Aus der Zeitung


Bild aus Der Bund, 23.04.2024, S. 28:

Wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu Niesreflexen seien nur spärlich vorhanden. Niesen könne u.a. durch Stoffe in Pollen, Lösungsmittel, Menthol und helles Licht verursacht werden. Mondlicht wird heute keine Nasenschleimhäute reizen. Das Wetter in Bern ist winterlich grau und kalt, 2°. Vorletzte Nacht bestellte ich 10 Kilo Vogelfutter für Wildvögel.

Der Dekan überreicht sie dem Erzbischof. Dieser stellt sich vor den Thron, stemmt die Krone hoch zwischen Kreuz und Taube, führt sie sorgfältig schräg nach unten und setzt sie in einer leichten Linksdrehung auf das ergraute Haupt des Königs, hebt sie noch einmal kurz auf, kippt sie dem Geduldigen etwas in die Stirn, drückt den mehr als 2 Kilo schweren Kopfschmuck ein Mü nach rechts, noch ein „Rückli“, dann erzbischöflicher Kontrollblick auf die Ausrichtung des Hermelinrandes. Der Monarch dankt mit den Augen. Heute passt sie besser als damals 1969 in Wales. Dem frisch Gebackenen krönten hätte die Prinzenkrone die Sicht verwehrt, wäre da nicht sein kräftiges, rechtes Ohr gewesen. Seine Mutter erzählte Jahre später einem von ihr geschlagenen Ritter, dass sie sich beim Anblick ihres Ältesten das Lachen habe verbeissen müssen.

Grosses Mädchen wohnt im Moment bei einer Gastfamilie in England. Diese ist gezwungen, nach Heat or eat zu leben. Die Nächte sind kalt, und meist sind zwei Paar Socken und zwei Pullis besser, falls man so etwas besitzt.

In meinem Umfeld gibt es erstaunlicherweise noch Leute, die dem naturliebenden König eine Verbesserung der Umwelt zutrauen. (Wir wissen ja inzwischen, wer zuletzt lacht stirbt). Immerhin habe auch die Königin im Sinne von Nachhaltigkeit eine alte Krone recyceln und keine neue anfertigen lassen. Das ist alles, was ich von diesem „Corona“ mitbekommen habe.

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Vom Dach über dem 20. Stock schauen BewohnerInnen und Gäste hinein ins Feuerwerk und stossen an aufs neue Jahr.

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… um die Welt ein bisschen freundlicher zu machen. (Magazin-Leser*innen kennen sie schon).

* Sich Zeit nehmen (auch wenn man keine hat)
* Menschen mit Namen ansprechen
* Lächeln
* Sich über Erfolge von Freunden freuen
* Türe aufhalten (1)
* Fremde wie Verwandte behandeln
* Die Tassen der anderen abwaschen
* Den eigenen Eltern danken
* Platz neben sich im ÖV machen
* Auf dem Trottoir anständig benehmen
* Türen aufhalten (2)
* Freundliche Orte besuchen
* Abfall auflesen
* Lästern (sic!)
* Nicht im Wege sein
* Langsam einkaufen
* Bettler*innen grüssen (und ihnen Geld geben)
* Ordnung im öffentlichen Raum herstellen
* An Verkehrsregeln halten beim Velofahren
* Für die Nachbarn backen
* Mit Fremden reden
* Sich einen Reim machen
* Fotos für Pärchen aufnehmen
* Keine Schwächen von anderen ausnutzen
* Gerne Trinkgeld geben
* Für jemanden beten
Aus: Das Magazin, No 50, 17. Dezember 2022, S. 5

Damit Sie nach Lust und Laune etwas Passendes auswählen könnten, zeige ich die 26 Vorschläge gerne in meinem zweitletzten Adventsfenster:
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Bevor i mi am Morge alege, luegeni gäng zersch Richtig Bärge u de vom 16. Stock abe uf d’Gärte vo de Reihehüser. Hüt em Morge si si mit Ryf überzoge gsy. Es wird Zyt, inezruume.

Uf dr Frontsite vo mir Tageszyttig steit, dass es i dr Papiirfabrigg bbrönnt heig u dass drum vorlöifig d’Zytig dünn wärdi sy. Überhoupt herrschi sit Längerem e Mangel a Rohmaterial u äbe drum e Knappheit a Zytigspapiir. Mi söu doch uf d’Website oder d’Äpp uswiiche. Söttis de mal mit Strom o knapp wärde, müesse mer de villicht d’Zytig wider teile, wie früecher, wo dr Dorfchäser ds Blatt het abonniert us de nach em Läse de Pure witergä het. We mir si dra cho, het dr Chäser scho ds nöiie übercho. Nid, dass i e bsunderegi Fründin vo Jodellieder wär, aber i dene herbschtleche Tage chunnt mer dr Täxscht ohrwürmlech vo so eim i Sinn: Es herbschtelet, es herbschtelet, lue d’Öpfel ryfe scho. Bald git es wider früsche Moscht, dä passt nid schlächt zur Purechoscht. Dr Winter isch nümm wyt – nachhär chunnt dr Jodel. Dr Rilke würd sech imene Blog-Biitrag besser mache, aber dä hani hie scho vor sibe Jahr erwähnt.

Es git ja gäng wider Momänte, woni a mi Indiereis (1978-1979) zrugg dänke. I keim vo dene elf Länder wo ni bereist ha, chöi d’Mönsche sicher si u es ruehigs Läbe füehre. I dr vergangene Wuche hani mi a Iran erinneret, u wi dr Schah het müesse ga – acht Jahr, nachdäm är zu dere pompöse 2500-Jahr-Fiir alli wichtige Höipter vo dr Wält iiglade het.

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Voralpen

(Foto: Nünenen und Gantrisch am 19.04.20, 07:25 von 16. Stock aus fotografiert)

Wir lassen Sie nicht allein steht in dem Brief, den ich vergangenen Donnerstag von der Berner Direktorin für Bildung, Soziales und Sport bekam.
Seit mehreren Wochen halte das Coronavirus die ganze Welt in Atem. Ich, als Seniorin, gehörte zu den besonders gefährdeten Personengruppen und müsse besonders Sorge zu mir tragen und den Kontakt nach draussen telefonisch, per E-Mail oder brieflich pflegen, eine Post gäbe es schliesslich ja noch.
Bei meinem eingeschränkten Radius könne ich zwei Telefonnummern in Anspruch nehmen: 1. für Hilfsangebote, 2. für Gesprächsbedarf. Ich nehme mir vor, den „Gesprächsbedarf“ mal „in Anspruch“ zu nehmen.

So einen Schrieb zu erhalten, nachdem ich auf meinem Kapselkalender schon die fünfte BleibenSiezuhause-Woche beende, finde ich absolut deprimierend!
Wie die Jungen von der SP Bümpliz-Bethlehem muss man es machen und zwar gleich am Anfang des Lockdowns in möglichst vielen Sprachen. Danke Nicole, Chandru und MithelferInnen!

Wahrscheinlich eine altmodische Déformation professionnelle: Ich lese oder überfliege jeden Fötzel, der in meinem Briefkasten landet. Auch die Domicil Zeitung – Erste Zeitung für Leben und Wohnen im Alter kommt nicht gleich ins Alt-Papier. Wenn mir nach dem oben erwähnten Brief noch ein bisschen Licht aEdT geblieben ist, verflüchtigt sich dieses sogleich und zurück bleibt ein finsteres Loch. Ein Psychologe erklärt mir auf einer Doppelseite, wie ich rechtzeitig Stück für Stück meiner Habe aussortieren soll. Dazu gibt es ein Bild: Auf einer Leiter vor dem Büchergestell steht ein alter Mann – lächelt oder weint er – und hält einen Modellrennwagen in der Hand. Es sei befreiend, sich von Besitz zu trennen. Loslassen könne man im Alter noch lernen. Der Psychologe spricht dann die unzähligen Messis in der Risikogruppe an, wie diese das Entschlacken aufschöben, bis sie im gehorteten Besitz rettungslos untergingen.
Hätten meine Kinder nicht gesagt, dass ich mich nicht ums Aussortieren kümmern müsse, ich würde jetzt auf der Leiter stehen und meine Modellauto-Sammlung käme in die Kiste „Brockenhaus“.

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Der Bund wird künftig besonders schutzbedürftige Minderheiten wie die jüdische bei ihren Sicherheitsvorkehrungen unterstützen.
Der Anschlag in Deutschland ist zwar nicht der Grund für diesen Entscheid
(warum auch, die Synagogentür hielt dem Angriff ja stand, blogk), aber er zeigt die Bedeutung des Themas. […] Künftig wird der Bund gefährdete Minderheiten finanziell unterstützen mit insgesamt 500’000 Franken jährlich.
Das Geld kann für bauliche Massnahmen wie Zäune, Alarmanlagen oder Kameras eingesetzt werden […], sowie für Kampagnen zur Sensibilisierung einer breiteren Bevölkerung. Der Bund übernimmt dabei maximal die Hälfte der anfallenden Kosten.

Aus: Neue Zürcher Zeitung, 10.10.2019, Lukas Mäder.

Lesenswert: Yom Kippur
Grossen Dank an Lila!

Bischofskraut

Diese aparten Zahnstocher – wohlriechend und mit allerlei Heilkräften – hat mir mein grosser Enkel aus Marrakesh mitgebracht. Bis jetzt habe ich dem Bischofskraut (Ammi visnaga) kaum Beachtung geschenkt, vielleicht unterwegs einmal einen Stängel in einen Feldblumenstrauss eingefügt. Ursprünglich stammt die Pflanze aus dem alten Ägypten und aus Marokko, wo sie Khella genannt wird. Auf welchem Weg sie wohl hieher gekommen ist?
In der Fremde erhielt sie die Namen Bischofskraut, Echter Ammel, Zahnstocherammel oder Zahnstocherknörpelmöhre.
Bis einmal eine Frau die filigrane Doldenblüte mit den dynamisch angeordneten Döldchen genau anschaute und sagte: „Ich nenne dich St. Galler Spitze!“
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Sauber

Erinnerungsbild eines Wintermorgens im Bethlehemacker, falls der Schnee in Zukunft ausbleiben sollte. (Foto: der Hausmeister, 09.01.2019)

Endlich habe ich etwas Positives aus dem Pensioniertendasein zu melden: bei Schnee bis in die Niederungen, Miusgraden im Flachland und Glatteisgefahr darf ich zu Hause bleiben, darf mir, wenn ich möchte, bei Kaffee und Ankenbock, Bilder von Lawinen durch Häuser und über unbeschwerte Nebenpistenfahrer anschauen, dazu Carambolagen im Schneegestöber auf Autobahnen, lahmgelegte Bahn- und Fluglinien, Stromausfälle, eingeschneite Pressierte, die auf den Heli warten …

(Danke für alle zaubermärchenhaften Fotos von sonnigen Pisten, gemütlichen Chalets, stillen Wanderwegen, fröhlichen Menschen in schönen, warmen Kleidern.)
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… oder doch – nur bitzeli, weil blogk immer daran interessiert ist, was über das Leben in Berns Westen geschrieben wird.

Liebe Isa
ich gebe zu, mein Einstieg in die junge Zeitung, für die du schreibst, war nicht gerade erhebend. Dein Weihnachtsbeitrag über Bern-Bethlehem hätte mich nicht überzeugt, ein Abo zu kaufen. Aber ich erhielt eines zum Christfeste geschenkt, und jeden Tag gibt es ja Neues zu lesen.
Leider, leider kommst du bei mir in die Schublade der JournalistInnen, die ich als endlich ausgestorben hielt.
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Das Fallobst …

Gravensteiner
… ist versorgt in …

Mus

… Dosen und Gläser. Die Vögel in den Bäumen um unseren Garten konnten den heissen Sommer richtig geniessen, gab es doch immer frisches Wasser im Vogelbad und saftige Äpfel, in welche man die hungrigen und durstigen Schnäbel schlagen konnte. Kein einziger Apfel wurde verschont und plumpste nach diesen Angriffen vom Ast. So ein paar Extraliedchen im Frühling werden dann schon erwartet.
Bereits anfangs August fielen die Blätter walmweise von den Bäumen und bedeckten die noch nicht abgeernteten Beete.
Neben dem Obst fielen auch die Pegelstände unserer Seen und der Grundwasserspiegel. Felsbrocken stürzten nicht einfach sauber auf die Strassen, nein, wegen der Trockenheit entwickelten sie enormen Staub. Blieben Menschen vom Steinschlag verschont, mussten sie aus der Staubwolke evakuiert werden.
Ja nu, in der Schweiz sollten wir zurückhaltend sein mit Jammern, haben wir doch pro Person einen Jahresvorrat von 5000 m3 Wasser (5’000’000 Liter).

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Ehrlich gesagt glaubte ich, diese Art von Journalistinnen und Journalisten stürben langsam aus. Aber nein, es rücken junge nach, welche die Klischees übernehmen – sehr schade, fantasielos, beleidigend und das Wichtigste: nicht den Tatsachen entsprechend!
Wie oft schon habe ich mir vorgenommen, mich nicht mehr zu enervieren, wenn wieder einmal ein Zeitungsartikel erscheint, in welchem unser Quartier als Betonwüste oder gar als Unort beschrieben wird.
In der Regel erscheinen solche Berichte im Advent, denn was bietet sich besser an, als kurz durch CH-3027 Bethlehem zu schlendern, am besten abends zwischen fünf und sechs Uhr an einem kalten Strubussitag mitten in der Woche? Am nächsten Morgen kann man dann lesen, wie menschenleer, trist und grau dieses Ghetto halt sei, nur ab und zu um eine dunkle Ecke streichend ein Vermummter und das MigrosoderCoop-Restaurant voller alter Leute bei billigem Kaffee.
Dieses Jahr gab’s schon im Juni etwas zu berichten.
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Lange Nase

Die Annahme von Zuwendungen, auch von Bargeld, ist für Bundesparlamentarier zulässig. Übersteigen sie aber den Bereich des „Geringfügigen Vorteils“, wird es problematisch und potentiell strafbar. Die für den Ratsbetrieb zuständigen Ratsbüros (blogk: geniessen die Büros auch zulässige Zuwendungen?) ermahnen die Politiker deshalb regelmässig, „grössere Sensibilität und Zurückhaltung zu wahren“.
Es sei schwierig, eine Grenze im Sinne eines fixen Frankenbetrags zu ziehen, heisst es in den Empfehlungen des Ratsbüros. Es liege in der Selbstverantwortung der Ratsmitglieder, zu entscheiden, wann ihre Unabhängigkeit durch die Annahme von Geschenken oder anderen Vorteilen eingeschränkt werde.

Der Bund, 1. März 2018, S. 2

Im Moment gibt es nicht viel Erfreuliches von ennet dem Grossen Teich zu lesen, deshalb bin ich froh um den kleinsten Lichtblick.

Danke allen Lehrerinnen und Lehrern, die heute pünktlich ihre Klasse in Empfang genommen haben. Das ist nicht selbstverständlich!
Danke meinen beiden Töchtern, die heute gut vorbereitet vor ihre SchülerInnen und MitarbeiterInnen treten und Unvorhergesehenes managen werden.

Meine Enkelin (10 J.) hat einen Abschiedskuchen gebacken – Schoggi mit bunten Zuckerperlen und Marzipangemüse. Heute ist ihr letzter Tag in der schlechtesten Schule der Stadt. Wir alle haben’s versucht, bis das Mädchen jeden Abend weinte, nachts nicht mehr schlafen konnte und keine Hausaufgaben mehr heim brachte. Die Klasse war ihr viel zu chaotisch und laut. Die Schlägereien, besonders in der Pause, waren ihr zuwider. Sie wurde vor einiger Zeit zur Peacemakerin gewählt (Wer Ruhe und Frieden will, soll gefälligst selber dafür sorgen?). Dieses „Amt“ belastete die Viertklässlerin nur noch mehr, besonders, wenn sie Konflikte lösen wollte/sollte – etwa nach Turnstunden mit verlorenen Spielen – und keine Erwachsener weit und breit zu finden war.
3rd, female hat einen Platz in einer sehr guten Schule erhalten. Um ihn zu bezahlen, werden wir uns alle einschränken müssen. Aber das kennen wir ja schon von früher. Viel Glück zum Start am neuen Ort!

A Dieu

(Bild: ABC News, 20.01.2017)

… müssen wir uns – bis auf Weiters – wärmer anziehen und zur Aufheiterung ein gutes Buch lesen – denn der schlechte Film läuft schon – auch bis auf Weiters.

Aus: Das Magazin No 51/52, 24. Dezember 2016

78 drängende Fragen des Lebens, von Expertinnen und Experten erklärt.

1. Frage
Was ist der Sinn des Lebens?

Der Sinn des Lebens verbirgt sich hinter diesen drei Fragen:
Was ist der richtige Zeitpunkt?
Wer ist der wichtigste Mensch?
Was soll ich tun?
Der richtige Zeitpunkt ist der Augenblick. Nur über ihn haben wir Gewalt.
Der wichtigste Mensch ist der, mit dem uns der Augenblick zusammenführt; denn niemand kann wissen, ob wir es noch je mit einem anderen zu tun haben werden.
Das wichtigste Werk ist, dieser Person Gutes zu erweisen – denn nur dazu ist der Mensch ins Leben gesandt worden.

Leo N. Tolstoi, russischer Schriftsteller, in: «Die drei Fragen»

Yola im Vollmond

Nach ausgiebigen Anproben hatte Yola ihren Panzer gegen ein kleines Grünes eingetauscht. Schick und schlank sehe sie aus, fanden ihre Freunde. Aber in der Nacht lag Yola lange wach. Statt wie gewohnt mit einem Dach über dem Kopf, fühlte sie sich klein und schutzlos unter dem weiten Himmel mit Vollmond.
(Kessler, Siglint: Yola erfüllt sich ihren Wunsch, ISBN 9783794145911)

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Der Pfirsichbaum steht krumm und knorrig da, gebeugt unter der Last der Früchte. Es ist überhaupt ein fruchtbares Jahr: Aprikosen, Kirschen, Äpfel – alle Bäume tragen so viel wie sonst nie.
Ich denke an die Laboranten, die ins Dorf marschierten und Proben von unserer Ernte nehmen wollten. Sidorow gab ihnen stolz seine Monsterzucchini, Lenotschka reichte die Hühnereier über den Zaun, Marja brüllte spöttisch: „Na klar, ich werde jetzt gleich aufstehen und für euch meine Ziege melken, sonst noch was?“, und ich liess die vermummten Gestalten schulterzuckend auf mein Grundstück, sie sollten sich zusammensuchen, was sie wollten. Schliesslich mussten sie ihre Arbeit tun.
Beim ersten Mal öffnete ich für sie ein Glas eingelegter Pilze, weil ich sie wie Gäste behandeln wollte. Sie gabelten einen Pilz auf und steckten ihn in ein Gefäss mit Schraubendeckel. Meine Tomaten fassten sie mit Gummihandschuhen an. Bei den nächsten Malen liess ich mein Eingemachtes im Regal.

Aus: Bronsky, Alina : Baba Dunjas letzte Liebe, Köln: Kiepenheuer und Witsch, 2015, ISBN 978-3-462-04802-5

In dieser Geschichte kehrt Baba Dunja als Greisin zurück in die Todeszone, in ihr verstrahltes Dorf Tschechowo, in ihr von verrückten Spinnennetzen ausgefülltes Haus, versorgt sich selbst mit Beeren, Gemüse und Früchten aus ihrem verstrahlten Garten.
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Erneut seien am 4. Dezember wieder welche entwischt. Kleine, ovale, schwarze aus Plastik. So wie 2010, als Millionen von ihnen sich in den Oberländer Gewässern herumtrieben. Sie hatten sich, damals wie heute, durch den künstlichen Tropenbach in die Engstlige und weiter in die Kander treiben lassen. Im Thunersee verteilten sie sich dann zu x-Millionen zwischen Hecht, Egli und Seeforellen.
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„Je schlechter die Zeiten, desto schöner die Gärten“ habe ich in einem Film gehört.
Seit heute – nach 234 Tagen – gibt es im 16. Stock wieder eine netz- und gerüstefreie Sicht auf die gepützelten akkuraten Beete und Sitzplätze der Reihenhäuser und weiter hinten, über den Wipfel der Birke hinweg, auf meinen Garten, der geordnet unordentlich ist.

Auch die Europäer flüchten und zwar ins Private (Sonntagszeitung vom 13.09.2015, S.51-52). Bei tagtäglichen Nachrichten über Elend und Verzweilflung ziehe man sich zurück ins Elchhaus in die heimischen vier Wände, backe Törtchen in pastellfarbigen Förmchen, nähe Schürzen mit passenden Tischdecken und schauen Filme mit Happyend. Auch seien die Sozialen Medien übervoll von herzlieblichfriedlichglücklichen Abbildungen.
Bei mir kann ich ähnliche Symptome beobachten wie, neben dem täglichen im Garten Werkeln, Konfitüre und Sugo einkochen, Lavendelsäcklein als Tischdekoration binden, Kräuter trocknen, Ringelblumenblätter über den Salat streuen, Bohnen und Apfelmus einfrieren, positive Zeitungsartikel sammeln, wieder mehr Briefe und Karten schreiben und ab und zu statt eines Gutscheins ein Päckli verschicken.

Als ich im August vor 37 Jahren in Kandahar zu einigen Europäern sagte, es braue sich hier in Afghanistan ein Krieg zusammen – ich konnte so einiges beobachten, das ich aus anderen Kriegsländern kannte – wurde mir gesagt, ich hörte „das Gras wachsen“.
Heute wäre ich froh, hätte ich es nicht wachsen gehört. Ist das der Grund, dass ich sogar die unvorteilhaft abgebildeten Rezepte aus dem „Anzeiger“ sammle? Schalte ich etwa ab mit Lauchküchlein und Marronigratin? Das wäre deprimierend.
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