Kinderspiel
Foto: Driss Manchoube, 09.1983

Vor dem Geburtstag meiner älteren Tochter am 6. Dezember öffne ich Archivschachtel, blättere in Alben, lese Briefe in Schriften von erstem Kraxel bis zierlich hingeworfen mit dem Schlusssatz: „Liebe Ima, ich hoffe, du kannst meine Schrift entziffern.“
Nein, muss ich mir eingestehen, aber macht nichts, die Blätter sind dekorativ und oft mit kleinen Skizzen verziert.

Dieses Foto habe ich besonders gern. Wahrscheinlich deshalb, weil es eine schöne Seite des Block-Lebens zeigt – viele Kinder, eine Menge verkehrsfreien Platz und in der Nähe von Klo und Kühlschrank.

Inzwischen hat sich vieles verändert, aber wie vor dreissig Jahren ist es wichtig, dass das Seil zuverlässig geschlagen wird und man „drinnen“ genug Raum zum „Gumpen“ hat.

Herzlichen Dank für das unvergessliche Fest im „Beaulieu“, das du, liebe Tochter, will man einem Mitglied der Familie glauben, gewählt hast, weil es wie „Banlieue“ klingt.

Eis auf Neufundland
(Fotos vom 6. April 2013, Flug Paris – Houston, TX)

In dieser „Class“ bin ich schnell als Flug-Greenhorn zu identifizieren, denn niemand klebt so lange und dicht am Fenster, wie ich. Zwölf Kilometer unter mir liegen – so weit das Auge reicht und scheinbar menschenleer – die Gletscher, zugefrorenen Seen und Flüsse von Neufundland. Da ist bin ich schon froh, wenn alle Luftteilchen vorbildlich um die Tragflächen strömen.

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Eine Gruppe Jugendlicher springt um mich herum, als ich gegen Mittag aus dem Tram steige. Die Knaben lachen und stossen sich gegenseitig, tragen trotz der Kälte weder Mützen noch Jacken. Dazu gehört ein dünnes Mädchen mit Brille, welches sich an dem Gejohle nicht beteiligt.

Ich: „Tschou zäme. Isch öppis? Heit dr eigentlech ke Schuel?“
Jugendliche: „Momol, mir hei e-n-Uftrag, aber mir säge nüt. Säg nüt, Tschännu.“
I: „Säget nume, was dr z’säge heit. Es lütet ja gly.“
J: „Auso, mir säges: ‚Dir sit e Schande für d’Umwält‘.“
I: „Ig, e Schand für d’Umwält?“
J: „Ja.“
I: „U de dir, was syt de dir? Späteschtens we dir de so alt sit wie-n-i, sit de dir o e Schande für d’Umwält.“
J: „Mir meine gar nid richtig öich, äs isch nume Gspass.“
I: „Das söll e Gspass sy? Wie chömet dr druuf?“
J: „Dr Äbdu het Geburtstag u het sech gwünscht, dass mir emene Erwachsene gö ga säge ‚Dir sit e Schande für d’Umwält.“
I: „Das isch em Äbduh si Geburtstagswunsch? Säget das enang nie, das isch eifach gemein. Mir macht das nüt us, i kenne Ching wi dir sit guet. I dr weute Klass sit dr?“
J: „I dr Füfte, bir Frou Käller Veronica.“
I: „Göt iz ine, süsch erfrüret dr no. Tschou zäme, es anders Mal.“
J: „Adiö, e schöne Tag no.“

Die Knaben und das Mädchen kraxeln den Hügel hinauf, hinter welchem das Schulhaus liegt. „Das isch e huere Nätti“, höre ich sie sagen.

Eine Gruppe von sieben Fünftklässlern darf den Unterricht verlassen, um auf der Strasse einer fremden Person zu sagen, sie sei eine Schande für die Umwelt, weil sich das ein Schüler zu seinem Geburtstag wünscht?
Obwohl es in meinem Umfeld von Lehrerinnen und Lehrern nur so wimmelt und ich selber Jahre in und um Schulen verbracht habe, wird mir diese Institution immer fremder.

Die letzten zwei Wochen sass mir der Schnee hartnäckig im rechten Sprunggelenk, bis er sich dann endlich entschloss, sich auf der übrigen Welt zu verteilen.

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Pfännchen und Kuchenformen aus Kupfer, HolzlöffelTellerTassen aus aller Welt, Gläser mit getrockneten FrüchtenKernenTeigwaren, Körbchen mit Kräutern, BlumenSalzteigkränzchen, ZwiebelKnoblauchzöpfe sind ein hübscher Schmuck für Küchen.
Ich habe die Kennedys. Ewigjung und strahlend lächeln sie seit einigen Jahren hinter meinem Kellentopf hervor.

Erst zu dritt

In einer noch TV-losen Zeit, zwischen den hintersten Ausläufern des Langen Berges, gab es 1963 mindestens zwei treue JFK-Fans: den Bastler dieses Werks – Illustriertenseiten in Zinn gerahmt – (evtl. Albert?) und meine Mutter, die das Bild jahrelang hütete.

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Es gibt immer wieder Situationen, in welchen ich mir besonders alt vorkomme. Zum Beispiel bei einem zufälligen Blick auf den Komposthaufen nach dem Kochunterricht. Ich weiss, es ist mega uncool, sich Gedanken über weggeworfenes Brot, Spaghetti, frische Salatblätter, dicke Kartoffelschalen zu machen. Auch Sparschäler (in der Schweiz erfunden), Frischhaltebeutel, leckere Speisen aus Resten sollte ich vergessen. Immerhin lernen die Schülerinnen und Schüler, dass man alles, was übrig bleibt, in die Kompostkiste werfen kann. So wird in der nächsten Generation die Zahl der verstopften Kloschüsseln hoffentlich etwas abnehmen.

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Heute früh in der Warteschlange der Orangen-Riesen-Kasse – vor mir ein kräftiger junger Bauarbeiter mit Znünisandwich und Eisteebeutel – werden auf dem Werbebildschirm gerade die Eishockey-Schlittschuhe der Marke Synergy EQ20 und der Tiefschutz Sher-Wood Junior vorgeführt. Als ich an der Reihe bin, gibt’s auf dem Schirm Werbung für Anti-Aging-Creme von Natural Cosmetics, anschliessend eine für superelastische Stützstrumpfhosen der Marke Compact und den Entlastungs-BH Anita.
Bis hierhin mache ich mir noch keine Gedanken, denn ich habe mit Cumuluskarte, Bankkarte, Kassenbon und den Mega-Win-Briefchen mitüüri genug zu tun. Als aber die schwangere Frau hinter mir ihre Ware aufs Band zu legen beginnt und nun Babyölflaschen in Form von gelben Entchen über den Bildschirm hüpfen, Wickelkommoden mit doppelten Cumuluspunkten bis 31.12.13 und Pedic-Spray für geschwollene Beine angepriesen werden, habe ich doch ein ungutes Gefühl in der Magengegend.
Mit einem Auge schaue ich auf den Bildschirm, denn nun ist mein muslimischer Nachbar daran, das Band zu beladen. Anstatt Entchen und Kommoden gibt’s die 12er Packung Kichererbsen, den gefrorenen Lammrücken, den 5kg Sack Budgetzwiebeln und – geit’s eigentlech no?? – die neue Herbstcollection mit den Kopftüchern Leyla, Orient, Nuria, Mariam.

Ist das ein böser Traum oder einfach nur ein neuer gäbiger Dienst an der Kundin und dem Kunden?

Herbstfarben gebunden

Was ich nach der Pensionierung so tue, werde ich oft gefragt. Ja, was tue ich eigentlich? Jedenfalls kaum etwas, was am Ende des Tages vorzuweisen ist. Ich höre dem Herbstwind zu, wie er um meinen „Turm“ braust und an den Fenstern und Türen rüttelt, ordne die Bilder, auf welchen ich versuchte, die Herbstfarben einzufangen, gratiniere den letzten Fenchel aus dem Garten, koche eine Suppe aus grünem Kürbis zusammen mit Sellerie, Lauch, Kartoffeln, Knoblauch, Zwiebeln und Kräutern, umwuselt von wissbegierigen Kleinkrähen. Daneben gibst noch dieses und jenes zu tun. Schon lange habe ich mir vorgenommen, so einen Tag zu protokollieren, damit ich besser weiss, was ich den Leuten sagen kann. Manchmal tun sie mir richtig Leid, wenn ich ihnen nichts Aufregendes aus meinem Nacherwerbsleben erzählen kann.

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Herbstsonne 2013

Ausblick von meiner Sonnenbank, 25.10.13, 18:48

Evening red and morning gray speed the traveler on his way

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Ob ich schon ein originelles Mitbringsel für den morgigen Besuch bei Freunden hätte, werde ich am Familientisch gefragt. Ich weiche der Frage aus und erzähle, dass der Hibiskus, den ich ihnen im Juni mitgebracht hatte, den Umzug in die Neubauwohnung ohne jegliche Blühhemmung überstanden habe.
Nun ist wieder etwas „Originelles“ gefragt. Brot und Salz? Nein, auf keinen Fall, meint meine Tochter T., davon haben die Freunde sicher mehr als genug erhalten. Sie spreche aus Erfahrung, denn in ihrem Quartier werde bei Umzügen Salz und Brot verschenkt. Wobei man besonders das Holzbrett, worauf die Gabe arrangiert sei, gut gebrauchen könne. Sicher sei’s mit diesem Brauch auch im Mattenhof ähnlich wie in der Länggasse. Also eher nicht Brot und Salz. Besser ein Buch, evtl. etwas Brasilianisches im Rückblick auf die Buchmesse? Nicht originell. Dann doch den Granatapfel, den ich im türkischen Laden gekauft habe. Eventuell auf einem Teller Pistazien aus biologischem Anbau und fairem Handel? Etwas zu originell, ausserdem fehlen meinem Apfel zwei Zacken im Blütenkrönchen, was nicht soo gut aussieht. Könnte sein, dass ich den Freunden damit mehr Mühe als Vergnügen beim Öffnen von Frucht und Kern bereite? Wie wärs mit Haus-Pralinen aus der Quartier-Bäckerei-Konditorei? Meine Familie ist skeptisch, denn verglichen mit Sprüngli & Co. sei diese Bethlehem-Schoggi doch sehr gewöhnlich und fein sei anders. „Das ist eben das Originelle,“ halte ich entgegen: „Aus der Region, für die Region, weit weg von Sprünglis, Eichenbergers, Tschirrens – einfach nur der reine Geschmack des Gewöhnlichen.“
Am folgenden Tag überbringe ich eine Schachtel Pralinen, eingewickelt in rotes Rosengeschenkpapier, verschnürt mit einem rotweissen Band. Meine sozialdemokratischen Freunde freuen sich – die Rose hat man ihnen ja längst aus der Faust genommen – wickeln aus, finden die Truffes wunderbar lecker. Nein, nein, ihr Geschmack sei gar nicht auf Sprüngli & Co. beschränkt. „So etwas kaufen wir meist zum Verschenken.“

Mond im Westen

Abnehmender Mond 07:20 von meinem Balkon aus gesehen.

In meinen Büchern gesucht. Viele gefunden.
Hier eine kleine Auswahl:

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Halva – Eine weitere Geschichte, gesammelt von 1st, Mai 2002, erzählt von dem Mädchen L., das wir nach seiner fünfjährigen Flucht aus dem Irak in unsere Familie aufgenommen hatten.

Als ich in Griechenland in Veria im Gefängnis ankam, wollte ich Halva essen. Wir hatten sie in der Türkei gekauft und mit uns den ganzen mühsamen Weg geschleppt. Wir hatten sie noch dabei, als die griechischen Soldaten uns an der Grenze schnappten. Eigentlich wollten wir früh morgens mit einem Plastikboot zusammen mit 30 Leuten nach Griechenland fahren.
Ich bin froh, dass die Soldaten vorher gekommen sind, denn wir mussten eine Nacht lang still im kalten Wasser ausharren. Ich spürte meine Beine nicht mehr. Es sind schon viele Männer, Frauen und Kinder umgekommen, und die Fische haben sie gefressen. Wenn die Kurden nicht mehr flüchten, gibt es in Griechenland keine Fische mehr.
Im Gefängnis spürte ich also einen toten Hunger. Ich biss in die Halva, biss auf etwas Hartes – es war ein grosser Fingernagel von einem Mann.
Sie haben ihn extra reingetan.
Ich schwöre dir ….

In der Gotthelftracht, 1960

Ich binde Sträusschen für die Bundesräte, 1. Berner Graniummärit 1960

Herrlich, einfach unbeschreiblich!! Endlich darf man sich wieder einmal ungehemmt so richtig eidgenössisch, ja, emmentalisch fühlen, bodenständig verwurzelt in der engsten, urchigen Heimat, wo man allen Du sagt und es „nüt vo Komplimänte“ gibt. Neben den gierigen, ungezählten Sponsoren hat jeder x-beliebige Heini in meinem Bekanntenkreis eine Karte fürs Eidgenössische, entweder bei einem Milch-, Käse-, Bahn-, Bier-, Salben-, Kraftfutter-, Bauhaus-, Landmaschinen-, Sportuhren-, Unterwäsche-, Ovomaltinen-, Duschgelwettbewerb gewonnen oder als Kunden-, Geburtstags-, Kadermitgliedgeschenk. Hauptsache, man ist live dabei. Stadtpräsidenten und -präsidentinnen landauf und -ab in Designerbrillen, mit modischem Haarschnitt tun in Interviews ergriffen kund, dass sie selbstverständlich in Chüejermutz und Tracht erscheinen würden. Zu Tränen gerührt seien sie, wenn irgendwo ein Juz oder ein Alphorn ertöne. Ob der vielen Arbeit, der allgemeinen Hektik, den täglichen Anforderungen hätten sie ihre Wurzeln aus den Augen verloren, was eigentlich schade sei,

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Schlot

Die Meinungen sind geteilt. Einige finden, dieser mit Segeltuch umhüllte Kamin sei wieder einmal ein typisches Beispiel für hinaus geworfenes Geld. Die HKB hätte damit Gescheiteres anfangen können. Mit zwei Kränen dem Schlot dieses Kondom überzuziehen sei nun wirklich keine Kunst, erst noch in dieser abscheulichen Farbe. Andere finden, in Anbetracht der steigenden Zahlen der HIV-Diagnosen, ein solches Werk passend. Ein paar graue Hasen und Häsinnen erinnern sich daran, dass in Bern schon vor 45 Jahren verhüllt wurde. An einem trüben Regentag wie heute, soll mir dieser Blick auf das Kunstwerk nur recht sein. Von mir aus kann, ausser Frauen- und Mädchenköpfe, alles verhüllt werden.

Solange ich mich erinnern kann, versuchte man in meiner Familie neben den gesenkten Rücken auch mit „Nasenlümpen“ und Schnüren die täglichen Herausforderungen einigermassen „in Egi“ (im Gleichgewicht) zu halten. Aus Taschentüchern gabs mit vier Knoten den Sonnenhut, jegliche Art von Verbänden, Armschlingen, Wickel, Beutelchen für am Wegrand Gesammeltes, in einen Zipfel wurde der Sonntagsschulbatzen eingebunden, ein Knoten im Tuch hiess: du darfst etwas nicht vergessen, mit etwas Spuke angefeuchtet liessen sich Kindermäulchen abreiben, bevor irgend eine Verwandtentür aufging, nichts trocknet Tränen weicher, als ein hundert Mal gewaschen und gebügeltes Grossvatertaschentuch. Bis heute ist es mir unentbehrlich. „Aber die muss man immer waschen und bügeln im Gegensatz zu denen aus Papier.“ Stimmt. In der Zeit, in welcher ich die Fussel eines gewaschenen Papiertuches von meinen schwarzen Seidenleibchen rolle/zupfe, bügle ich „im Schwick“ (im Nu) ein paar Dutzend aus Stoff.
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U wüsst i, wohär dass i chume,
u wär mir dert gseit het: Chasch gah!
De seit ig ihm Danke für alls, won i sider
erläbt un erfahre ha.

U wüsst i, wohi dass i fahre
u was dert alls wartet uf mi,
de fragt i mi glych, isch das ds Ändi oder
geit’s wyter, no anderswo hi?

(Aus: Wohär u wohi? von Heinrich Boxler)

Wir trauern um

Christoph H.
geboren am Freitag, 4. März 1977,
verunglückt am Montag, 22. Juli 2013.

Bald kommen die Fischer

Die Berichte, Zeugnisse, Giesskannen, Post- und Gartenschlüssel sind verteilt, Schul-, Geburtstags-, Matur-, Abschiedsfeste sind gefeiert, Kollegiumsreisen auch dieses Jahr überstanden, Wohnung aufgeräumt, Stellvertreter instruiert, Schuhe vor Haustür wie zufällig hingestellt, damit die Einbrecher meinen, es sei jemand zu Hause. (Meine neuen Nachbarn haben einen Wachhund. Wenn der anschlägt, schauen sie immer ins Treppenhaus). Jedes Jahr hoffe ich, dass „nicht noch etwas passiert“, das unsere Reise verzögert / erschwert. Und ich werde meistens nicht enttäuscht, besonders deshalb, weil „das Hindernis“ unvorhergesehen eintritt. Aber lassen wir das Jammern auf diesem Niveau, denn ein Teil der Blogk-Familie hat sich bereits durch den Reisberg durch gegessen und ist wohlbehalten auf dem Delta angekommen. Ich fahre morgen und werde …

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Nach einem erfrischenden Bad im Weiher gibts anschliessend auf der Liegewiese nichts Spannenderes als die magrebinischen Familiengeschichten meiner Nachbarin.

Idris war arm, klein gewachsen, ausgesprochen genügsam, beinmager und fleissig. Am Rande des Marktplatzes hatte er einen winzigen Gewürzestand. Jeden Tag ass er sein Brot mit etwas Olivenöl. Beinahe noch ein Junge, wurde er mit dem schönen Mädchen Fatima verheiratet, das sich im Laufe der Jahre um die acht Kinder kümmerte, während Idris seinen Gewürzstand erweiterte, schliesslich den Gewürzhandel der Region unter sich hatte, den Marktplatz samt anderen Marktplätzen pachtete und gutes Geld mit den Standmieten machte. Bei Idris veränderte sich äusserlich nichts, er war immer noch mager, trug seine einfachen Kleider und ass Brot in Olivenöl getunkt. Betrat er aber die grösste Bank der Stadt, kam Direktor Zizzi, um seinen Kunden persönlich zu begrüssen. Für den Gewürzhändler lief alles bestens bis diese schändlichen Gerüchte in Umlauf kamen.

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Zion National Park
(Foto: Gaya 3rd, male: Blick von Angel’s Landing in den Zion Canyon, Utah 19.04.13)

Genügt es, eine solche Aussicht zu haben, in einer Stadt mitten im Grünen zu wohnen, in der Nähe von blauen Seen, am Rande von kühlen Wäldern, Bächen und Flüssen? Ost und West – daheim das Best‘?
Nein, ab und zu muss man weit weg, um etwas völlig anderes kennen zu lernen, wie zum Beispiel diesen überwältigenden Zion Nationalpark. Obwohl davon bereits abertausende Fotos in Büchern, Alben und Kalendern existieren, steuert man begeistert noch ein paar Hundert eigene bei.
Mag einem zu Hause „Wandern“ eher gestohlen bleiben, hier angesichts der imposanten Buckel und Flühe kann man nicht widerstehen. Von den zahlreichen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden wähle ich den sprunggelenkfreundlichen Kayenta-Trail, während es die Jungen in Richtung Angel’s Landing zieht.

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Schon wieder bin ich unpassend angezogen. Kaum aus dem Haus, bläst mir ein kalter Wind um die Ohren und über dem Gurten hängen schwere Schneewolken. In kurzärmligen Shirt, Seidenjupe und Riemchensandalen sitze ich im Tram neben Leuten in Fleece-, Wind- und Strickjacken und passe auf, dass sie mir mit den schweren Stiefeln nicht auf meine rot lackierten Zehnenägel treten. Beim Ängelibeck in der Schwanengasse ist Grossansturm auf den dampfenden Mittagssuppentopf. Ich kaufe einen kleinen Schoggikuchen und hoffe, dass der Nieselregen die Tüte nicht total einweicht. In der Langen Gasse steige ich aus dem Bus und eile ins Beaulieu. Der Kastaniengarten ist verwaist. Drinnen sind alle Tische besetzt oder reserviert. Ein grosser Teil des Berner Business scheint hier zu speisen. Unglaublich, wie laut es in Stuben und Kleinen Sälen wird, wenn sie mit Männern gefüllt sind. Mit einer Freundin esse ich in der Erlachstube unter dem Ölgemälde, welches eine blasse namenlose Frau aus der Patrizierfamilie darstellt. Die Karottensuppe lässt nicht lange auf sich warten und passt wunderbar zu dem kühlen Herbsttag vor dem Fenster.
Auf der Heimfahrt bricht die Sonne durch die Wolken, so dass ich noch ganz schnell einen Abstecher in den Garten mache, um den Pflanzen gut zuzureden, ein bisschen zu wachsen. Die Braven tun ihr Bestes und sind dankbar für jeden Hühneraugenblick von Sommer.

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