust, lassen die Erwachsenen plaudern, und obwohl die Lehrerinnen und Lehrer sehr deutlich in der Überzahl sind, ist es ein vergnüglicher Abend.
So gesehen ein Abend wie in anderen Gärten auch.
(mehr …)

Die zweite Haut

Da sucht und sucht man nach einer Lösung, die allen gefällt, und auf einmal kommt Hilfe aus einer unerwarteten Ecke – der Haute Couture.
Das Kleine Schwarze Schwänchen passt zu vielen Gelegenheiten. Die Frauen der russischen Oligarchen sollen ganz vernarrt sein in die neue Schlichtheit.
Ganz klar darf die Zeitung, die immer dünner und blöder oberflächlicher wird, die fünftausendachthundertvierundneunzig Leserbriefe zu diesem Thema gerne noch abdrucken. Bundesrat Couchepin kann das Sommerloch unmöglich ganz alleine ausfüllen.

Übrigens: Den anderen Schwarzen Vogel hat man auch ausgeschafft in einer extra nur für ihn gecharterten Maschine nach Liberia.

„Samlet dr d’Bildli?“ werde ich an der Kasse des Orangen Riesen gefragt. Uninformiert nehme ich die beiden Briefchen, frage fussballbildchensammelgewohnt nach dem dazu gehörigen Sammelheft, bezahle etwas überrumpelt Fr. 5.- und darf ab jetzt mit Hugo, Nina und Tobi den Regenwald entdecken. Ist das nicht schön, wenn Kleinesmädchen und Kleinesbübchen den Südlichen Tamandua, die Harpyie und den Kleinen Igeltenrek kennen lernen und dadurch nie eine Aussteuer aus tropischen Hölzern kaufen werden? Inzwischen habe ich Nr. 53 (Rotaugenlaubfrosch) und Nr. 168 (Grosslibelle) im Dutzend.
Und so sieht mein Schutz für den Regenwald, wie bei tausend anderen, sammeljägerabfallmässig aus:

Schutz für den Regenwald

Problematisch kann für die Kassiererinnen die Ausgabe der Bildchen werden. Für den Einkauf von Fr. 20.- gibt es ein Päckchen. Wieviele gibts für Fr. 77.70?

https://www.presseportal.ch/de/pm/100000968/100583442, 18.05.2009

Gerade habe ich den grossen Tisch im Wohnzimmer für sieben Personen gedeckt, den Kindersitz daneben abgewischt und einen frischen Essmantel draufgelegt. Ich habe die Kaffeemaschine geputzt, saubere Handtücher in Bad und Toilette aufgehängt und die Blumen auf dem Balkon gegossen. Denn der Montag ist „Familientag“, da kommen die Kinder und Enkelkinder zum Nachtessen. Dann schneide, stäble, zupfe, dämpfe, backe und rühre ich, obwohl ich bin wie meine Mutter, die keine leidenschaftliche Köchin war.
Neuerdings erhalte ich über den Orangen Riesen ein buntes Blatt „Saisonküche“ mit Rezepten, bei welchen man Produkte vom Riesen verarbeitet. Ich habe das Blatt abbestellt, da ich nie nach Rezepten koche und überflüssiges Papier vermeiden möchte. (Blogs über Kochen, schön Anrichten und Essen lese ich sehr gerne).
Der Orange Riese ist hartnäckig und schickt mir das Blatt weiterhin zu. Und ich verstehe mich selbst nicht mehr: letzthin kochte ich einen Gemüsecurry für meine vegetarischen Gäste und er war wunderbar. Sogar die angegebene Zubereitungszeit von 25 Minuten konnte ich einhalten.
Ob dieser „Erfolg“ nur Zufall ist, werde ich heute Abend sehen, wenn ich den Gemüsecurry für die Familie koche.

Zuhause

Mazedonier, Kurden Kosovaren, Libyer, Vietnamesen, Iraker, Türken veranstalten jedes Jahr ein grosses Teppichewaschen.
Einige Familien verbinden diese Reinigungsaktion damit, dass sie, oft über Nacht, auch gerade die Wohnung neu streichen.
Das ist in unserem Block ein grossens Problem, woran sich seit dreissig Jahren die gemeinsten, zum Glück nur verbalen, rassistischen Konflikte entzünden. Anfangs Sommer ist immer jemand am Waschen, seis in der Garage oder sogar auf dem Balkon, und immer wieder hängen Teppiche zum Trocken am Geländer neben dem Parkplatz. Die Hausordnung verbietet das Ablaufen von Schaumwasser von den Balkonen und auch das Wäschetrocknen ausserhalb des Trockenraumes. Um die Situation zu entschärfen, und einen Schritt näher an die „Rassismus freie Zone Bern“ heran zu kommen, hatte Frau Hauswart (Heilpädagogin) die Idee des bewilligten Teppiche-Waschtages. Die Hausverwaltung war einverstanden, das Datum wurde auf heute festgelegt und am Schwarzen Brett angekündigt.

(mehr …)

Veraltet

Bald werde ich diesen Telefon-Mercedes auf dem Arbeitstisch vorfinden.
Zu ihrem 175. Geburtstag wird meine Institution VoIP -technologisch aufgerüstet.
Allerdings wird am morgigen Geburtstagsfest, entgegen früheren Meldungen, kein Kabelsalat serviert.

(mehr …)

Seelenruhig steige ich beim Zytglogge ins Tram und habe nur ein paar kräftige Gurkensetzlinge im Kopf, die ich auf dem Bärenplatz kaufen will. Plötzlich habe ich den Ausweis einer Billettkontrolleurin unter der Nase. Mit geübtem Griff lange ich in mein Spezialtäschchen im Innentäschchen der Tasche, um mein Libero-Abi zu zücken. Aber da ist nichts ausser
dem Pass
der Postautomehrfahrtenkarte
der Visitenkarte meines Kundenberaters meiner Bank
der Kundenkarte meines Optikers für brillante Brillen
dem Mitgliederausweis meiner Partei
der europäischen Krankenversicherungskarte
dem Mitgliederausweis des Mieterinnenverbandes Kanton Bern
dem 10%-Rabatt-Ausweis für Künstlermaterial bei Farbwaren Schneider
dem Gönnerausweis der Rega
der Patientenkarte des Inselspitals
der Mobi24-Notrufkarte der Mobiliarversicherung
der Blutgruppenkarte
der Punkte-Sammelkarte meiner Apotheke (10 Stempel in Form einer Mistel geben Fr. 5.- Rabatt beim nächsten Einkauf)
der Spitex-Werbekarte mit den wichtigsten Telefonnummern der Stadt Bern auf einen Blick

(mehr …)

Wenn 2nd3rd, male zahnt, zahnt die ganze Familie mit. Das Bübchen jammert und wir Erwachsenen gähnen auch tagsüber. Die betroffenen Eltern haben inzwischen ein Gähnen entwickelt, welches einem schrägverhaltenen Lächeln ähnlich sieht, und niemand weiss, wann sie ihren fehlenden Schlaf nachholen können.
So ein munziger erster Babyzahn, welcher in Windelreklamen schnüseligherzig aussieht, kostet einiges an Geduld und Nerven.
Heute Nacht schläft das Baby bei mir, damit die Eltern sich einen Film anschauen können. Aber spätestes bei der Szene, in welcher die Männer ausrechen, wieviel man in zwei Jahren für Windeln ausgibt, werden die beiden eingeschlafen sein. Hoffentlich für einige Stunden ungestört.

Schon während der ersten CL-Halbzeit beschwere ich mich darüber, dass neben dem thurnheer wylerdeutschen auch ein arabische Kommentar gleichzeitig hörbar ist. Enkel 3rd, male ermahnt mich, bei diesem wichtigen Spiel bitte integrativ zu denken und nicht zu vergessen, dass die Schweiz als soo kleines Land froh sein müsse, eine Kabine mit dem arabischen Kommentator teilen zu dürfen. Ich nörgle weiter: „Eine Kabine teilen geht ja noch, aber muss es auch das Mikrofon sein?“

Nun bin ich – hingerdrii wie die alti Fasnacht und wohl oder übel – auf die bunte Kapsel gekommen. In meinem Büro hat die alte Kaffeemaschine mit dem Mahlwerk den Geist aufgegeben und an ihre Stelle kam diese. Schon früher schloss ich mich ab und zu der Zehnuhr-Prozession der „Eingeweihten des Grand Cru“ an, welche Richtung Abstellraum unter dem westlichen Dach des altehrwürdigen Gebäudes zog und vor dem Kaffeautomaten, dem Werbegeschenk einer Firma für Scanner, endete. (Bei diesem speziellen Modell für Betriebe werden die Kaffeesorten in einer simplen, etwas flacheren Kapsel angeboten. Wäre sie üblichbuntnesspressig, könnten die Angestellten sich bedienen, um damit die heimischen Automaten zu füttern).
Klar habe ich seitenweise Ja oder Nein umweltgerechte Produktion des Kaffees, Herstellung und Entsorgung der Alukapseln nachgelesen und schliesslich nur halbbatzig überzeugt probehalber je eine Stange Packung „Arpeggio“ und „Roma“ bestellt, natürlich bei einem Club-Mitglied, denn ohne Club keine Kapseln.
Zu Hause bin ich nach wie vor sehr zufrieden mit „Wake up“.
Der Versicherungsfachmann für mein Mobiliar hat den Rolls-Royce der Kaffeemaschinen in meiner Kücher vergeblich gesucht und deshalb auf der Police ein „E“ für „einfach“ angekreuzt, was sich leider nur minimst auf die Prämie auswirkt.

Zum Anbaden

In Berlin sei „Anbaden“ bis spätestens zu Pfingsten üblich, erzählt mir meine Kollegin, die im Osten dieser Stadt aufgewachsen ist. Also bin ich, obwohl zwei Wochen später als in anderen Jahren, nicht zu spät dran. Das Bassin ist beinahe leer, einige Alte Häsinnen und Hasen stellen Schirme und Liegestühle auf und plaudern mit den Nachbarn. Bei einer Wassertemperatur von 22° fällt mir der Einstieg nicht schwer. Schon nach den ersten Zügen lockern sich die Winterknochen. Ich schwimme in 25’000m3 Wasser – jupi!
Das Bad lernte ich anfangs der fünfziger Jahre kennen. Die Tannen waren noch magere Grotzli, hinter welchen sich die Kinder bis auf die Unterhosen auszogen. Als Landkind genierte ich mich ein bisschen, aber meine Stadt-Tante Friedali ermunterte mich, doch wenigstens mit den Füssen im Wasser zu schwaddern. Das Bad war damals noch ein Naturweiher mit sumpfigen Ufern, einigen Ruderbooten und einem „Inselchen“ aus leeren Ölfässern, von welchen übermütige Stadtbuben sich gegenseitig ins Wasser schubsten. Einmal, so wünschte ich mir, möchte ich auch zum Inselchen schwimmen können.
Heute umrunde ich dieses Eiland aus Beton einige Male und setzte mich dann mit Kaffee und Buch unter eine Platane.

(mehr …)

Maibummel waren mir während meiner ganzen Schulzeit verhasst. Nie besass man das passende Schuhwerk, die Flaschen und Dosen, Rucksäcke oder Taschen. Vaters Militärrucksack oder der abgeschabte „Affe“ waren für uns Kinder viel zu gross. Auch das Picknik war ein Problem, hatte man doch kaum Geld, die obligaten Weggli mit Aufschnitt, das Ovosport, das Studentenfutter und die Sugus zu kaufen. Auf jeden Fall habe ich einige Hügel in Ermangelung der vorgeschriebenen Wanderschuhe in Schischuhen (Lederschuh mit Holzsohle) erklommen: Napf, Justistal, Sichle, Eriz, Krümmelwege, Möntschelen, Pilgerweg zur Beatushöhle, Gurnigel usw. Unvergesslich bleibt mir ein lichter Buchenhain in der Nähe von Krauchthal. Der Lehrer wollte uns einige besonders eindrückliche Findlinge zeigen, welche von den Gletschern vor Urzeiten zurückgelassen wurden. Der steile Waldboden war bedeckt mit dem Laub des vergangenen Jahres. Darauf fanden die Holzböden meiner Schischuhe keinen Halt, trugen mich flott nach unten, einem der eiszeitlichen Felsblöcke entgegen. Ich konnte mich fest krallen. Diesmal trug ich das Picknick in Mutter Sonntagstasche mit goldenem Monogramm „H.G.“ Beim Aufprall gab es ein dumpfes „Plopp“. Als ich die Tasche öffnete, war die Sirupflasche zerbrochen und die klebrige Flüssigkeit drang schon in Butterbrot und Seidenfutter ein. Um mir eine Freude zu machen, hatte Mutter mir eine Literflasche Himbeersirup eingepackt – unverdünnt, denn mit gekauftem Sirup hatte Mutter keine Erfahrung.
Neben den Findlingen gab es in diesem Wald auch einen Brunnen, so dass ich keinen Durst leiden musste.
Auf dem Heimweg flog ein seltsam brummende Maschine über uns hinweg. Wir Kinder hatten so etwas noch nie gesehen. Der Lehrer sagte: Das sei ein „Heliokopter“.
Mutter putzte die Tasche, die noch lange Jahre im Gebrauch blieb.

Die Tamilin neben mir las und hustete. Sie war mit einem Znüüni-Säcklein (Weggli und Capri-Sonne und Chips) eingestiegen, welches sie offenbar ihrem kleinen Sohn mitgeben wollte. Dieser gehörte zu einer Unterstufenklasse auf dem Maibummel, welche hinten im Bus Radau machte.

Nach und nach wurde der Husten zur Atemnot und sie sah mich immer wieder mit grossen, blutunterlaufenen Augen an, in denen ich nicht lesen konnte ob sie Hilfe suchte oder um Entschuldigung bat. Ich riet mit einigen Gesten und selber ziemlich hilflos, etwas zu trinken und das Halstuch zu lockern. Sie tat es und riss hustend den Strohhalm von der Capri-Sonne. Inzwischen hatte sie Nasenbluten bekommen und ich dirigierte meine Abwehrkräfte innerlich in Alarmstellung, bevor ich ihr meine Taschentücher reichte. Dann sah ich, dass jemand auf der anderen Seite sachte ihre Hand nahm – es war der kleine Sohn.

So begleiteten wir einander bis zur Endstation, das Nasenbluten lies nach, der Husten kaum. Als wir im Bahnhof ausstiegen, drückte die Tamilin ihrem Sohn die angefangene Caprisonne und das übrige Znüünisäcklein in die Hand, murmelte ihm etwas zu, lächelte mich gequält an und nahm immer noch wüst hustend den nächsten Bus zurück.

Es git eifach Lüt, bi dene isch gäng öppis. We si meine, es sig grad nüt, geits nid lang u de steit wider öppis a. Mir ghöre o zu dene, wo sech gäng mit Öppisem müesse usenang setze. Mängisch möcht me e zytlang nüt ha. Bis de öpper chunnt u verzellt, är heigi nie nüt u är warti nume druf, dass är ändlech öppis heig.
Guet isch es, we das, was me macht nid Öppis u Nüt wird. Gäbig sigs, we me us Nüt Öppis chönn mache.

Geranienbaum

Die Trachtenfrau steckt mir ein Sträusschen Gartenbürsteli, zusammengebunden mit einem Bändchen in den Bernerfarben an den Mantelkragen. Sie trägt die Berner Sommertracht mit wollenen Pulswärmern in Löchlimuster, hat Bundesrat Couchepin am diesjährigen Graniummärit auch schon Blumen angeheftet. Die Geraniensorten werden jedes Jahr vielfältiger, die Gärtner und Gärtnerinnen jünger und die Kundschaft immer älter.
Zum Glück gibts den gratis Hauslieferdienst von Bernmobil.

(mehr …)

Saisongemäss möchte ich hier einen verdienstvollen Könizer, den Imker Hanns Zark vorstellen. Ohne seinen Biografen Rätus Luck hätte dieser Bienenmann, seiner Zeit immer einen Schritt voraus, nie einen Eintrag ins HLS (Historisches Lexikon der Schweiz) erhalten. Auch sein schlicht-ergreifendes dichterisches Werk wäre der Menschheit für immer verborgen geblieben, hätte mir heute nicht die Frau des Biografen, Annemarie, einige unveröffentlichte Verse von Hanns Zark zugeschickt. Darunter befindet sich auch ein Envoi zum Band „Schwänzeltänze“.
Ich finde, die Zeilen passen gut zu meinem vorgängigen Bericht und sollen hier einem weiteren Publikum zugänglich gemacht werden:

Der stärkste Baum wird einst der Höhlung Beute.
Die stärkste Hand erlahmt und fällt.
Es schwindet rasch dahin das schöne Heute,
und aller Glanz entweicht aus dieser Welt.
Gedanken aber, Melodien, Lieder
sind unvergänglich, welken nie und nimmer,
sie bleiben bei uns, stark und treu und fest.
Sie klingen aus zwar, doch sie kehren wieder,
sie sind ein tröstlich Licht, ein heller Schimmer-
sie sind der Honigvorrat, der uns überwintern lässt.
(Rätus Luck, 28. Juni 1937 – 22. August 2012)

(mehr …)

Der Orange Riese hat sich für die Senioren etwas Nettes ausgedacht: die Senioren-Vorteilskarte! Das gepflegte Seniorenpaar mit gefülltem Frischekorb auf dem Prospekt strahlt mich an. Es hat gerade mit einem Rabatt von 10% mit der persönlichen Vorteilskarte eingekauft. Die beiden haben auch einen Cumulus-Karteneintrag und erhielten deshalb zusätzlich zur Ermässigung auch noch Cumulus-Punkte. Das trägt bei zu ihrem Glück. Ich könnte altersmässig von diesem Angebot auch profitieren, hätte der „Vorteil“ nicht einen Haken. Vergünstigt einkaufen kann man nur am Mittwoch (für mich ein voller Arbeitstag) zwischen 09:00 und 17:00 Uhr und das nur im MM Westside Bern-Brünnen! Die Vorteils-Karte scheint also hauptsächlich ein Vorteil für den Orangen Riesen zu sein. Wenn nichts läuft, sollen die Alten kommen.
Da gehe ich lieber am Samstag zehn Minuten vor Ladenschluss hin, wenn sich die Hausfrauen vom Balkan in den Kampf um die verbilligten Torten usw. stürzen.

« Vorherige SeiteNächste Seite »