Alles oder nichts


Hanneli

Johanna Schenk, um ihren 5. Geburtstag, „Hungihüsli“ Biembach,
August 1927

Als Kind habe ich mich oft geärgert, wenn die Eltern uns z’Visite (zu Besuch) mitnahmen zu Leuten, bei denen wir einen guten Eindruck machen mussten und dadurch mit Sicherheit ein öder Sonntag bevor stand. Einer dieser Besuche führte uns – an Pfingst- oder Bettagen – von einer kleinen Bahnstation im Emmental zu Fuss hinein in ein enges Tal und dann steil hinauf über die Kuhweide, einer Haselhecke entlang zu einem Bauernhof. Vom finsteren Schopf trat man durch die Haustür in eine noch düsterere Rauchküche.. Der alte Bauer führte uns in die Stube, wo wir alle auf einer schmalen Wandbank Platz nahmen. Als nächste kam dann Frau Fankhauser, die alte Bäuerin, um uns zu begrüssen. Ihr Gesicht glich einem roten Herbstapfel und ihr Haar einem weissen zerzausten Vogelnest. Ihre Tochter Frida, die junge Bäuerin, sass meist auf dem Sandsteinofen uns gegenüber und sprach hauptsächlich mit meinem Vater, während sie mit einer Leidensmiene die mit schwarzer Salbe verklebten Stützverbände von ihren Beinen wickelte. Immer gab’s etwas zum Jammern: die Krampfadern, der nasse Frühling, die spät gesetzten Kartoffeln, das zugekaufte Heu, der Stall, der Mann, der Goggelüsche (Keuchhusten) vom Bub.
Vater hörte geduldig zu und Mutter machte einen zufriedenen Eindruck. Nach und nach drückten sich dann auch die schüchternen Kinder durchs Türgreis (Türrahmen), nuckelten an Schoppen, Schnullern oder Gungitüchern und schauten uns mit grossen Augen an. An den jungen Bauern, den angeheirateten, erinnere ich mich nicht. Wahrscheinlich war der Sonntag sein Vereinstag. Später holte die alte Frau Fankhauser mit einer Stange eine schwarze Wurst aus dem Rauch, brühte Kaffee auf und gab uns Zvieri. Dann machten wir uns wieder auf den Heimweg, rannten munter den Berg hinunter, traten in Kuhfladen und erreichten das Tal mit Grasflecken auf den hellgrauen Strümpfen oder weissen Kniesocken. Jetzt waren wir wieder frei.
Es sollte Jahre dauern, bis ich realisierte, weshalb meine Mutter solchen Wert auf diese Besuche legte und darauf achtete, dass die ganze Familie schön angezogen, gewaschen und gekämmt war.

Im Alter von kaum sieben Jahren kam sie als Verdingkind auf diesen Hof. Ihre beiden älteren Brüder waren bereits bei Bauern verdingt. Obwohl ihre Eltern fleissig arbeiteten, konnten sie mit zwei Hungerlöhnchen höchstens ein Kind ernähren. Schweren Herzens entschlossen sie sich, abwechslungsweise immer eines zu Hause zu behalten. Als dann noch ein viertes Kind, der Wernerli ankam, sollte auch er verdingt werden. Er weinte aber so bitterlich, dass seine drei Geschwister einverstanden waren, dass der kleine Bub zu Hause bleiben durfte. Meine Mutter blieb bis zum Ende ihrer Schulzeit bei Fankhausers verdingt. Neben zahlreichen harten Arbeiten auf dem Feld, einem beschwerlichen Käserei- und Schulweg musste sie auch noch für das Wohl der Bauerstochter Frida sorgen.

Kein Wunder, dass sich das ehemalige arme Tröpfli von Verdingkind gerne mit seiner eigenen (geputzten und gestrählten) Familie bei seinen alten Meistersleuten zeigte.

(mehr …)

Hahn

Im Moment könnten einem Gärten zum Hals raus hängen. Keine Zeitung, kein Magazin, die nicht irgendetwas über Grünzeug schreiben, kein Fernsehsender, der keine Tipps und Tricks zur Selbstversorgung auf dem schmalsten französischen Balkon berät. (In L.A. sind bepflanzte Kloschüsseln auf chicen Dachgärten der Renner, und in England muss das Lustwandeln, Lustgraben und Lustpflanzen im Klostergarten, – an- oder ausgezogen – für den September schon jetzt gebucht werden). Besonders der urbane Garten ist im Moment absolut in, denn Raum ist in der kleinsten Tüte. Von Beiträgen in Blogs und Gartenblogs rund um die Welt nicht zu reden. Dass ein kleiner Film wie „Unser Garten Eden“ eben einen europäischen Preis gewonnen hat, ist in dieser Zeit der urbanen Selbstversorgung nicht verwunderlich. (Der Film wurde in meiner Nachbarschaft gedreht.) Ganz klar sind in dieser unserer Stadt zahlreiche Zierkübel mit Raps oder einem Pro-Spezia-Rara-Kraut bepflanzt. Bald sollen ja auch die ausgedienten Einkaufswagen in Bern gelb gespritzt, für den mobilen städtischen Gemüseanbau frei gegeben werden.
Auf dem Samstagsmarkt ist es mit diesem Gartenvolk echt grässlich! Vor dem Stand mit Gemüsesetzlingen: „Schahatz, (Muntsch-muntsch), möchtest du Rot- oder Weisskabis?“ „Ich habe eigentlich an Spitzkabis gedacht (Muntsch-muntsch)“. Und wie freuen sich diese Leute, wenn die Märitfrau sagt: „I gibe-n-ech no-n-es Stüdeli drüber-i, ds einte isch e chly n-es Miggerigs“. Am besten verlässt man diesen überbordend fröhlich-bunten Ort sofort, wo an jeder Ecke Pflanzpläne geschmiedet und Pflanzmisserfolgen der vergangenen Jahre auf den Grund gegangen wird. Aber ja nicht über eins der zahlreichen Kleinkinder stolpern, welchen der Platz im Kinderwagen von Setzlingen weggenommen wurde!
Das alles geht ja noch. Am schlimmsten sind diese angefressenen Gärtnerinnen und Gärtner in der Familie. Bei jedem Essen hört man eine Story über den Salat – Eichblatt, Kopf, Kresse, Schnitt – der dank Frühbeet früh im Jahr auf den Teller kommt, von den Kräutern, die, Baruch haSchem und Alhamdulillah, dem eisigen Frost getrotzt haben, von dem Lattich, der als Gratin besonders fein schmeckt, der Minze (es gibt davon viele Sorten), bei welcher die marrokanische besonders minzig schmeckt. An jedem Löffel Rhabarberkompott hängt ein Geschichtchen – wie lange darf man ernten, wie rotodergrünoderdoch rotgrün darf der Stängel sein, welche Nachbarn bekommen etwas, jede Beere wird kommentiert – von Schnecken durch Piniennnadelunterlage oder aus verlassenenm Garten gerettet. Eeendlos und ehrlich ein bisschen nervend – sorry. Klar lesen die Angefressenen Gartenbücher, können stundenlang Bilder vom Prinzessinengarten in Berlin-Kreuzberg und Wirsigköpfe in Jutesäcken betrachten. Wie Katzen- und Hundefans fotografieren sie natürlich bei Sonne und Regen ihre Lieblinge, und man kann nur dankbar sein, dass die Familien-Dia-Bilderschau der Vergangenheit angehört. Über diese emsigen Leutchen kann man (nach meiner Mutter selig) nur sagen: „Si mache wenigschtens nüt Dümmers.“

(mehr …)

Lebenshilfe

Also, ich finde das tägliche Leben viel leichter als früher. Früher musste ich amigs überlegen, wie ich einen angefangenen Beutel verschliessen sollte – mit einem Gümmeli, einem Klämmerli, einem Drähtli oder sogar mit einem Schnürli? Als ich heute das Lödli mit den Sonnenblumenkernli aufmachte, war daran ein Kleberli geklebt mit einem Bildli drauf, wie ich 1. das Säckli aufrollen und 2. das Rölleli mit dem Kleberli verkleben soll. Nun kann nichts mehr passieren mit den Widerspenstigen. Sowohl Kärnli, als auch Schränkli bleiben sauber. Auch auf der schmalen Plastikhülle, in welche meine Strümpfe verpackt sind, steht, dass man sich dieses Säckli ja nicht über den Kopf ziehen soll. Ich habe allen, die mir lieb und teuer sind, das Plastiksäckli anprobiert. Zum Glück hats niemandem, nicht einmal dem kleinsten Kleinkrähchen gepasst, und ich darf weiterhin bei dieser Strumpfmarke bleiben. Als ich letzthin eine neue Duschmatte kaufte, las ich auf der Verpackung : „Bitte nach Gebrauch Seife auf beiden Seiten abspülen“. Das mache ich gerne, spüle nach jedem Duschgang die Matte oben und unten ab, beuge der Rutschgefahr vor. Zum Glück steht auf dem Zellophanhülleli, das eine Packung Bouillonwürfel zu einem nur schwer zu knackenden Gemüsetresor macht: „Verpackung zum Verzehr nicht geeignet“. Am Oleanderstöckli hing ein Schildli mit einem durchgestrichenen Apfel „on-eetbaar“. Ohne diese Info hätte ich das O-Bäumli doch glatt in die Suppe geschnetzelt. Dem Wetter-Mann im TV bin ich dankbar, wenn er mich spät nachts daran erinnert, dass von irgendwo her ein Sturmtief heranbrause und vorsichtshalber das Einrollen der Sonnenstore angesagt sei. „Dieses Produkt eignet sich nicht zum Rohessen.“ Nun koche ich die Bohnen immer und meide sämtliche rohen Bohnengerichte, zu welcher Tradition auch immer sie gehören mögen.

\"Salsa\" unter der Klauenfraese

Demonstrationskuh an der BEA 2012

„Leute in der Stadt und in der Agglomeration wissen ja kaum mehr, was eine Kuh ist und woher die Milch kommt“, meint Kari Litter, Geschäftsführer des Berner Fleckviehzuchtverbandes. Aus Dankbarkeit für den jährlichen Besuch des Fleckviehs und des noch übriggebliebenen Getiers bei uns in der Stadt mache ich mich auf, um wieder einmal zu sehen, ‚woher die Milch kommt‘. Vor Halle 672 herrscht aufgeregtes Gedränge. Auf einem Schragen festgegurtet liegt reglos eine Kuh, an Hinter- und Vorderbeinen gefesselt. Bauch und Euter sind gegen die Zuschauer gerichtet. An ihr wird gerade „Fünf Schritte für fachgerechte Klauenpflege“ demonstriert. Die Klauen werden gefräst und geschmirgelt, während ein Helfer der Kuh ein Auge zuhält.
Die Reaktionen im Publikum sind unterschiedlich. Es wird wie wild geknipst. Einige Frauen finden Klauenpflege nötig, aber doch nicht so ausgestellt in der Öffentlichkeit. Die Männer sind mehrheitlich fasziniert von der Arbeit mit der Fräse. Eine Gleichstellungstante aus dem Publikum verlangt energisch: „Fantast auf den Schragen, Fantast auf den Schragen!“ Aber keiner tut einen Wank, um den Tausendkilostier „Fantast“ aus dem Stroh zu holen. „Ha, das wagt ihr jetzt nicht, den auf den Schragen zu binden, ihr Angsthasen!“ Endlich zieht die Tante, sie hat genau meine Stimme, Richtung „Grünes Zentrum“ ab und Punkt 3 der absolut schmerzlosen Behandlung der Kuhklauen kann ungestört in Angriff genommen werden.

In diesem Jahr habe ich keine Fotos gemacht, obwohl es härzige gegeben hätte.

Menthe à l\'eau

Ein paar Tage im Süden verbringen, schauen, wie es ist, wenn nur wenig Touristen unterwegs sind und die weissen Pferde, wie mit Ariel gewaschen in der Frühlingssonne stehen, den Wind in den Mähnen. Flamingos äsen im Etang, darüber Möwengekrächze, auf dem Kanal die „Pescalune“ (Aussichtsboot) und vor dem Stadttor das doppelstöckige Karussel. Am weiten Strand den Drachen aus seiner Verpackung befreien und ihn immer höher steigen lassen. Sand aus den Schuhen schütteln. Die regionale Zeitung durchblättern und lesen, wo Marine ein Altersheim besucht oder magrebinische Kinder küsst und wie die Aficionados des Stierkampfs auf den 150. Geburtstag ihrer Arena anstossen
Unter den Bäumen blühen violette Iris. Elstern und Wiedehopfe schäkern in den Ästen und lassen ab und zu einen weissen Klacks auf die Schwerter der Lilien fallen.

(mehr …)

Inès El Iaboudy will eine Alltagsgeschichte erzählen aus ihrem Hochhaus in Bobigny, 18 Stöcke, in dem nun auch der dritte von drei Aufzügen ausfällt. Ausgebrannt. Die anderen zwei waren schon seit vielen Monaten ausser Dienst. Arbeitslose Jugendliche haben einen Trägerdienst eingerichtet, mit Zeitplan. Freiwillig. Sie tragen seither die Einkaufstaschen der älteren Frauen und die Kinderwagen der jüngeren in die höheren Stockwerke.

Eine hübsche Geschichte, weit ab vom Klischee.

Quelle ist ein sehr guter Artikel zum Thema Banlieue und Ghettoisierung aus unserer gestrigen Tageszeitung. Wer Französisch lesen mag, dem sei der Bondy Blog ans Herz gelegt.

Ständig werden irgendwo Sicherheitsbestimmungen angepasst: in Kriegsländern, an Grenzen, in Banken, Schulhäusern, Regierungsgebäuden, im Internet. Nun bleiben auch wir hier im Westen von Bern nicht davon verschont, Sicherheitsbestimmungen anzupassen, denn es wurde ein „immenser Schaden“ angerichtet. Ein Dieb, so ein Tummer, hat im Quartierzentrum 700 SBB-Tageskarten gestohlen („Der Bund“ hat berichtet am 27.03.2012). Diese 700 Billette für die Schweizerische Bundesbahn waren in einem Ordner aufbewahrt, den ein Mitarbeiter auf dem Schreibtisch „leicht zugänglich“ liegen liess – und weg waren Ordner (Wert Fr. 34 000) und Dieb. Weil Quartierzentren immer sparen müssen, ist der Verlust der Karten bitter. Ab jetzt, ihr Schelme, werdet ihr es schwerer haben, Ordner zu stehlen, denn „einstweilen hat man die Sicherheitsbestimmungen angepasst“! (Von „angepasst“ kann nicht die Rede sein, denn es gab ja vorher keine, und „einstweilen“ bedeutet ja wohl, dass sie auch wieder aufgehoben werden können). Wo der Ordner nun wäre, falls …? „Permanent in einem Tresor gelagert“. Das sei für die Mitarbeiter „aufwendiger und zeitraubend, aber wenigstens sicher“, meint der Co-Leiter des Quartierzentrums. Wie bei dieser permanenten Lagerung die Tageskarten dann aus dem Ordner genommen werden, ist nicht bekannt.
Zu hoffen ist, dass der Täter nun seine Beute geniesst und das ganze 2012 jeden Tag mit seiner Grossfamilie (15 Pers.) im Zug durchs schöne Schweizerland reist.

Kleinesmaedchen-Bibliothek

Als ich mich heute Mittag an meinen Schreibtisch setzte, fand ich darunter diese Minibibliothek, eingerichtet und saisongerecht
mit Osterhasen dekoriert von Kleinesmädchen. Ein passendes Erinnerungsbild für den heutigen Abstimmungssonntag.

Frauentag 2012

36 Männer …

Maennertag 2012

… 9 Frauen!

Männer und Frauen geschnipselt und sortiert aus „Der Bund“ von heute.

Tunken Sie einen angebissenen Gemüsestängel immer wieder in die Sauce, bis er ratzebutzi verspeist ist? Langen Sie mit den Fingern, statt mit dem Löffel ins Nüsslischälchen? Haben Sie sogar die Angewohnheit, in eine Scheibe Brot zu beissen? Oi, oi oi – kleine Stückchen davon abbrechen!
Mit dem Glas sollte bitte nur andeutungsweise angestossen werden, und die Serviette wird links …
Wie können sich Gesellschaftsschichten wieder besser von einander unterscheiden, nachdem Kretis und Pletis Markenkleider tragen, sich auf Golfplätzen breit machen und sogar eine Beleuchtung fürs Klobürstli besitzen? Eine Möglichkeit:
Man schicke seine Kinder in ein Knigge-Seminar, wo sie u.a. Spaghetti ohne Löffel aufröllelen und aus dem Stielglas trinken lernen. Vielleicht wird die Trainerin noch die Geschichte von den beiden übrig gebliebenen Bewerbern für einen Top-Job erzählen, mit denen man essen ging. Sie errraten es: der Messerabschlecker kam über die Vorspeise nicht hinaus – ätsch. Alles kann das beste Seminar nicht übernehmen, denn

Die Eltern haben das Finale in, wie ihre Kinder aufgezogen, so Grosseltern müssen flexibel sein, wenn es um Regeln und Konsequenzen zu sagen.mehr

Ich persönlich bin froh, dass an meinem Tisch sämtliche Essmäntel durch Servietten ersetzt werden konnten.

Gut gemacht

Wenns draussen Stein und Bein gefroren ist, ist’s drinnen besonders gemütlich. Heute werden alle Bauklötze mit Spaghettizangen zu Türmen aufgbaut, in deren Schiessscharten bald meine Fingeringe liegen. Suppenkellen und Schöpflöffel werden ständig umfunktioniert und dunkle Ecken in der Wohnung mit der Taschenlampe nach Gespenstern abgesucht. Welche Bücher stehen eigentlich auf den obersten Tablaren? Man verschiebt mit vereinten Kräften das Sofa und klettert auf die Lehne. Johnson, Kemal, Lawrence & Co. mögen vielleicht ein bisschen erschrecken, lassen sich aber gerne wieder einmal mit höchstem Interesse durchblättern. Anschliesssend bin ich für eine Weile gefordert und erzähle von Entchens neuer Brille, den kleinen Wölfen und dem bösen Schwein und zu 1000sten Mal die Geburt von Barbapapa in Stefans Garten. Nun ist es Zeit, den Bärenhunger zu stillen. Und was machen wir danach?
Wir kneten Luft in den Teig – und dann sind wir müde – aber nur ein bisschen.

Teiggen

(mehr …)

Heute widme ich mich pflichtgemäss dem blauen Brief vom Amt für Bevölkerungsschutz, Sport und Militär, den ich vor einigen Tagen im Milchkasten (passte nicht in den Briefkasten) vorfand – nicht überraschend, denn er wurde mir via Medien angekündigt. Da der grösste Teil der Bevölkerung bereits mindestens 1 IKEA-Möbelstück zusammengebaut hat, sind die Anleitungen zum richtigen Verhalten klar.

Check-Liste

„Obwohl die Nukleartechnologie als sehr sicher erachtet wird, ist es Aufgabe der Behörde, das Schadensrisiko bei einem Unfall maximal zu reduzieren.“

(mehr …)

Nachdem nun auch die neue Post-Chefin eine rote Brille trägt, verleiden mir Nasenvelos in dieser Farbe endgültig, sie hängen mir sozusagen zum Hals heraus, mag sie nicht mehr sehen an den „Frauen über Vierzig“. Das Blöde ist, ich trage selber so etwas Rotes, eine Designerbrille der Marke Bellinger, ein Modell, dem ich in fünf Jahren nie begegnet bin. Ich mache mich auf zum Optiker – nicht zu dem, bei dem man schon viel früher im Leben hätte kaufen sollen – fest entschlossen, etwas Oberschlichtes auszuwählen, so zeit- und farblos wie nur möglich, nichts Schwarzes und keinesfalls etwas aus Horn, wofür ja in der momentanen eyewear unzählige Wasserbüffelhörner verarbeitet werden. (Ist der Nachschub aus Pakistan überhaupt gewährleistet?)
Item, meine Augen werden vermessen und
anschliessend serviert mir der Optiker
nach einem Espresso mit Glas Wasser
ein Tablett Brillenfassungen.

(mehr …)

Sackgeld

Der Heimleiter, von allen „Vater“ genannt, verteilt das Taschengeld.
Die Buben dürfen auf das Jahresende für ein paar Tage „nach Hause“ fahren.

Anfangs der 60er Jahre heissen diese Institutionen zwar nicht mehr „Erziehungsanstalt“, sondern „Erziehungsheim“. Es wird aber immer noch mit harter Hand geführt. Fürs Ausreissen fasst bub sich im Büro des „Vaters“ eine Tracht Prügel, von Hand oder mit dem „Hälslig“. Als junge Erzieherin versuche ich, den mir anvertrauten Knaben eine Art Heim zu geben, wenigstens den 16 in meiner Gruppe. Immer wieder muss ich vom „Vater“ ermahnt werden, dass ich es hier mit Schwererziehbaren zu tun habe und wir verantwortlich dafür sind, aus 64 hoffnungslosen Fällen nützliche Glieder der Gesellschaft zu machen.

Vor Weihnachten kommt der Beauftragte des Kantons ins Heim, um vor Ort zu kontrollieren, ob alles gut läuft. Vorher muss das ganze Haus auf Hochglanz gebracht werden. Die Zöglinge schleppen Kübel mit Seifenwasser und fegen zusammen mit den Erzieherinnen Treppen und Gänge. Die „Mutter“, Ehefrau des Heimleiters, dirigiert die Untergebenen, heisst den Gärtner Gestecke und Türkränze anzufertigen, die Hausbeamtin das Leinen auf den Tisch zu breiten, die Köchin die Bernerplatte anzurichten, denn der Beamte kommt jedes Jahr pünktlich nach dem Schlachten und hat nichts gegen Speckseiten- und Bratwurstgeschenke. Schliesslich setzt er sich in seinem Büro in Bern das ganze Jahr hindurch für das Heim ein. Der Kontrollbeamte kann zufrieden sein: Das Essen ist gut, das Schlachtpaket üppig, die Jahresabrechnung vom Heim, zu dem ein grosser Landwirtschaftsbetrieb und eine Gärtnerei gehören, sieht nach erfreulichem Gewinn aus. Kein Wunder, denn vierundsechzig Buben im Alter von 7 bis 15 Jahren haben geackert, gesät, Kartoffeln gepflanzt, Kühe und Schweine gehütet, Beete und Felder gejätet, Beeren und Obst gepflückt, Ställe ausgemistet, Gras, Getreide und Heu eingebracht, Jauche ausgebracht, gekocht, Wäsche aufgehängt, geputzt und die Kinder des „Vaters“ und der „Mutter“ bedient.

Nach der Weihnachtsfeier im Heim mit Züpfe, Hamme, Kartoffelsalat und einem Geschenk (Socken, Unterhosen, Leibchen, Nastücher, 1 Tafel Schokolade), dürfen die Buben für ein paar Tage nach Hause fahren, meist in ein Zuhause, das ihnen fremd geworden ist, denn die Familien werden kaum in die Erziehung der „versorgten“ Kinder einbezogen.

(mehr …)

…macht Weihnacht, indem ihre Mitlieder:

Multikulturell lesbare Weihnachtswünsche laminieren und im Blogk-Eingang platzieren
Eine Liste über die Geschenke an den Hausmeister führen, damit kein Dank untergehe
Geschenke und Weihnachtskonfekt zwischen den Blöcken hin- und her transportieren
Dinge, um die der Haushalt vor dem Umzug reduziert werden muss, online verkaufen
Kräuter zu Pesto verarbeiten (der weisse Trüffel war am Ende doch zu teuer)
Leute via Liftschacht beruhigen, wenn der Aufzug stecken geblieben ist
Weihnachtslieder und deren Noten zusammensuchen
mit den kleineren Kindern spazieren gehen
Den Weihnachtsbaum schmücken
Die Kerzen anzünden
singen und danken

allen hier fröhliche Tage wünschen.

1st, head of this blog, steht vor einer Phase, die andere „Pensionierung“ nennen würden.

Damit alle Bücher und Daten zu Autorinnen und Autoren, die ihr (und vielen aus der Region) am Herzen liegen, wirklich und wahrhaftig noch vor diesem Termin vollständig und umfassend zugänglich werden, arbeitet sie jede (Familien-freie) Minute an diesem digitalen Projekt.

Es folgen aber hier auch wieder beitragsreichere Zeiten.

So long!

Wir kommen im Moment nicht so zum Bloggen, weil wir halt anderes zuerst machen: Aktiv und passiv in die Schule und Bibliothek gehen, hausmeistern, Schnittstellen in Garten und IT pflegen, eine Menge Ehrenämter, was gemäss neustem SPIEGEL recht positiven Einfluss auf die Lernfähigkeit einer Region hat. Besonders die Vereinsmeierei, woran wir auch gar nie gezweifelt haben.

Generationenübergreifend lacht Familie Blogk über die wunder- und sehr gut memorierbare Übersetzung eines türkischen Heulers. Voilà: „Keks, alter Keks“:

Ecken und Kanten

Damit auch in diesem Jahr alles klappt mit der Zukunft, durfte ich unter der strengen Anleitung der Fachfrau (als Versuchskaninchen) einen Probelauf in der
hauseigenen Buchbinderei starten.
Die elf Jugendlichen, Kinder von Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern, hantierten heute geschickt mit Stechzirkel,
Leinenband und Weissleim. Es war ein anstrengender, aber lustiger
Tag. Die Bücher in den Gestellen freuten sich auch über so viel fröhlichen
und ungewohnten Betrieb.

(mehr …)

Unglaublich, was man alles „falsch“ machen kann in einem Leben. Schon die Kleinigkeiten, nichts Lebenswichtiges, füllen elektronische Kuhhäute.
Daran dachte ich heute, als mein Schwiegersohn (mit südosteuropäischen Wurzeln) das Grosse-Bajram-Fleisch in die Pfanne haute und hoffte, mit wenig Öl und viel Hitze den Goût der Kindheit darin wieder zu finden. Aussichtlos, nichts schmeckt mehr genau so, wie in der Kindheit. Die nötigen Zutaten bringt man nie mehr zusammen, was auch ein Glück sein kann.

Ich erinnerte mich an meine Apfelrösti. Jahrelang versuchte ich als tüchtige Haus- und andere Frau, die Öpfurösti meiner Schwiegermutter nachzukochen. Aussichtslos. Einmal war das Brot zu weiss, zuwenig altbacken, zu ruch, zu dick oder zu dünn geschnitten, in zuviel Butter geröstet statt im Ofen nur angetrocknet. Ein anderes Mal die Äpfel zu süss, zu wenig gefallen (unbedingt Fallobst) zu wenig weich, zu saftig oder das Verhältnis Äpfel-Brot nicht passend, dann alles zu heiss oder zu lau.

Item – Nun wieder zum Opferfest-Fleisch von heute. Das war Rind! Was den Koch nicht störte, war doch in seiner Kindheit die Hauptsache „Fleisch“. Man legte es direkt auf die heisse Ofenplatte, verzehrte es gemeinsam restlos und ohne erzväterliche Geschichtsgarnitur. (Streng genommen müsste es Schaf sein, denn damals, als Vater Abraham das Messer ansetzte, um seinen geliebten Sohn Isaak zu opfern, war im allerletztem Bruchteil der Sekunde ein Widder da und kein Rind.)

Nicht nur in der „Küche“, auch in der „Kirche“ kann man so vieles falsch machen. Eine Kollegin, schon sehr lange konvertiert, hat sich beim Kleinen Bajram furchtbar aufgeregt über die oberflächlichen Gläubigen, die sich nicht an den Mondkalender halten und aus irgend einem weltlichen Grund das Fasten ein paar Minuten zu früh brechen.
Und jetzt noch Rind, statt Schaf – wo soll das noch enden?

Noch einmal im Garten essen

Jetzt falled d’Blettli wieder
de Summer isch verbii
und d’Schwälbli flüged alli furt
mir wüssed nüd wohii.

Leb wohl, du schöne Summer
du söttischt nonig gah
wenn d’über s Jahr denn wider chunnscht
denn simer alli froh.

Ein letzter milder Abend zum Zusammensitzen und Essen im Garten,
letztes Bad im Freien, Sommerschuhe und Kleider „einwintern“,
wieder öfters im Haus spielen,
sich Frisur mässig vom neuesten Baumschnitt am Bundesplatz inspirieren lassen,
einmal eine Kuh in der Stadt fotografieren (leider nur Teilansicht),
mit den Jungkrähen durch die Stadt flattern, damit sie sich auskennen, wenn sie gross sind,
Laub rechen, rechen, rechen, die Melodie mit summen, wenn der Glockenturm
Herbstlieder spielt und ein bisschen in die Sommerfötis klicken …
Und zu der Idylle noch etwas Schwarzes: Das LikeaBike von Kleinesbübchen wurde gestohlen,
vor meiner Wohnungstür, und wir denken, dass das Velo
schon in Mazedonien ist – wir Wüsten!

Letztes Bad im Freien Herbst im Weyermannshaus
Sandalen gereinigt Wer hat an meinem Schreibtischchen gewerkelt?
Simmentalerfleck zu Besuch in der Stadt Baumschnitt \"Calmly-Rey\" vor dem Bundeshaus
Ordnung machen vor dem Bundeshaus Herbstfrage. Wann wieder Meer?

« Vorherige SeiteNächste Seite »